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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gasmotor
auch die beiden Pumpen, von dem G. selbst ge-
trieben werden soll.
Der nächste wichtigere Fortschritt wurde 1823 von
dem Engländer Samuel Brown gemacht. Bei der
atmosphärischen Gastraftmaschine dieses
Erfinders mündet unter dem Kolben eines mit
Wassermantel versehenen, oben offenen Cylinders
ein Gaszuführungsrohr. Wenn sich der Kolben in
seiner tiefsten Stellung befindet, strömt das Gas
aus dem Zuführungsrohr und entzündet sich an
einer außerhalb des Cylinders brennenden Flamme,
welche durch eine Öffnung in das Innere desselben
bineinschlagen kann. Während der Kolben sich auf-
wärts bewegt, wird die Öffnung geschlossen, sodaß
zunächst im Cylinder eine starte Flamme brennt;
diese dehnt die Luft im Cylinder aus, sodast ein
Teil derselben durch im Kolben angebrachte Ventile
entweicht. Die Ventile schließen sich, sobald der
Kolben seinen böchsten (^tandpunkt erreicht hat. Die
Maschine ist doppeltwirkend, da zwei Cylinder vor-
Handen sind, deren Kolben durch einen Balancier in
Verbindung stehen und somit abwechselnd arbeiten.
Den neuern Konstniktionen schon ziemlich ähnlich ist
der dem Engländer Wrigbt 1833 patentierte G.;
derselbe hat Wassermantel und Flammenzündung und
ist mit einem Centrifugalregulator verfehen, der den
Zutritt von Luft und Gas dem Arbeitsbedarf ent-
sprechend regelt.
Wirklichen praktischen Wert erlangte der G. erst
durch die Erfindung des Franzosen Richard Lenoir,
uach dessen von: 24. Jan. 1860 datiertem Patent
der Pariser Fabrikant Marinoni Zuerst einige der-
artige Maschinen ballte. Als infolge einer geschickt
inscenierten Reklame die Bestellungen auf Lenoirsche
Maschinen bald in großer Anzahl einliefen, wurde
zum Bau dieser Maschinen eine Gesellschaft, die
^ociote I^noir, gegründet. Obwohl sich mit der
Zeit herausstellte, daß die Unterhaltungskosten der
genannten Maschinen unverhältnismäßig groß
waren, haben sich dieselben doch ziemlich langein
Gebrauch erhalten, wozu besonders ihr geräuschloser
Gang beitrug. Von dem Pariser Gasanstaltsdirektor
Hugon und dem Münchener Uhrmacher Reitbmann
wurde Lenoir die Priorität der Erfindung der G.
lwobl mit Unrecht) streitig gemacht; das eigentliche
Verdienst Lenoirs bestebt allerdings nicht darin, zu-
erst einen G. konstruiert zu haben sdenn dies hatten
vor ihm schon Varber, Street und Lebon getban),
sondern darin, zuerst einen G. gebaut zu baden, der
für die Praxis Wert besaß.
Fig. 1 der Tafel: Gasmotoren I stellt die
Lenoirsche M aschine dar. Der später von Hugon
konstruierte G. zeigte einige von der Lenoirschen
Ausführung im Princip verfchiedene Punkte. So
war die elcltrische Zündung, die Lenoir anwendet,
durch eine Flammenzündung erfetzt; ferner spritzte
Hugon, statt wie Lenoir den Cylinder von außen
zu kühlen, direkt Wasser in denselben, welches in
diesem durch die Hitze in Dampf verwandelt wurde
und so einenTeil der durch die Explosion entstandenen
Wärme absorbierte. Außerdem wirkte der expan-
dierende Dampf auch noch treibend anf den Kolben.
Ein wichtiger Fortschritt, der freilich znnächst
einem Rückfchritt sehr ähnlich sah, wurde 1867 ge-
macht, als auf der zweiten Pariser Weltausstellung
von Otto H Langen in Deutz ihr neuerfundener
atmosphärischer G. ansgestellt wurde, bei welchem,
wie schon der Name sagt, die Explosionswirkung des
Gases nur indirekt zur Arbeitsleistung benutzt wird.
Durch die Explosionswirkung wird der Kolben des
stehend angeordneten, einfachwirkenden Cylinders
emporgeschleudert, während derselbe außer Verbin-
dung mit der Welle der Maschine ist; die Spannung
derVerbrennungsprodukte sinkt alsdann durch äußere
Kühlung sehr rasch, und infolge der unter den Kolben
entstehenden Druckverminderung drückt die Atmo-
sphäre den nun mit der Welle in Verbindung gesetzten
Kolben nieder. Die Maschine batte zwar mancbe
übelstände, zu welchen vor allem ihr verhältnismäßig
großer Raumbedarf und das mit ihrem Betrieb ver-
bundene unregelmäßige und darum um so unange-
nehmere Geräusch zu rechnen sind; bingegen besaß
sie den schwer wiegenden Vorzug geringen Gasver-
brauchs. Es wurden daher trotz der bezeichneten
Mängel von Langen & Otto in 10 Jahren über
5000 atmosphärische G. gebaut. Schon emM Jahre
vor dem Bekanntwerden der Langen A Öttoschen
Konstruktion hatten die Italiener Barsanti & Mat-
teucci eine ganz ähnliche Maschine konstruiert, die
sedoch nur eine sehr beschränkte Verbreitung gefun-
den hat. Die Langen <k Ottoscke Maschine wurde
erst durch eine neue Ottosche Konstruktion verdrängt,
die unter dem Namen Ottos neuer Motor die
größte Verbreitung gefunden hat und in der That
eine Vetriebsmaschine ist, wie man sich dieselbe kaum
zweckmäßiger denken kann.
Neben der Otto H Langenschen atmosphärischen
Gaskraftmafchine war damals der G. von Alexis
de Bisshop vielfacb in Gebrauch. Derselbe, in
Deutschland von Buß, Sombart ä^ Co. in Magde-
burg gebaut, ist in Fig. 2, Taf. I, in äußerer Ansicht,
in beistehender Fig. 1 im Schnitt dargestellt. Er ist
ausschließlich für
kleinere Leistun-
gen bis zu einer
Pferdestärke be-
stimmt und seine
Verbreituug der
Einfachheit der
Konstruktion zu-
zuschreiben. Die
Maschine funk-
tioniert in folgen-
der Weife. Im
Arbeitscylinder 55
bewegt sich, ähn-
lich wie bei den
Dampfmaschi-
nen, einKolbend,
der, hohl aus-
geführt und ohne
Dichtungsringe,
die Cylinder-
wände gerade be-
rührend in die
ig. i.
Cylinderbohrung eingepaßt ist. lSchmiermaterial
darf nicht zngeführt werden; hinzugebrachtes 3)l
würde durch die entstehende außerordentlich hohe
Temperatur verkohlen und sich an den Kolben
nnd die Cylinderwände ansetzend die Kolbenbewe-
gnng hindern.) Der Kolben ist mittels Kolben-
stange c, Kreuzkopf ä und Pleuelstange 6 mit
der Kurbel t' verbunden. Die Maschine ist einfach-
wirkend und dem entsprechend mit einer Steuerung
versehen, welche nur die eine Seite des Cvlinders
(die untere) speist und entleert. Ein Gummischlauck
führt bei (^ der Maschiue durcb ein Ventil das Gas
zu, während durch ein anderes größeres Ventil der