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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Geburt; Geburtenziffer; Geburtsadel; Geburtsfest; Geburtsgrotte Christi; Geburtshelfer; Geburtshelferkröte

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Geburt (der Tiere) - Geburtshelferkröte

welcher Zeit es zwar noch nicht reif, aber doch lebensfähig ist und oft durch sorgfältige Pflege noch erhalten wird. Ob es eine Spätgeburt (partus serotinus oder retardus) in dem Sinne gebe, daß die G. nach einer länger als 40 Wochen dauernden Schwangerschaft eintrete, ist sehr zweifelhaft, zumal da die Mutter, auf deren Angabe die Berechnung der Schwangerschaftsdauer sich hauptsächlich gründen muß, über die Zeit der Empfängnis sich leicht täuschen kann. Der Schein einer zu späten G. wird aber bisweilen dadurch hervorgebracht, daß die Dauer des Geburtsvorgangs selbst sich bis zu zwei Wochen und vielleicht noch länger ausdehnen kann. Die Ausdrücke Kopf-, Steiß-, Knie- und Fußgeburt werden gebraucht, um anzugeben, welcher Teil des Kindes bei der G. desselben vorausgeht und zuerst an die Außenwelt gelangt, wohingegen die Ausdrücke Mißgeburt (s. d.), Zwillings-, Drillingsgeburt u. s. w. sich nicht auf den Geburtsvorgang, sondern auf das Geborene beziehen. Daß sich bei den vielen verschiedenartigen Vorgängen, welche die G. mit sich führt, für den Arzt, schon mit Ausschluß der ganzen Geburtshilfe in engerm Sinne, in diätetischer und therapeutischer Hinsicht ein weiter Wirkungskreis darbietet, liegt am Tage. Allein auch dem gerichtlichen Zweige der Medizin werden oft Untersuchungen über G., z. B. über dagewesene Schwangerschaft, über Alter eines Kindes, über die Zeit, wann die G. stattgefunden hat u. dgl. vorgelegt, die in vielen Fällen mit den größten Schwierigkeiten verknüpft sind. - Vgl. Wigand, Die G. des Menschen (2. Aufl., 2 Bde., Berl. 1839); C. Schröder, Lehrbuch der Geburtshilfe (11. Aufl., Bonn 1891); ferner die Lehrbücher von Zweifel, Winckel u. a.; Ploß, über die Lage und Stellung der Frau während der G. bei verschiedenen Völkern (Lpz. 1872); Engelmann, Die G. bei den Urvölkern (deutsch von Hennig, Wien 1884); Ploß, Das Weib in der Natur- und Völkerkunde (3. Aufl., 2 Bde., hg. von Bartels, Lpz. 1891).

Mit der vollendeten G. fängt nach bürgerlichem Recht der lebende Mensch an und tritt als Kind in die Familie. Nur in gewissen Beziehungen datieren seine Rechte schon aus der Zeit, als er noch Embryo (s. d.) war. Strafrechtlich als Gegenstand des Verbrechens der Tötung beginnt nach der bei den Juristen herrschenden Praxis der Mensch mit dem Anfang der Geburt. Solange noch kein Teil des Kindeskörpers aus dem Mutterleib herausgetreten ist, würde ein Attentat gegen das Kind Abtreibung der Leibesfrucht sein. Daß nicht vollendete G. erforderlich ist, ergiebt sich aus §. 217 des Deutschen Strafgesetzbuchs: "Eine Mutter, welche ihr uneheliches Kind in oder gleich nach der Geburt tötet, wird mit Zuchthaus nicht unter 3 Jahren bestraft."

Geburt der Tiere nennt man in der Regel nur das Hervorbringen lebendiger Jungen, obwohl die Eiablage auch ein Geburtsakt ist und es sogar Tiere (Schlangen) giebt, die meistens Eier legen, wenn sie für dieselben indessen keine geeignete Ablegestelle finden, sie bis zum Ausschlüpfen der Jungen bei sich behalten und diese dann erst gebären. Viele niedere Tiere (Schwämme, Seeanemonen, manche Stachelhäuter, Fliegen, einige Laub- und Blattkäfer u. s. w.) gebären Larven (s. auch Pädogenesis). Bei den Lausfliegen (s. d.) sind diese Larven vollkommen zur Verpuppung reif. Eine Anzahl Schnecken, z. B. unsere Sumpfschnecken (s. d.), die Blattläuse, manche Fische, z. B. die Aalmutter (s. d.), einige Haie und andere, der schwarze oder Alpensalamander (s. Landsalamander), verschiedene Eidechsen, z. B. unsere Bergeidechse (s. Eidechsen) und die meisten Giftschlangen gebären Junge, die, abgesehen von der Größe, der Geschlechtsreise und einigen unwesentlichen Charakteren, den Alten gleichen. Hingegen legen die niedrigsten Säugetiere (s. Kloakentiere) in gewissem Sinne Eier, d. h. sie bringen höchst unvollkommen entwickelte, noch von den Eihäuten umgebene, lebendige Junge zur Welt.

Bei Haustieren kündigt die G. sich vorher an durch Einlaufen des Euters (es läßt sich Milch ausdrücken), durch Einsinken des Kreuzes, Anschwellung und Rötung der Scham. Sie wird eingeleitet durch die vorbereitenden Wehen und bewerkstelligt durch die treibenden Wehen. Die Wehen sind Zusammenziehungen der Gebärmutter, durch sie wird die Frucht in der Richtung des geringsten Widerstandes, d. i. nach dem bereits geöffneten Muttermunde, hingetrieben. Während der Ausstoßung der Frucht platzen die Eihäute, wodurch die Fruchtwässer zum Abflusse kommen und gleichzeitig die äußern Geburtswege (Scheide und Scham) schlüpfrig machen. Eine normale G. ist in kurzer Zeit beendet, und zwar beim Pferd in 5-30, bei der Kuh in 15-60 und beim Schaf und Schwein in 15-30 Minuten, von der Eröffnung des Gebärmuttermundes an gerechnet. Letztere tritt erst mehrere Stunden nach Beginn der ersten Wehen ein; beim Rind und Pferd können noch 3-6, beim Schaf 2-6 und beim Hund gar 4-10 Stunden vergehen. Die Nachgeburt wird durch die Nachwehen nach 15-30 Minuten ausgestoßen. Tritt dieses nicht ein, so ist es möglich daß sie noch innerhalb der nächsten 3 Tage von selbst abgeht. Während dieser Zeit kann man den natürlichen Abgangsprozeß dadurch beschleunigen, daß man in die Gebärmutter vermittelst eines Klystierschlauches (nicht Klystierspritze) lauwarmes Wasser einfüllt, welchem man übermangansaures Kalium oder Kreolin (je 1 Proz.) zugesetzt hat. Außerdem ist es nicht unangebracht, die aus den Geschlechtsteilen heraushängenden Partien der Nachgeburt von rechts nach links oder umgekehrt aufzudrehen und an dem aufgedrehten Strang allenfalls durch ein angebrachtes Gewicht einen gelinden Zug auszuüben. Löst sich die Nachgeburt am dritten Tage nach der G. noch nicht, dann säume man nicht, die kunstgerechte Ablösung derselben durch einen Tierarzt herbeiführen zu lassen. Der Muttermund ist nämlich zu dieser Zeit noch bequem für die Hand des Operateurs zugänglich, was später nicht mehr der Fall ist. Die Nachgeburt geht ungemein rasch in Fäulnis über. Deshalb ist die Gefahr nicht zu unterschätzen, welche dadurch entsteht, daß die Nachgeburt länger als 3 Tage in dem Muttertiere verbleibt. Gewöhnlich entstehen infolge nicht abgegangener Nachgeburt langwierige Eiterungen aus den Geschlechtsteilen, wenn nicht bedrohlichere Erscheinungen (Bauchfellentzündung, Blutvergiftung) hinzutreten.

Geburtenziffer, s. Geburtsstatistik.

Geburtsadel, s. Adel.

Geburtsfest, s. Geburtstag.

Geburtsgrotte Christi, s. Bethlehem und Stätten, heilige.

Geburtshelfer, s. Geburtshilfe.

Geburtshelferkröte, auch Fesselfrosch oder Feßler genannt (Alytes obstetricans Laur., s. Tafel: Frösche und Kröten II, Fig. 2, S, 382), ein kleines, zu der Familie der Krötenfrösche gehöriges,