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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gesellenbau - Gesellschaft (juristisch)
oder welche zu ihrer Unterstützung bestimmt sind.
Solche Unterstützungskassen sind bei den Innungen
in Aussicht genomnien. llber die Erledigung von
Streitigkeiten zwischen G. und ihren Arbeitgebern
s. Gewerbegerichte, llber Krankenversicherung und
Unfallversicherung s. diese Artikel; über Alters-
und Invaliditätsversicherung s. Altersrente uud
Invaliditäts- und Altersversicherung.
llber die srühere Bezeichnung G. beim Berg-
bau s. Eigenlehner. ^Eigenlehner (s. d.).
Gesellenbau, der Betrieb eines Bergwerks durch
Gefellenschaft, s. Eigenlehner und Gesell.
Gesellenvereine, die auf kath.-konfessioneller
Grundlage und unter dem leitenden Eiufluß der
Geistlichkeit seit den vierziger Jahren des 19.^Jahrb.
bestebenden Vereine von Handwerksgesellen. Sie sind
ome Schöpfung des Kolner Domvikars Kolping lgest.
1865) und sollen die Gesellen vor schlechter Gesell-
schaft bewahren, sie namentlich den Herbergsspelun-
ken und dem liederlichen Wirtshausleben entzieben;
zur Verwirklichung desselben gewähren sie billige
Wohnung und Beköstigung den ortsanwesenden Ge-
sellen, unentgeltliche Beherbergung reisenden und
stellenlosen Gesellen; Spar- und Hilfs-, namentlich
Krankenkassen sind gegründet worden; auch Arbeits-
vermittelung und Auskunft wird von den Vereinen
nach Möglichkeit geboten. Wöchentlich einmal pflegen
die ordentlichen Versammlungen des Vereins statt-
zufinden, die durch Beratungen, Vorträge, auch durch
Gesang, Musikaufführungen und gesellige Unter-
haltungen ausgefüllt werden. Die größern Vereine,
Unterrichtskurse in sprachen, Buchhaltung u. s. w.
organisiert. Die Lokalvereine haben eigsne Vor-
standschaften, die zum Teil aus nicht zum Gesellen-
stande gehörenden Ehrenmitgliedern, namentlich
Meistern, bestehen. Die Vorstandschaft wählt einen
Präses, der immer ein kath. Geistlicher sein und vom
Bischof bestätigt werden muß und auch nur vom
Bischof abgesetzt werden kann. Als ordentliche Mit-
glieder können in der Regel nur unverheiratete katb.
Handwerksgesellen aufgenommen werden. Die weg-
ziehenden Mitglieder erhalten ein Wanderbuch und
können auf Grund desselben bei andern Vereinen
wieder eintreten.
in Beziehung, indem sie zunächst größere Verbände
meistens innerhalb einer Diöcese unter einem Diö-
cesanpräses bilden, die ihrerseits wieder unter einem
Generalpräses stehen, der seinen Sitz in Köln hat.
1894 zählte der große kath. Gesellenverein gegen
900 Zweigvcreine mit über 100 000 Mitgliedern
und 190 eigenen Hospizen; davon entfallen auf:
Staaten
iVereinelHospize
Preußen, Baden, Württembevq . . ! 477 132
Sachsen............... 10 4
Bayern............... 185 41
Österreich-Ungarn.......... 160 36
Luxemburg............. 2 1
Schweiz............... 30 4
Niederlande............. 8 7
Belgien............... 3 1
Frankreich, England, Dänemark,
Schweden, Rom ......... 5
Amerika............... 4
Ägypten (Alerandrien)....... 1
Ein Verzeichnis der Vereine enthält das vom Gene-
ralpräsidium herauvgcgc'bcllc "Wanderbüchlein".
Vvockhaus' Ku"vl.'rsations'Lcxitoil. 11. Aufl.. VII.
Die größten Vereine, zum Teil über 1000 Mit-
gliederumfassend, giebt es in Köln, Wien, München,
Düsseldorf und Stuttgart. Die Mitgliederzahl des
Kölner Vereins stellt sich auf 1000 ledige Gesellen
nnd 400 verheiratete Gesellen und Meister. Er ge-
währt jährlich über 3000 durchreisenden Gesellen m
zwei Hospizen. Aufnahme und gegen mäßige Ver-
gütung ständige Wohnung und Kost an 255 Ge-
sellen. Die Krankenkasse zählt 700 Mitglieder, die
Sparkasse ein Vermögen von 200000 M. - llber
das prot. Gegenstück zu diesen katholischen G.
s. Iünglingsvereine.
In Frankreich entsprechen den G. die l^6i'ci08
ccit1i0li(inc8 (1'mivi-i6r3; um ihre Verbreitung hat
sich besonders der Graf A. de Mun verdient gemacht.
Als Organe der katholischen G. erscheinen in Köln
die "Rhein. Volksblätter" und in München der
"Arbeiterfreund". - Vgl. ^chaefser, Adolph Kol-
ping <3. Aufl., Paderborn 1894); Vongartz, Das
kalb.-sociale Vereinswesen in Deutschland (Würzb.
1879); Dehn, Die katholischen G. in Deutschland
l Berl. 1882); .Handwörterbuch der Staatswissen-
schaften, Bd. 3 (Jena 1892), S. 837 fg.
Gesellschaft in sociologischer Bedeutung,
s. Sociologie. - Civilrechtlich heißt G. die Ver-
bindung von zwei oder mehrern Personen durch einen
Vertrag zur Erreichung eines gememsamcn Zweckes
mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln (Preuß.Allg.
^andr. 1,17, §.109; Osterr. Bürgert. Gesetzb. §. 1175;
Sächs. Bürgert. Gesetzb. §. 1359; 0l)ä" civil Art.
1852 ;Schloeizer Obligationenrecht Art. 524). Der G.
charakteristisch ist die Gleichartigkeit des Interesses
und der Rechtsstellung der Gesellschafter^ Wenn ein
Geschäftsinhaber seinem Handlungsgehilfen einen
Anteil am Gewinn sichert (coinmig im"i-6886), so
oestebt zwischen ihnen keineG. Der gemeinschaftliche
^weck kann Vermögenserwerb (s. Erwerbsgesell-
schaft), gemeinschaftlicher Genuß, ein wissenschaft-
licher, künstlerischer, wohlthätiger sein; einige Ge-
setze sprechen nur von vermögensrechtlichen Vor-
teilen. Von den handelsrechtlichen G. (s. Aktie
undAktiengesellschaft,Gelegenheitsgesellschaft,Konl-
manditgesellschaft, Ossene Handelsgesellschaft, Stille
Gesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung),
den Genossenschaften (s. d.) und Erwerbs- und Wirt-
schaftsgcnofsenschaften (s. d.) scheidet sich die G. des
bürgerlichen Rechts oder einfache G. (Schweizer
51 bligationenrecht Art. 524). Übrigens kann sich eins
G. nicht bloß auf den gesamten Erwerb, sondern
auch auf das ganze Vermögen beziehen (so^tHg
oinnium donoi'aia). Der Vertrag bedarf, um das
Gesellschaftsverhältnis unter den Kontrahenten, alfo
ein Forderungsrecht zu begründen, keiller besondern
Form. Nach Preuh. Allg. Landr. §. 170 müssen
der Zweck der Verbindung und das Verhältnis der
Verbundenen bei und zur Erlangung desselben bei
Strafe der Nichtigkeit durch einen schriftlichen Ver-
trag festgesetzt werden. Ist ohne schriftlichen Ver-
trag durch die gemeinschaftlichen Verwendungen der
Gesellschafter etwas erworben, so wird ein solcher
Erwerb als gemeinschaftliches Eigentum (s. Gemein-
schaft) beurteilt (ß. 177). Eine allgemeine Gemein-
schaft des Erwerbs soll nur durch einen gerichtlich
geschlossenen Vertrag gültig eingegangen werden
(§. 178). Der Deutsche Entwurf §. 350 fordert ge-
richtliche oder notarielle Errichtung, wenn jemand
sein ganzes Vermögen oder einen Bruchteil davon
überträgt; der <^0ä6 civil Art. 1834 schließt bei
einem Gegenstand von mehr als 150 Frs. den
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