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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gallien (transalpinisches)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Gallien'

(Augusta Trevorum, jetzt Trier); nördlich von dem Arduennischen Walde, womit man außer den Ardennen auch die Veen und Eifel bezeichnete, die Eburonen zwischen Rhein und Maas, von Cäsar vertilgt, an deren Stelle später die Tungri (Tongern), die Aduatuker westlich der Maas und die Menapier zwischen der untern Maas, Schelde und Rhein traten. Germanischen Stammes dagegen waren die Triboker, Nemeter und Vangionen (mit Borbetomagnus, jetzt Worms), die am Rhein im untern Elsaß und nördlich bis gegen Mainz (Mogontiacum) wohnten, die Ubier (seit 38 v.Chr.) bei Bonn und Köln und seit 7 v.Chr. bei Lüttich die Sigambern.

Cäsar hatte den besiegten Galliern Tribut auferlegt und Besatzung zurückgelassen; die eigentliche Provinzialform erhielt das Land aber erst durch Augustus 27 v.Chr., der nachher zwischen 16 und 13 v.Chr. das Land jenseit der alten Provinz in drei Provinzen unter kaiserl. Statthaltern teilte:

  • a. Aquitania, das, weit über den alten Umfang hinaus vergrößert, nun alles Land zwischen Pyrenäen, Loire und Cevennen umfaßte;
  • b. Gallia Lugdunensis, zwischen Loire, Seine, Marne und Saone, mit Lugdunum (Lyon), der 43 v.Chr. als röm. Kolonie gegründeten Hauptstadt, und
  • c. im Norden Gallia Belgica.

Die alte Provincia, jetzt gewöhnlich Gallia Narbonensis genannt, wurde 22 v.Chr. der Verwaltung des Senats zurückgegeben. Am linken Rheinufer wurde der von den allmählich eingewanderten Germanen bewohnte Strich seit den german. Kriegen des Augustus als Cisrhenanisches Germanien in zwei Teilen (Germania prima oder superior und secunda oder inferior mit dem Gebiet der Sequaner und Helvetier), zwischen denen der Vinatbach (bei Andernach) die Scheide bildete, von G. abgesondert verwaltet. Acht Legionen lagen hier gegen das freie Germanien verteilt in festen Orten und Lagern, aus denen selbst Ortschaften wurden, wie Argentoratum (Straßburg), Mogontiacum (Mainz), Confluentes (Koblenz), Bonna (Bonn), Colonia Agrippina (Köln) im Lande der Ubier, Castra Vetera (Xanten). Von Diocletian, gegen Ende des 3. Jahrh. n.Chr., wurde jede einzelne Provinz in mehrere Teile geteilt, sodaß nunmehr 17 Provinzen in G. bestanden (die Diöcese Galliarum mit 10, die Viennensis mit 7 Provinzen). Aus der Narbonensischen Provinz wurden:

  • 1) Narbonensis I mit der Hauptstadt Narbo, später Septimia mit Tolosa,
  • 2) Narbonensis II mit Aquae Sextiae,
  • 3) Alpes maritimae mit Ebrodunum (Embrun),
  • 4) Viennensis mit Vienna (Vienne) und dazu
  • 5) Alpes Grajae und Penninae (Wallis und das nordöstl. Savoyen).

Aus Aquitania:

  • 6) Novempopulana zwischen Pyrenäen und Garonne mit Elusa (Ciutat près d'Eause),
  • 7) Aquitania I mit Civitas Biturigum (Bourges), der östliche, und
  • 8) Aquitania II mit Burdigala (Bordeaux), der westl. Teil des Landes zwischen Garonne und Loire.

Gallia Lugdunensis zerfiel in vier Teile:

  • 9) Lugdunensis I mit Lugdunum,
  • 10) Lugdunensis II mit Rotomagus (Rouen),
  • 11) Lugdunensis III mit Civitas Turonum (Tours),
  • 12) Lugdunensis IV oder Senonia mit Civitas Senonum (Sens);

Gallia Belgica in fünf:

  • 13) Belgica I mit Civitas Treverorum (Trier),
  • 14) Belgica II mit Civitas Rumorum (Reims),
  • 15) Germania II mit Colonia Agrippina,
  • 16) Germania I mit ↔ Mogontiacum und
  • 17) Maxima Sequanorum mit Vesontio (Besançon).

Unter Konstantin bildete G. einen Teil der Praefectura Gallium, die auch Spanien und Britannien umfaßte.

Unruhen, die infolge der von Augustus neu geregelten Steuereinrichtung 13 v.Chr. in G. ausbrachen, wurden durch Drusus schnell unterdrückt. Auch der Aufstand des Treverers Julius Florus und des Äduers Sacrovir unter Tiberius 21 n.Chr. hatte ebensowenig Erfolg als (wenigstens unmittelbar) der des Aquitaniers Julius Vinder (68 n.Chr.) gegen Nero. Der Erlaß des Kaisers Galba, der ganz G. das röm. Bürgerrecht gewährte, trug am meisten dazu bei, den Widerwillen gegen die Fremdherrschaft bei den Galliern zu beseitigen. Als zur Zeit des Thronkrieges zwischen Vitellius und Vespasian 69 n.Chr. Julius Civilis mit seinen Batavern und andern Germanen die Waffen am untern Rhein siegreich gegen die Römer erhob, schlossen sich ihm fast allein die Treverer unter Classicus und Julius Tutor und die Lingonen unter Julius Sabinus an. Beide wurden bald überwältigt und Civilis selbst mußte 70 nach Chr. mit dem Römer Petilius Cerialis seinen Frieden machen. Von jetzt an machte die Romanisierung G.s, welches sich nunmehr für lange Jahre bleibender Ruhe erfreute, rasche und sichere Fortschritte. Die öffentliche Übung des Druidenkultus wurde durch Claudius untersagt und röm. Bildung fand auch außer der alten Provinz besonders in dem südlichern Teile des Landes Eingang. Namentlich Massilia, Nemausus, Arelate, Vienna waren in jener, Lugdunum, Augustodunum, Burdigala in diesem ebenso Sitze des Handels wie der geistigen Kultur, für die hier auch große öffentliche Lehranstalten entstanden. Die lat. Sprache verbreitete sich von den Städten aus, die unter den Römern ansehnlicher, zum Teil neu gegründet wurden, und gestaltete sich zu einer eigenen provinzialen Sprachweise (lingua Romana rustica), durch welche jedoch das Keltische noch im 3. bis 5. Jahrh. nicht ganz verdrängt war. Andererseits waren es gallische Rhetoren (die sog. Panegyrici), welche noch im 4. Jahrh. die Reinheit des Ciceronianischen Stils zu erreichen suchten. Das Christentum faßte zuerst in der Mitte des 2. Jahrh. Wurzel und gedieh; zu Anfang des 4. Jahrh. waren Bischöfe zu Lyon, Bordeaux, Rouen, Reims, Köln. Bis gegen Ende des 2. Jahrh. war die Lage des Volks unter der röm. Herrschaft bei geordneten und damals noch erträglichen Steuern leichter, als sie es früher unter dem Druck des heimischen Adels und Klerus gewesen war, und der Zustand des an Salz und Eisen, an Getreide, Wiesen und Wald, an Pferden, Schafen und Rindern, an Fischen und Geflügel reichen Landes, in welchem durch die Römer der Wein- und Obstbau sowie der Ölbaum weit verbreitet und eine vielseitige Betriebsamkeit der Einwohner geweckt worden war, bei ungestörtem Frieden ein blühender. Mit dem Kampfe des Septimius Severus gegen Clodius Albinus, der in G. ausgefochten wurde, beginnt der Verfall, der schon im 3. Jahrh. rasch und gewaltig zunahm. Die Einfälle der Alamannen und Franken, die 240 n.Chr., sowie die Raubzüge der Sachsen an den Küsten, die gegen das Ende des 4. Jahrh. beginnen, trafen nur den Nordosten, und noch gelang es, eine geraume Zeit sie zurückzuweisen. Dagegen stiegen die Verwirrung und das Elend durch die innern Kämpfe in der Zeit des Valerianus und Gallienus

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 496.