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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gehirnhöhlen - Gehirnverhärtung

Blutungen Veranlassung geben (weshalb die Krankheit auch als Pachymeningitis chronica haemorrhagica bezeichnet wird) und schließlich durch ihren Druck auf die Hirnoberfläche Abplattung der Hirnwindungen und Hirnschwund zur Folge haben. Die hauptsächlichsten Symptome bestehen in Kopfschmerzen, Schwindel und Ohrensausen, in einem allmählich zunehmenden auffallenden Verfall der psychischen Funktionen (Abnahme des Gedächtnisses, der Denkkraft, lallender Sprache und Schlafsucht), sowie in zeitweiligen schlagflußähnlichen Anfällen. Stärkere Blutergüsse können sofortigen Tod zur Folge haben. Die Behandlung hat von dem Kranken alles fern zu halten, was Kongestionen nach dem Kopfe verursachen kann; gegen die schlagflußähnlichen Anfälle sind Kälte auf den Kopf, mäßige örtliche Blutentziehungen und Abführmittel am wirksamsten.

Gehirnhöhlen, s. Gehirn (S. 676a).

Gehirnhülle (Gehirnhäute), s. Gehirn (S. 677a).

Gehirnknoten, soviel wie Gehirnbrücke, s. Gehirn (S. 676b fg.)

Gehirnkrämpfe, s. Krampf.

Gehirnkrankheiten. Als Centralorgan des Nervensystems wird das Gehirn fast bei allen, besonders akuten Krankheiten in Mitleidenschaft gezogen. Schon die Empfindung des Schmerzes wird erst durch das Gehirn vermittelt, und selbst bei schmerzlosen Krankheiten, sobald sie Teile befallen, die mit Nerven versehen sind, wird in den allermeisten Fällen eine Verstimmung nicht fehlen, die das Gehirn an der vollen Ausübung seiner Thätigkeit hindert, wenn sie auch durch die Energie des Willens überwunden werden kann.

Zu den eigentlichen G. rechnet man die Fälle, wo anatom. Störungen der Gehirnsubstanz sich vorfinden oder die Funktionen des Gehirns auffällig gestört sind, ohne daß ein Leiden eines andern Organs sich als Ursache dieser Störung nachweisen läßt. Zu den Symptomengruppen ohne anatom. Grundlage mit vorwiegend geistiger Störung zählen die verschiedenen Geisteskrankheiten (s. d.), die Hypochondrie und die Hysterie und eine Reihe von Krankheiten, bei denen sich Störungen des Bewußtseins, der Bewegung und Empfindung bemerkbar machen. Es gehören hierher die Eklampsie und Epilepsie, der Veitstanz und Tetanus, die Katalepsie und Hydrophobie, die Zitterlähmung, die Ohnmacht und der Scheintod.

Zu den sog. materiellen G., bei denen anatom. Störungen vorliegen, rechnet man Blutarmut und Blutüberfüllung des Gehirns, die oft ganz ähnliche Krankheitserscheinungen, wie Schwindel, Kopfweh u. dgl., zur Folge haben, ferner die verschiedenen Formen der Gehirn- und der Gehirnhautentzündung (s. d.), die Gehirnblutungen mit ihren Folgezuständen (s. Schlagfluß), die Gehirnerweichung (s. d.) und Gehirnwassersucht (s.d.), die Gehirngeschwülste (s. d.), den Gehirnschwund (s. d.), die Gehirnverhärtung (s. d.) u. a. Gegen Verletzungen ist das Gehirn außerordentlich empfindlich (s. Gehirnwunden); schon eine einfache Gehirnerschütterung (s. d.) kann schwere, selbst lebensgefährliche Symptome zur Folge haben. Die Behandlung der G. ist je nach der Ursache und Art der speciellen Erkrankung eine sehr verschiedene. In neuerer Zeit hat die chirurg. (operative) Behandlung mancher G. (Entzündung, Absceß, Epilepsie, Geschwülste) beachtenswerte Fortschritte gemacht. - Vgl. Wernicke, Lehrbuch der G. (3 Bde., Cassel 1881 - 83) und die neuern Werke von Ziemssen, Strümpel, Meynert u. a.

Gehirnlähmung, s. Tod.

Gehirnnerven, s. Gehirn (S. 677b fg.).

Gehirnquetschung, s. Gehirnwunden.

Gehirnschlag, Hirnschlagfluß (Apoplexia cerebri), die plötzlich wie durch einen Schlag eintretende, mehr oder minder vollständige Unterbrechung der Gehirnfunktionen, also insbesondere der Sinneswahrnehmungen, des Bewußtseins und der willkürlichen Körperbewegung, wobei jedoch Atmung und Herzthätigkeit ihren Fortgang haben, beruht in den meisten Fällen auf einer Embolie (s. d.) der Hirnarterien oder auf einer erheblichern Hirnblutung. (S. Schlagfluß.)

Gehirnschlagadern, s. Gehirn (S. 677b).

Gehirnschwund (Atrophia cerebri), das Kleinerwerden und Schrumpfen des Gehirns infolge allmählich eintretenden Schwundes des Hirngewebes, wird als sog. Altershirnschwund sehr häufig im höhern Greisenalter beobachtet, kommt aber auch gelegentlich in frühern Lebensaltern durch mancherlei krankhafte Prozesse, die das Gehirn befallen, zu stande. So ist namentlich bei Geisteskranken, insbesondere den Blödsinnigen, allgemeine Gehirnatrophie häufig, und auch bei Trunksucht, chronischer Bleivergiftung, Brightscher Nierenkrankheit, Morphiumsucht und anhaltenden geistigen Überanstrengungen ist der Ausgang in G. nicht selten. Das verschrumpfte Gehirn erscheint kleiner, fester und blutärmer; seine Windungen sind schmäler, seine Furchen weiter und tiefer, seine Häute verdickt, seine Höhlen beträchtlich erweitert und mit seröser Flüssigkeit erfüllt; bei der mikroskopischen Untersuchung findet man eine auffallende Abnahme der Hirnfasern und Hirnganglien neben einer beträchtlichen Vermehrung der bindegewebigen Kittsubstanz. Die Symptome des G. sind je nach der veranlassenden Ursache verschieden. Beim Altershirnschwund stellen sich als erste Erscheinungen Gedächtnisschwäche, Geschwätzigkeit, Schlaflosigkeit und Schwindel ein; neben allmählichem Verfall sämtlicher geistigen Kräfte (Kindischwerden der alten Leute) entwickeln sich weiterhin Schlaffheit und Muskelschwäche, Zittern, Abstumpfung des Gefühls, des Seh- und Hörvermögens und schließlich lähmungsartige Zustände; der Kranke vermag endlich nicht mehr zu gehen und zu stehen, wird an das Bett gefesselt, und unter Aufhören sämtlicher Thätigkeiten des Körpers tritt endlich ruhig der Tod ein. Bei dem G. durch Alkohol-, Blei- oder Morphiumvergiftung pflegen sich zu den geschilderten Symptomen des geistigen Verfalls von Zeit zu Zeit mancherlei Reizungszustände (Kopfschmerzen, Muskelzuckungen, Erbrechen, Hallucinationen und apoplektische Anfälle) zu gesellen, und bei der Gehirnatrophie der Geisteskranken ist außer der zunehmenden Abschwächung der geistigen Funktionen eine maßlose Selbstüberschätzung (Größenwahn) nicht selten. Von einer Heilung des G. kann selbstverständlich keine Rede sein.

Gehirnsklerose, s. Gehirnverhärtung.

Gehirnvereiterung oder Gehirnabsceß, s. Gehirnentzündung.

Gehirnverhärtung, Sklerose des Gehirns, ein eigentümlicher chronischer Entzündungsvorgang des Gehirns, vorzugsweise des Großhirns, bei dem sich, über die Hirnoberfläche verbreitet, bald spärlicher, bald zahlreicher hanfkorn- bis bohnengroße graue, feste Flecken vorfinden, die sich deutlich gegen die gesunde Hirnsubstanz abheben. Die Zahl dieser Flecken oder Herde kann mehrere Hunderte