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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gegenreiz - Gegenseitigkeitsgesellschaften
Jahre 62000 Protestanten der katb. Kirche zurück-
gewonnen haben. Ähnlich verfuhren dieViscböfe von
Bamberg, Salzburg, Hildesheim, Münster u. s. w.
Die größten Triumphe feierte die G. in den österr.
Erbländern. Hier hatten Ferdinand I. und Htari-
milian II. der Ausbreitung und Befestigung des
Protestantismus keine Schwierigkeiten in den Weg
gelegt, und von Jahr zu Jahr wuchs die Zahl der
Evangelischen. Eine Wendung trat ein unter Ru-
dolf II., der am span. Hofe durch Jesuiten erzogen,
und unter Ferdinand II., der in den Sckulen der
Jesuiten zu Ingolstadt gebildet war. Die Grau-
samkeit, mit der die Evangelischen ihrer Prediger
reraubt und entweder zur Annahme des Katholi-
cismus oder zur Auswanderung gezwungen wur-
den, veranlaßte den Ausbruch des Dreißigjährigen
Krieges. Während desselben bezeichnet das Resti-
tutionsedikt vom I. 1629 den Höhepunkt der G.
Im Westfälischen Frieden 1648 wurde endlich der
gewaltsamen Zurückführung des Katholicismus ein
Ende gemacht. Auch in Italien und Spanien, in
Frankreich und in den Niederlanden fand eine blu-
tige G. statt. - Vgl. Peschek, Geschichte der G. in
Böhmen (2 Bde., Dresd. u. Lpz. 1844); H. Heppe,
Die Restauration des Katholicismus in Fulda, auf
dem Eichsfelde und in Würzburg (Marb. 1850);
Reuß, 1^ äkßti-nction äu prowktantisnik 6n Volisink
lneue Aufl., Straßb. 1868); Wiedemann, Geschichte
der Reformation und G. im Lande nnter der Enns
l5 Bde., Prag 1879-86); Ludw. Keller, Die G. in
Westfalen und am Niederrhein (2 Bde., Lpz. 1881
-87); Philippson, 1^63 ori^ines cln catnolioiZink
in0li6rii6, 1.3. Oonti-6 - rövolution rkli^iLuzß ^n
XVI" sieoik (Brüss. 1884); M. Ritter, Deutsche
Geschichte im Zeitalter der G. (Stuttg. 1886 fg.);
Droysen, Gesckichte der G. (Berl. 189<z); Gindely,
Geschichte der G. m Böhmen (Lpz. 1894).
Gegenreiz ^onti^8tiinnw8), die Anwendung
sckmerzerregender Hcittel (Vlasenpflaster, Jod,
Schröpsköpse u. a.) an einem Körperteil, um einen
Reiz von einem andern Organ abzuleiten is. Ab-
leitung); Gegenreizlehre oder Kontrastimu-
lismus, das von dem Engländer John Vrown
ldaher auch Brownianismus) und dem Italie-
ner Giovanni Rasori (daher Rasorismus) auf-
gestellte mediz. System. (S. Erregungstheorie.)
Gegensatz llat. o^po^itio), in der Logik jedes
Verhältnis wechselseitiger Ausschließung unter zwei
einem gemeinsamen höhern untergeordneten Be-
griffen. Man unterscheidet 1) den kontradikto-
rischen G., durch den nicht bloß mit der Setzung
des einen Begriffs allemal der andere aufgehoben,
sondern zugleich mit der Aufhebung des einen der
andere gefetzt ist (z. B. gleich und ungleich); 2) den
konträren, d. h. den G. zwischen zwei äußersten
Gliedern einer Reihe, die noch ein oder mebrere
mittlere Glieder enthält (z. B. größer und kleiner).
Zwischen den Gliedern des kontradiktorischen G.
giebt es also kein Mittleres oder Drittes lz. B. zwei
Größen Md entweder gleich oder ungleick), während
zwischen den Gliedern des konträren G. stets ein
Trittes möglich ist (z. B. von zwei Größen ist die
eine entweder größer oder kleiner alv die andere,
oder ihr gleich).
Gegenfchattige iAntiscii), f. Ascii.
Gegenschein, in der Astronomie, s. Aspekten
und Zodiakallicht; im Geschäftsstil soviel wie Revers.
Gegenschreiber, früher eine besondere richter-
lich befähigte Person, und ;war ein delegierter Be-
amter der Bergämter, der mit dcr Führung des sog.
Gegenbuchs <s. o.) beauftragt war.
Gegenschrift bieß in der frühern Prozehspracbe
die schriftliche Gegenerklärung oder Antwort auf die
Erklärung des Gegners.
Gegenseitiger Unterricht, s. Bell Lancaster-
sches Ünterrichtssystem.
Gegenseitige Verträge^oder Sckuldver-
hältnisse, s. Doppelseitige Sckuldverbältnisse.
Gegenseitigkeit. Das Princip, daß andere
Staaten oder die Angehörigen anderer Staaten
innerhalb des eigenen Staates oder Reichs ebenso
zu behandeln seien, wie der eigene Staat oder seine
Angehörigen von den andern Staaten behandelt
werden, ziebt sich durch die ganze neuere Gesetz-
gebung, namentlich des Deutschen Reichs. Es ist
z. B. ausgesprochen bezüglich der feindlichen Hand-
lungen gegen befreundete Staaten in ßß. 102,103
des Deutschen Strafgesetzbuchs, bezüglich der Er-
teilung des Armenrechts (§. 1<>6) und der Befreiung
von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten
iß. 102), bezüglich der Vollstreckung ausländischer
gerichtlicher Urteile (ß. 161 der Zivilprozeßordnung),
der Behandlung auswärtiger Gläubiger im Kon-
kurse (§. 4 der Konkursordnung), des Schutzes des
Gewerblichen Eigentums (s.d.) vonAusländern. Am
besten wird die G. natürlich verbürgt durch Staats-
verträge, welche ausdrücklich auf eine gleichmäßige
Behandlung der beiderseitigen Unterthanen gerichtet
sind, wie die Handelsverträge (s. d.), die Verträge
zum Schutz der Fluhschiffahrt (s. d.), die internatio-
nale Übereinkunft des Urheberrechts (s. d.), die inter-
nationale Konvention zum Schutz des gewerblichen
Eigentums (s. Gewerbliches Eigentum).
Gegenseitigkeitsgefellschaften sind solche
Vereine, deren Zweck dahin geht, daß alle Mit-
glieder gemeinschaftlich denjenigen Schaden tragen
sollen, welcher einem von ihnen aus gewissen küns-
tigen schädigenden Ereignissen erwachsen könnte.
Der Grnndsatz der Gegenseitigkeit, bündig in dem
Satze ausgedrückt: "Einer sür Alle und Alle für
Einen", findet sich schon im ältesten Recht der In-
der, Griechen und Römer sür Begräbnisgenossen-
schaften, Reisegenossenschaften "Karawanen) u. dgl.,
besonders aber für die ^eegemeinschaft des Reeders
und der fämtlichen ^adungsinteressenten (s. See-
versicherung) und bat weiterhin seit dem 14. Jahrh,
in den Knappschaftskassen is. d.) des Bergbaues
Anwendung gefunden. Eine viel größere Bedeutung
hat er aber in neuerer Zeit für das Versicherungs-
wesen (s. d.) gewonnen, in Deutschland besonders
durch Gründung der Gothaer Lebens- und der
Feuerversicherungsbank für Deutschland. Viele Le-
bens-, Feuer-, Unfall-, Hagelversicherungsgesell-
sckaften sind Versicherungsgesellschaften auf Gegen-
seitigkeit. Es giebt auck, und zwar feit dem
18. Jahrh., öffentlich rechtlicke Gesellschaften dieser
Art wie Landes- und Provinzialbrandkassen mit
Versicherungszwang für den einzelnen Gebäude-
eigentümer, Pensions-, Witwen- und Waisen-
kai'sen mit Versicherungszwang für den einzelnen
Beamten. Auck bei der Versicherung auf Gegen-
seitigkeit ist eine Prämienzahlung üblich, doch werden
von den gesamten Prämien nur die Ersatzsummen
gezablt und die Verwaltungskosten gedeckt, der
Überschuß aber wird den einzelnen Mitgliedern als
sog. Dividende jährlich zurückgezahlt. Sollten aber
einmal die Ersatzsummen die Gesamtheit der Prä-
mien übersteigen, so sind die Mitglieder Zu verhält-