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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Gattungsbegriff; Gattungskauf; Gattungsname; Gattungswert; Gatty; Gätuler; Gatya; Gau

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Gattungsbegriff – Gau (Bezirk)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Gattung'

Sehr bestritten ist unter den Juristen, ob schon die Ausscheidung unter Benachrichtigung an den Gläubiger die Gefahr auf diesen übergeben läßt. Das Schweizer Obligationenrecht Art. 204 läßt die Ausscheidung genügen. Dazu muß aber, wenn die Sache zu versenden ist, Aufgabe zur Versendung hinzutreten. Der Deutsche Entwurf §. 207 fordert, daß der Schuldner das zur Leistung einerseits Erforderliche gethan habe. Das Deutsche Handelsgesetzbuch hat eine Bestimmung nur über den Gattungskauf (s. d.).

Gattungsbegriff, s. Gattung.

Gattungskauf (Genuskauf, Emptio generis) nennt man einen solchen Kauf, bei welchem der gekaufte Gegenstand der Gattung (s. d.) nach bestimmt wird, z.B. 10 Scheffel Roggen, 1000 Centner Roheisen. Damit ein gültiges Kaufgeschäft vorhanden sei, muß die Menge oder Stückzahl der zu liefernden Ware vereinbart sein: ist aber über die Qualität der Ware im Vertrage nichts Näheres bestimmt, so ist nach Deutschem Handelsgesetzbuch Art. 335 bei Handelsgeschäften Handelsgut mittlerer Art und Güte zu liefern: eine Bestimmung, welche das Schweizer Obligationenrecht Art. 81 und der Deutsche Entwurf §. 207 entsprechend verallgemeinert haben für Gattungsobligationen auch nicht handelsrechtlicher Art. Nimmt der Käufer die zur Erfüllung eines G. angebotene Ware nicht an, weil sie Mängel habe, und ist seine Meinung begründet, so darf er von dem Verkäufer Erfüllung fordern, wie wenn überhaupt nicht erfüllt wäre. Ebenso, wenn er nach der Annahme entdeckt, daß die gelieferte Ware von einer andern Art ist. Z.B. es war roter Bordeaux wirklichen franz. Gewächses verkauft, es ist aber Ingelheimer geliefert. Gehört aber die Ware zur bedungenen Gattung und hat sie nur Mängel, z.B. die gelieferte Nähmaschine geht nicht ordentlich, der Käufer hat aber das Gelieferte als Erfüllung angenommen, so kann der Käufer nicht Lieferung einer andern untadelhaften Ware, sondern nur Rückzahlung des Kaufpreises unter Rücknahme der Ware oder Minderung des Kaufpreises und, wenn eine Verschuldung oder Zusage der nicht gewährten Eigenschaft vorliegt, Schadenersatz fordern. Nach dem Schweizer Obligationenrecht Art. 252 hat, wenn der Kauf auf eine bestimmte Menge Vertretbarer Sachen (s. d.) geht, der Käufer die Wahl, entweder die Wandlungs- oder die Minderungsklage anzustellen oder andere währhafte Ware derselben Gattung zu fordern. Wenn es sich nicht um Sachen handelt, welche dem Käufer von einem andern Orte her zugesandt worden sind, soll auch der Verkäufer berechtigt sein, sich durch sofortige Lieferung währhafter Ware derselben Gattung und durch Ersatz eines etwaigen Schadens von jedem weitern Anspruch des Käufers zu befreien. In Handelssachen gilt für den G. dieselbe Bestimmung des Handelsgesetzbuches über Tragung der Gefahr wie für den Distanzkauf (s. d.).

Gattungsname, s. Name.

Gattungswert, s. Wert.

Gatty (spr.gättĭ), Margaret, engl. Schriftstellerin, geb. 3. Juni 1809 zu Burnham in Essex als Tochter des Dr. Scott, des Freundes und Schiffskaplans Nelsons bei Trafalgar, heiratete 1839 den schriftstellerisch bekannten Geistlichen Alfred G., Vikar der Pfarrei von Ecclesfield bei Sheffield. Gemeinsam mit diesem gab sie 1842 «Life of Dr. Scott», eine Biographie ihres Vaters, heraus, die lebhaften ↔ Beifall fand und der die gleichfalls mit ihrem Manne gearbeiteten Werke «Life of Dr. Wolff, the missionary» (1860) und «The old folks from home» (1862), die Beschreibung einer Reise nach Irland, folgten. Als selbständige Schriftstellerin machte sie sich bekannt durch eine Reihe teils erzählender, teils lehrhafter Bücher, darunter «The fairy Godmothers and other tales» (1851), «Parables from nature» (5 Bde., 1855–71), «Worlds not realized» (1856) und «The poor incumbent» (1858). Unter dem Pseudonym Aunt Judy trat sie zuerst in «Aunt Judy's tales» (1859) auf. Seit 1866 gab sie die vielgelesene Monatsschrift «Aunt Judy's Magazine» heraus. Außerdem erschien von ihr «The mother's book of poetry» ( 1872). Sie starb 4. Okt. 1873 in Ecclesfield.

Gätūler heißen bei den Alten die in den Oasen der Sahara, südlich vom Atlas und dem röm. Mauretanien, westlich von den Garamanten (s. d.) bis zur Küste hin wohnenden nomadischen Völkerschaften, welche mit den Garamanten die Vorfahren der heutigen Tuâreg sind. Seit der Eroberung Numidiens durch die Römer erkannte auch ein Teil der G. die Oberhoheit der Römer an. Die südlichsten, mit Negern vermischten Stämme hießen die schwarzen G., Melanogätuler.

Gatya (ungar., spr. -tja), Unterhose, besonders das weite Beinkleid der ungar. Bauern (s. Csikós).

Gau (got. gavi; althochdeutsch gouwi; mittelhochdeutsch gou oder gōu, jetzt oberdeutsch Gäu), ein Wort von zweifelhafter Herkunft, den Nordgermanen unbekannt, bedeutet im allgemeinen Gegend, Land, namentlich das platte Land im Gegensatze zu Gebirge und Stadt, im besondern aber eine Landschaft als polit. Bezirk. In diesem letztern Sinne ist der G. ein wichtiges Glied des ältern deutschen Staatsorganismus. In der Zeit des Tacitus zerfielen die Germanen in Stämme (gentes) und Völkerschaften (civitates). Eine Unterabteilung der Völkerschaft bildete der G. (pagus), welcher gewöhnlich mehrere Hundertschaften (s. Cent) umfaßte. Bei kleinern civitates wird die Einteilung in G. weggefallen sein. Die G. hatten oft eine große Selbständigkeit, sodaß sie selbst auf eigene Faust Krieg führten. Beim Wachstum der Bevölkerung oder bei feindlichen Störungen des Zusammenhangs lösten sich einzelne pagi von der alten Gemeinschaft ab und bildeten eigene, neue civitates. G. ist übrigens kein fester technischer Rechtsbegriff, er umfaßt bald größere, bald kleinere Bezirke. Bei den Sachsen wird noch im Mittelalter go in der Bedeutung der alten Hundertschaft gebraucht. Als die alten Völkerschaften in den Stürmen der Völkerwanderung untergegangen waren und neue Stämme sich gebildet hatten, lebten die Namen einiger Völkerschaften noch in einzelnen Gaunamen fort (Breisgau von Brisigavii, pagus Boroctra von den Bructerern, pagus Batua von den Bataven): zumeist waren es aber natürliche, landschaftliche Beziehungen, welche von den natürlichen Grenzen der G. genommen wurden, die für die neuen Gaunamen maßgebend waren. Bald wurden sie nach Flüssen bezeichnet (Rhein-, Saargau), bald nach Gebirgen (Eifel-, Westerwaldgau), bald nach der Himmelsgegend (der bayr. Nordgau). Auch von den in den G. gelegenen bedeutendsten Städten erhalten sie ihre Namen (Mainzgau, Wormsgau, Speiergau). Bei der Neuorganisation des Fränkischen Reichs, welche in der Ausdehnung der Grafschaftsverfassung auf

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 596.