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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gefüllte Blumen
Ader mit dieser zugleich tritt in den meisten Fällen
eine mehr oder minder erhebliche Vermehrung der
Staubgefäße ein, welche sich der Mehrzahl nach
ebenfalls in Blumenblätter umbilden.
Bei ^uiie^iI. vulßzuis I,. hat sich die Füllung
in zwei verschiedenen Formen vollzogen. Bei den
sog. kappenförmigen Blumen stecken in dem Sporn
eines jeden Blumenblattes drei bis vier gleich-
gebildete, während bei den sternförmigen mehrere
Staubfädenkreife in flache, ausgebreitete Reihen
von Blumenblättern umgewandelt, die Sporen aber
fehlgeschlagen sind.
Auch beim Schlafmohn (kapavei- 80innil6i-uin ^.)
ist das Füllmaterial in verschiedener Weise ge-
bildet. Bei der einen Form, dem Päonienmohn,
sind die Füllblätter ganzrandig und den ursprüng-
lichen Blumenblättern ähnlich, bei dem Schlitz- oder
Federmohn zerschlitzt oder gefranst. Da trotz der
zahlreichen Füllblätter noch normal beschaffene
Staubgesäße genug übriggeblieben sind, auch der
Fruchtknoten vollkommen wohl erhalten geblieben,
so steht der Erzeugung von Samen ein Hindernis
nicht entgegen, wie dies bei manchen andern Blu-
men, z. B. den dichtgefüllten Ranunkeln und Ane-
monen, der Fall zu sein pflegt.
Durch eine eigentümliche Füllungsweife waren
manche der ältern gefüllten Formen von Fuchsien,
z. B. Mr. Clapton und Madame Legrelle d'Hanis,
charakterisiert. Bei diesen waren nur die Antheren
eines Teils der weit über die Blume hinaus-
ragenden Staubgefäße in Blättcbcn umgewandelt
Fig. 2.
(Fig. 2), während die eigentlichen Füllblätter den
Petalen vollkommen gleichgebildet und von gleicher
Größe waren.
Originell ist das Aussehen der Doppelblume von
I'riinula. eiatioi- ^"c^. var. äuplex, in welcher sich
bisweilen sogar eine dritte Korolle erzeugt. In-
teressante Beispiele solcher Blumen finden sich unter
andern bei einigen Spielarten des ügypt. Stech-
apfels, vatlii'3. t'a8tn08g. ^., und der I)3.tui-H dn-
inilis De^f. des Gewächshauses. Ein diesen Doppel-
blumen ähnliches, aber in seinem Ursprünge sehr
verschiedenes Blumengebilde verdient in mehr als
einer Beziehung großes Interesse. Bei ihm wan-
delt sich der grüne Kelch in eine nach Substanz und
^lg.
Färbung der ursprünglichen nahe kommende, in der
Form jedoch oft abweichende Korolle um. Sonach
liegt hier eine vorwärts fchreitende Metamorphose
vor, während die Umwandlung von Staubgefäßen
in Blumenblätter als eine rückwärts schreitende zu
bezeichnen ist. Zu den interessantesten Blumen-
gebilden solcher Art gehören (^mplvnuw inoäium
^. var. eal)'cantli6i'^ (telch blutige Varietät) und
Nimulu8 I^"'üln8 ^i'5. var. äuplex (Fig. 3).
Bei jener giebt sich
der Ursprung der
äußern Korolle
schon darin zu er-
kennen, daß sie
fünflappig ist, wie
vorher der Kelch
gewefen, bei dieser
in einer grün ge-
bliebenen Partie
derselben.
Eine andere Art der Füllung findet sich häufig
bei Kompositen, indem die Blüten der Scheibe in
derselben Weise sich entwickeln wie die des Strahls,
ohne daß dadurch die Staubgefäße oder die Stempel
in Mitleidenschaft gezogen werden, letztere bleiben
somit zur Zeugung befähigt, und die Blumen
sind im allgemeinen ebenso fruchtbar wie diejenigen
von normaler Befchaffenheit. Ein Anfchein von
Füllung entsteht auch dann, wenn die röhrigen Blü-
ten der Scheibe nicht dlattartig geworden, sondern
bloß lang ausgezogen und vermehrt sind und auch
die blattartigen des Strahls in langröhriger Form
auftreten. Eine der wichtigsten Blumen diefer Kate-
gorie ist (^I1i8t01>lm8 c1iil16Q8i8 ^666 sf. ^8t61').
Fast noch bedeutender ist die Vielgestaltigkeit in
den Details des Blumenbaues bei der Georgine
(f. valilia) und bei dem japan. (Hi-^aiitiieniuin
indicmn /^. (s. (Hi'v8aiit1ieiiinin).
Zu den jüngsten Geschenken der Flora gehört
l^M^i-äia. pictü ^. vai'. I^0l6nxian3, (Fig. 4).
Das Blütenkörb-
chen in seiner ur-
sprünglichen
Form besitzt eine
Scheibe und
einen einreihigen
Strahl, dessen
blumcnblattar-
tige Blüten einen
dreizähnigen
(^aum und an
der Mündung
der stielartigen
Röhre noch zwei
kleinere Zähne
besitzen, ein Be-
weis, daß eine <^. .
solche Blüte ^' '
nichts weiter als eine halbseitigblattartige Röhre
ist, während die Blüten der Scheibe vollkommen
kleine, fünfzähnige Röhren darstellen. In dem
abgebildeten Blütenköpfchen aber find auch die
Blüten des Strahls wie die der Scheibe zu ziem-
lich lang ausgezogenen Röhren und die Zähne
zu spitzen Lappen geworden und treten zu einem
kugeligen oder halbkugeligen Ensemble von an-
genehmster Wirkung zusammen. Die Durchbildung
und Befestigung diefer Form der Pflanze hat eine
länger als zehnjährige Anstrengung gekostet.