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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gemeindehaushalt
Die Führung der Finanzwirtschaft einer Gemeinde !
ist nur möglich bei planmäßiger Ausrechterhaltung
des Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Aus-
gaben. Zu diesem Zweck ist ebenso wie bei der
Wirtschaftsführung des Staates die Aufstellung
eines genauen Voranschlags oder Budgets erforder-
lich, das auch zweckn, äßigerweise in ein ordentliches
und ein außerordentliches zerlegt werden kann.
Die erste und wichtigste finanzielle Aufgabe der
Gemeinde ist natürlich die Sorge für nachhaltige,
zweckmäßig erhobene und den berechtigten Bedürf-
nissen entsprechende Einnahmen. Zauptquelle
dieser Einnahmen ist in frühern Zeiten meistens und
auch gegenwärtig noch in manchen Fällen ein beson-
deres nutzbares Gemeindevermögen (s.d.). Mit der
zunehmenden Ausdehnung der Ausgaben und der
Bedürfnisse der Gemeinden sahen sich jedoch auch die
mit bedeutendein Vermögen ausgestatteten gezwun-
gen, mehr und mehr anderweitige Hilfsquellen für
sich in Anspruch zu nehmen. Es konnte dies ge-
schehen einerseits durch Erhebung von Gebühren,
andererseits mittels eigentlicher Besteuerung der
Bewohner. Bei den Gebühren (s. d.) kommt das
Princip von Leistung und Gegenleistung zur An-
wendung. Wer aus irgend einer Gemeindeeinrich-
tung einen besondern Vorteil zieht, oder eine spe-
cielle Leistung von der Gemeinde verlangt, leistet
eine bestimmte Zahlung, und durch die Gesamtheit
solcher Beiträge werden die von der Gemeinde für
die betreffenden Zwecke aufgewendeten Kosten, wenn
auch meistens nicht vollständig, gedeckt. Hierher
gehören also z. B. Schulgeld, Brückengeld, Markt-
standsgeld, ferner die Beiträge für Benutzung der
von der Gemeinde angelegten Wasserleitungen,
Gasanstalten u. s. w., ferner der Ertrag wirtschaft-
licher Gemeindeunternehmungen (s. d.), wie Kredit-
anstalten, Sparkassen, Pferdebahnen u. s. w., die
unter Umständen freilich auch steuerartigen Cha-
rakter annehmen können. Den Übergang zu den
eigentlichen Gemeindesteuern (s.d.) bilden diejenigen
Beiträge, welche zwangsweise von gewissen Klassen
der Bevölkerung, z. B. den Hausbesitzern für Ein-
richtungen, wie Anlegung neuer Straßen, Kanali-
sierung u. s. w., erhoben werden, welche zwar für
die ganze Gemeinde von Bedeutung sind, aber jenen
Interessentengruppen zum besondern Vorteil ge-
reichen. Auch kommen innerhalb einer Gemeinde
wohl besondere Gemeinschaften oder "Societäten"
vor, welche die Mittel für einen speciellen Zweck
gesondert aufzubringen haben, wie z. B. Schulfocic-
täten. Als außerordentliche Einnahmen kom-
men für die Gemeinden in Betracht: Staatliche
Dotationen und Subventionen (hierher gehört in
Preußen die durch die sog. lex Huene vom 14. April
1885 angesetzte Überweisung des preuß. Anteils an
den Vieh- und Getreidezöllen), ferner Schenkungen
und Vermächtnisse von Privaten, Veräußerungen
von Gemeindevermögen und Anleihen.
Die Ausgaben der Gemeinden erstrecken sich
teils auf staatliche Zwecke, d. h. auf die Durch-
führung von verschiedenen, eigentlich dem Staate
zustehenden Ausgaben; hierher gehören die Aus-
gaben für die Sicherheits-, Gefundheits- und Bau-
polizei, das Civilstandswesen, Statistik, die Be-
sorgung polit. Wahlen, die Bildung von Steuer-
kommissionen und die Erhebung gewisser Steuern,
die Einquartierung und Verpflegung von Sol-
daten und Pferden u. s. w. Zum andern Teile
haben sie obligatorisch-kommunale Zwecke zu
erfüllen; dahin gehören die Ausgaben für Schul-,
Armen-, Wege-, Brücken- und Feuerlöschwesen.
Teils beziehen sie sich auf fa kultativ-kom-
munal e Zwecke, d. h. folche, die das geistige
und materielle Leben der Gemeindeangehörigen för-
dern und bequemer gestalten sollen. Hierher ge-
höreil die Ausgaben für höhern Unterricht, Kunst,
Wissenschaft, Mufeen, Theater, Promenaden, Park-
anlagen, Kanalisierung, Pflasterung, Straßenreini-
gung, Beleuchtung, Wasserleitung, Schlachthöfe,
Markthallen u. s. w. Zu den wichtigsten Ausgaben
der Gemeindeverwaltung gehören die für das Schul-
wefen sinsbefondere Volksschulwefen), für die Armen-
pflege und die Hospitäler.
Folgende Tabellen geben eine vergleichende Über-
sicht über die Einnahmen und Ausgaben eini-
ger europäischen Großstädte für das 1.1886.
Großstädte
Paris < . .
Berlin . . .
Petersburg. .
Wien . . .
Budapest . .
Lyon . . .
Amsterdam. .
Mailand . .
Breslau . .
Kopenhagen .
Turin . . .
München . .
Dresden . .
Stockholm . .
Prag . . .
Frankfurt a. M.
Kristiania . .
Leipzig . . <
Barmen. . .
Gesamteinnahmen
Mill. Frs.
303,2
Darunter
außer-
ordentliche
Einnahmen
Mill. Frs.
direkte Steuern
pro Kopf
Mill. Frs. Frs.
indirekte Steuern
Mill. Frs.
pro Kopf
53,3
31,9 !
10,3
36,0 !
0,7
12,6 !
3,4
27,2 j
1,4
6,i
3,9
3,2
36,4
7,8
?
3,8
-
4,2
4,1
7,2
1,9
1,4
8,6
4,1
2,1
4,1
?
4,9
7,9
5,2
5,3
6,0
2,5
4,7
0,08
4,8
0,3
1,8
13,7
26,7
14,3
35,8
14,2
8,1
20,5
10,6
13,8
24,8
5,0
15,3
16,0
22,5
29,4
38,2
34,8
27,9
17,i
148,0
1,0
1,1
4,8
6,6
10,1
1,1
6,i
1,"
1,2
6,5
4,8
1,3
3,3
1,3
0,4
0,3
0,02
63,6
0,8
1,3
6,3
15,2
25,2
3,0
17,0
6,3
4 ?
2<7
17,9
5^
15,2
7,5
2,5
2,4
0,2