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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Galaterbrief - Galatz
Illyrien her am Ausgang der Diadochenzeit die Bal-
kanhalbinsel überschwemmten, eildlich auf Auffor-
derung des bithynischen Königs Nikomedes I. '277-
276 v.Chr. den Hellespont überschritten und, obwohl
nur 20000 Krieger zählend, längere Zeit als wilde
Raubfahrer und schlecht gewöhnte Söldner sich allen
Kleinafiatenfurcktbarmachten. ErstKönigAttalusI.
von Pergamon zwang sie (seit etwa 235 v. Cbr.),
sich mit festen Wohnsitzen in dem innern Teile Klein-
asiens zu begnügen, der von dem phrygischcn Pes-
sinus aus sich ostwärts über den Halvs hinaus bis
jenseit Tavium ausdehnte. In dieser Landschaft, die
i'eitdem Galatien hieß, südlich von Paphlagonien
und Bithynien, wohnten sie in drei Hauptstämme
geteilt: die Tro cm er östlich vom Halys; im Westen
dieses Stroms, im Centrum des Landes, beiAnkyra,
die Tectosagen, und bei Pessinus die Toli-
stoagier. Durch die vieljährigc Berührung mit
der umwohnenden griech. und gräcisicrten Bcvöl-
terung nahmen auch diese G. einen Teil der griech.
Civilisation an und wurden auch wohl Gallo-
gräci genannt. Den Griechen fiel neben ihrer
eigentümlichen Sitte namentlich die Gauvcrfassung
der G. auf. Jeder der drei Stämme zerfiel in vier
Unterabteilungen, Tetrarchien genannt, an deren
spitze je ein Tetrarch, ein Richter und ein .Heer-
führer stand. Hierzu kam der alle Stämme zu-
sammenfassende große aristokratische Senat v?n
300 Rittern, der in dem heiligen Eichenhain (Drya-
netum) tagte und als höchster GerMshof fungierte.
Die Kraft'der G. wurde durch die Römer 189 v. Cbr.
unter Konful Gnäus Manlius Vulso, der siegreich
in ihr Land eindrang, stark erschüttert. Für Kricgs-
hilfe gegen Mithridates von Pontus erhob später
Pompejus d. Gr. 64 v. Chr. den Tetrarchen Dejo-
larus (s. d.), unter wesentlicher Vergrößerung seines
Gebietes, zum König der G. Zu einer röm. Provinz
aber ist Galatien erst bei dem Tode des letzten
Fürsten, des Amyntas, 25 v. Chr. durch Kaiser
Äugustus gemacht worden; an die Bewohner dieser
Vrovinz, denen Paulus das Evangelium gepredigt
batte, ist dessen "Epistel an die G." (s. Galatcrbrief)
gerichtet. - Vgl. Perrot, Guillaume und Delbet,
Lxploration iiiclieoloZiciuo äe In, 6llltitio ot äe In
NitiiMie (Par. 1862-72); Gelder, 6 ^tai-uin ro8 in
lil^kcia 6t^8ikFL8wo (Amsterd. 1888); Zwintscher,
1)6 ^alHtalum t6ti-3,i-cln8 (Dissertation, Lpz. 1892).
Galaterbrief (Epistel Sankt Pauli an die
Galater), eine der wichtigsten Schriften des
Neuen Testaments, gehört zu den unzweifelhaft
echten Briefen des Apostels Paulus. Er ist verau-
laßt durch den schon fast geglückten Versuch, die
durch Paulus betehrten galatifchcn Heidenchristen
ihm abfpenstig zu machen und für die judenchristl.
Lehre von der Notwendigkeit des mofaifchen Ge-
setzes, der Beschneidung, der Feste und Fasten, auch
im Christentum, zu gewinnen. Das Hauptbcstreben
des Apostels in dem Briefe ist es daher, die Unver-
träglichkeit der Gesetzcsbeobachtung mit dem Glau-
ben an Christi Kreuzestod darzulegen. Da aber
die Gegner zugleich das Anfehcn des Paulus herab-
zusetzen und dafür das der palästinensifchen Apostel,
insbesondere das der drei "Säulen" Petrus, Jo-
hannes und Iatobus, geltend zu machen suchten, so
giebt Paulus zugleich eine eingehende Verteidigung
seiner apostolischen Würde und seines Evangeliums.
Indem er bei dieser Gelegenbeit zugleicb sein per-
sönliches Verhältnis zu den "Säulenaposteln", ins-
de^ondere zu Petrus erörtert, gewährt er höchst in-
teressante Einblicke in die Stellung der Parteien im
apostolischen Zeitalter und in die Streitfragen,
worüber unter ihnen gekämpft wurde. Die Abfas-
sungszeit des Briefs fällt in das 1.55 oder 56. Die
neueste Bestreitung der Echtheit des Briefs durch die
Holländer Loman, Pierson, Naber, Straatmann,
van Manen u. a., zuletzt durch N. Steck ("Der G.
nach seiner Echtheit untersucht", Verl. 1888), wurde
von der deutschen Kritik mit großer Einhelligkeit zu-
rückgewieseu.-Außer den Kommentaren von Winer,
De Wette, Usteri, Meyer, Rückert, Wieseler, Light-
foot (10. Aufl., Lond. 1890), Sieffert (7. Aufl.,
Gott. 1886) u. a. vgl. F. Chr. Baur, Paulus (Stuttg.
1845); Hilgenfeld, DerG. (Lpz. 1852); Holsten, Zum
EvangeliumdesPaulusunddesPetrus(Rost.1868)'.
ders., Das Evangelium des Paulus, Bd. 1 (Berl.
)880); Lipsius, Handkommentar zum Neuen Testa-
ment, Bd. 2, Abteil. 2 (Freib. i. Vr. 1892); P. V.
Sckmidt, Der G. im Feuer der neuesten Kritik (Lpz.
Galatien, Landschaft, f. Galater. ^1892).
Galatma, Stadt in der ital. Provinz und im
Kreis Lecce, 2l) km südlich von Lecce, auf einer schönen
Hochebene gelegen, an der Linie Vrindisi-Gallipoli
des Adriatischen. Netzes, hat (1881) 9880, als Ge-
meinde 11163 E., eine Kirche Sta. Caterina mit
Grabmal des Valzo Orsini, ein Gymnasium; Han-
del mit Öl, Wein und Baumwolle.
Galatone, Gemeinde im Kreis Gallipoli der
ital. Provinz Lecce, an der Linie Brindisi-Gallipoli
des Adriatischen Netzes, hat (1881) 6198 E.
Galatz, Galati (fälschlich Galacz), Haupt-
stadt des rumän.Kreifes Covurlui, am lintenNferdcr
Donau, unterhalb Vraila, zwischen den Mündungen
des Screth (7^ km) und des Pruth (15"/4 km), im
^. des BratiH-(Vrat-)lHees, 167^ 1<in von dem
Vorhasen Eulina (s. d.) gelegen, Endpunkt der von
Foc^ani bis zur Donau sich erstreckenden, Rumänien
gegen ^. verteidigenden Festungswerke und Knoten-
punkt der Linien G.-Braila-Buzau, G.-Ivesci und
G.-Reni-Bender, hatte 1835: 7 - 8000, 1889:
59143 E., neben Rumänen ein Gemisch von Grie-
chen, Juden, Bulgaren, Ungarn, Armeniern und
Westeuropäern. Das schnelle Wachstum erklärt sick
durck die Freigabe der Donauschiffahrt seit dem
Pariser Frieden (1856). Die Alt- und die gut ge-
pflasterte Neustadt breiten sich amphitheatralisch auf
einer sanft gegen den Strom abfallenden Erhöhung
aus. Am Fluß zieht ein schöner Quai hin. G. ist
Sitz eines Bischofs, eines Appellhofes, des Kom-
mandos des 3. Armeekorps und der 5. Territorial-
Militärdivision, eines Hauptzollamtes, der Euro-
päischen Donautommission (s. d.), der Österreichisch-
Rumänisch-Russischen Pruthkommission, zahlreicher
fremder Konsuln (darunter eines deutschen Konsuls
und eines österr.-ungar. Generalkonsuls), hat 24
Kirchen (darunter eine katholische, 2 evangelische),
2 Synagogen und 16 Primärschulen, Gymnasium,
Handels-, Handwerterschule, je eine Vorbereitungs-
schule für Dorffchullehrer und für Marinezöglinge,
ein Seminar, ein Militär- und 2 Civilhofpitäler,
2 Kasernen und iFlottillenarsenal, 6 Buchdruckereien,
3 Lithographien, 1 große Dampffäge, 2 Bierbraue-
reien, mehrere Dampfmühlcn, 2Kerzen- und mehrere
Seifenfabriken. Der Freihafen ist seit 1883 auf-
gehoben. Es befinden sich in G. eine Schiffswerft,
neben zahlreichen Privat-ein Regierungstornfpeicher
mit Elevator sowie eine Filiale der I^nca. ^tionuis.
ci 1^0inHni6e. Von G. und Braila beginnt die See-
schiffahrt auf der Donau (Mai bis November).