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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Garnhaspel; Garniec; Garnier

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Garnhaspel – Garnier (Jean Jacques)

betrieb aufweisen, während Italien und Holland vorwiegend auf den Bezug fremder Garne angewiesen sind. In Britisch-Ostindien übersteigt seit 1886 die Garnausfuhr die Einfuhr; im Fiskaljahr 1891/92 wurden für 35,1 Mill. Rup. (51 Mill. M.) eingeführt, dagegen für 57,7 Mill. Rup. (84 Mill. M.) ausgeführt. In Nordamerika hat die Baumwollindustrie einen großartigen Aufschwung genommen, die Einfuhr der Baumwollgewebe ist stetig gefallen, die Ausfuhr gestiegen. 1891/92 betrug die Mehrausfuhr 63 Mill. M., doch zieht man vor, nicht das Halbfabrikat als Garn, sondern die Webwaren nach dem Auslande abzusetzen.

Auch in Wollgarnen behauptet Großbritannien sein Übergewicht. Bei verschwindend geringer Einfuhr betrug die Ausfuhr 1886: 88, 1891: 78 Mill. M. Nennenswert sind sodann noch in der Herstellung von Wollgarnen Frankreich, Nordamerika und Deutschland, auch Österreich-Ungarn, doch werden die hier erzeugten Halbfabrikate im Inlande zu Wollwaren weiter verarbeitet, sodaß sogar noch teilweise ein Bezug von auswärts notwendig wird. 1891 betrug die Mehreinfuhr von Wollgarn in Deutschland 11822 t, in Frankreich die Mehrausfuhr 982 t.

Im Seidengarnhandel sind wie für Rohseide, so für die Seidenhalbfabrikate mit Einschluß der Seidenzwirne Lyon, Marseille, Mailand und chines. Hafenstädte die Hauptplätze, während England die frühere Bedeutung mehr und mehr verliert. Die Handelsstatistik faßt meist Seide in Cocons, rohe Seide, ebenso Seide gehaspelt und gezwirnt zusammen. Diese Posten beliefen sich 1891 für die franz. Ausfuhr auf 52,1 Mill. M., für die Einfuhr auf 150,4 Mill. M. In demselben Jahre bezog Deutschland für 94,5 Mill. M. Rohseide, 8,4 Mill. M. Florettseide, 0,8 Mill. M. Seidenzwirn.

In Leinengarn, ebenso in Jutegarn (Hanf spielt nur eine untergeordnete Rolle), behauptet wiederum England mit seiner großen Flachsspinnerei, und zwar ebenso sehr in den groben wie feinern Nummern, das Übergewicht. Nennenswert sind sodann Österreich und Frankreich; Deutschland, auch Belgien stehen darin zurück. 1892 führte England für nahezu 19 Mill. M. an Leinengarn und für 5,7 Mill. M. an Jutegarn aus. In Österreich belief sich 1892 die Mehrausfuhr auf 7206 t, in Frankreich auf 3251 t, während in Deutschland die Mehreinfuhr 8218 t erreichte. In diesen Posten ist der Handel mit Jute- und Hanfgarn inbegriffen. In Nordamerika ist die Produktion von Leinenwaren nur schwach entwickelt, die Einfuhr deshalb beträchtlich; Rußland verbraucht in der Hauptsache das im Lande erzeugte Garn selbst.

Die Preise der Garne sind sehr großen Schwankungen unterworfen. Im Jahresdurchschnitt 1892 wurden in Deutschland gezahlt für 1 kg Baumwollgarn Nr. 120 in Krefeld 3,89 M., bis Nr. 200: 9,10 M. In Mülhausen (Elsaß) kostete Zettel Nr. 16: 1,40 M., Nr. 28: 1,61 M., Nr. 40: 2,74 M.; Eintrag Nr. 16: 1,46 M., Nr. 37: 1,65 M., Nr. 50: 2,94 M. für 1 kg, also je niedriger die Nummer, desto billiger der Preis. – Wollgarn stellt sich durchschnittlich 3‒4mal so hoch, wie die etwa entsprechende Feinheitsnummer in Baumwolle. Für Leinengarn Nr. 30 wurden in Bielefeld 1,90 M., für Nr. 50: 2,96 M. für 1 kg gezahlt; Werggarn Nr. 10 kostete nur 0,91 M., Nr. 20 bereits 1,31 M. – Rohseide wurde in Krefeld verkauft (1 kg): Mailänder Organsin 18‒20 mit 47,92 M., China 45‒50 mit 40,75 M.

Garnhaspel, s. Garn und Flachsspinnerei (Bd. 6, S. 861 a); Abbildung auf Tafel: Flachsspinnerei Ⅱ, Fig. 1.

Garniec (spr. -nĭetz, d. i. Topf, in der Mehrzahl Garncy, deutsch Garnetz oder Garnitze) hieß ein bis Ende April 1849 gesetzlich in Anwendung gewesenes Hohlmaß für schüttbare feste und flüssige Waren im Königreich Polen, zu 4 poln. Quart (Kwart) oder Litern (seit 1819 war das Quart genau = 1 l). In Galizien war (in Krakau seit 1837) der G. = 3 27/32 oder 3,844 l – Garnetz ist auch ein kleines russ. Getreidemaß von 30 Bechern, 1/64 des Tschetwert = 3,28 l.

Garnier (spr. -nĭeh), Charles, franz. Architekt, geb. 6. Nov. 1825 zu Paris, trat 1842 in die École des beaux-arts und wurde Schüler der Architekten Lebas und Leveil. Nachdem er Italien und Griechenland bereist hatte, war er seit 1854 als Architekt in Paris thätig. Sein Hauptwerk ist die Neue Oper in Paris (1863‒74, s. Tafel: Pariser Bauten, Fig. 3, beim Artikel Paris). Außerdem sind die Bauten in Monte-Carlo, ferner das Observatorium in Nizza erwähnenswert. Er veröffentlichte: «Mémoires explicatifs sur le temple d’Égine» (1856), «A travers les arts» (1869), «Le théâtre» (1871) und «Le nouvel opéra de Paris» (2 Bde. mit Atlas, Par. 1881), sowie «Monographie de l’Observatoire de Nice» (1890).

Garnier (spr.-nĭeh), Francis, franz. Reisender, geb. 25. Juli 1839 zu St. Etienne, trat bei der franz. Marine ein, machte als Fähnrich 1860‒62 unter Admiral Charner den Feldzug gegen China und Cochinchina mit, wurde in der neuen franz. Kolonie angestellt und leitete nach dem Tode Lagrées 1868 die 1866 begonnene Untersuchung des Mekong-Stroms, drang bis Tali-fu vor und befuhr den Jang-tse-kiang bis Han-kou. Nach Frankreich zurückgekehrt, nahm er teil an der Verteidigung von Paris 1870‒71. Vom Mai bis Aug. 1873 reiste er vom Tung-tingsec in China den Jüan-kiang und Pai-ho hinauf bis an die Grenze von Sze-tschwan und den Wu-kiang hinab bis zum Jang-tse-kiang, wurde aber nach Saigon zurückberufen und an der Spitze einer militär. Expedition nach Tongking geschickt. Er nahm 20. Nov. 1873 die Hauptstadt Hanoi, fiel aber 21. Dez. im Kampfe gegen chines. Seeräuberbanden. Er schrieb: «Voyage d’exploration en Indo-Chine pendant 1866‒68» (2 Bde., 1873).

Garnier (spr. -nĭeh), Jean Jacques, franz. Historiograph, geb. 18. März 1729 zu Gorron in Maine, wurde Professor der hebr. Sprache am Collège de France, um das er sich, später als Inspektor desselben, große Verdienste erwarb. 1791 nahm G. seine Entlassung, erhielt später eine Stelle im Nationalinstitut und starb zu St. Germain-en-Laye 21. Febr. 1805. Seit 1761 Mitglied der Akademie der Inschriften, veröffentlichte er in deren Abhandlungen zahlreiche Arbeiten. Beauftragt, die von Velly angefangene und von Villaret fortgeführte «Histoire de France» weiter fortzusetzen, lieferte er zu diesem weitläufigen Werke (30 Bde., Par. 1865‒85) die Geschichte der Regierungen von Ludwig ⅩⅠ. bis auf Karl Ⅸ. Seine Schriften «L’homme de lettres» (2 Bde., Par. 1764) und «De l’éducation civile» (ebd. 1765) wurden wegen der darin aufgestellten religiös-moralischen Ansichten erst später beachtet.