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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Gipsabguß; Gipscement; Gipsdecke; Gipsdielen

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Gipsabguß – Gipsdielen

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Gips'

  • künstlich aufgehäuften Thonmassen als ganz jugendliche Absätze aus dem Wasser beobachtet hat. Besonders schöne und große Krystalle finden sich in den sog. Krystallschlotten der Grafschaft Mansfeld und im Herzog-Ernst-Stollen bei Reinhardsbrunn am Thüringerwalde, am letztern Orte bis 30 cm dick und 2 m lang. Die durch Zerspaltung der Krystalle erhaltenen perlmutterglänzenden Tafeln nennt man Fraueneis, Jungfernglas oder Marienglas, weil man sie wegen ihrer Reinheit als Sinnbild der Keuschheit betrachtete und die Marienbilder damit zu schmücken pflegte; man hat sie, wie den Glimmer, zu Fensterscheiben benutzt.

  • 2) Fasergips, der in der Form von Platten oder Trümmern gewöhnlich Spalten ausfüllt.
  • 3) Körniger G., ein krystallinisch-körniges Gestein, das unter der Benennung Alabaster (s. d.) zu mancherlei Kunstwerken benutzt wird.
  • 4) Dichter G., eine sehr verbreitete Varietät dieses Gesteins, oft durch Thon oder Bitumen grau gefärbt.
  • 5) Porphyrartiger G., der körniger oder dichter G. ist, mit in der Masse zerstreuten, oft rosettenartig zusammengeschossenen Gipskrystallen.
  • 6) Schaumgips oder Gipserde, aus lauter feinen krystallinischen, nur lose zusammengehäuften Blättchen bestehend.

Der G. tritt als Gestein vorzugsweise nur in geschichteten Sedimentärformationen auf, und zwar in Deutschland hauptsächlich mit Steinsalz zusammen in der Zechstein-, Buntsandstein-, Muschelkalk- und Keuperformation, in deren Bereich er manchmal mauerartige Bergzüge oder schroffe Felsen bildet. In vulkanischen Gegenden bildet sich der G. durch die Einwirkung der Exhalationen von Schwefelwasserstoff und schwefliger Säure auf die Kalksilikate des Bodens, und die dortigen Tuffe sind oft reichlich mit Knollen und Schnüren von G. erfüllt. Viel G. ist im Laufe der Zeit durch Aufnahme von Wasser aus Anhydrit (s. d.) entstanden, und so besitzen viele Gipsberge in ihrem Innern noch einen gewaltigen Kern von Anhydrit, auch erkennt man unter dem Mikroskop in Dünnschliffen von G. noch oft die Reste des ursprünglich an seiner Stelle vorhanden gewesenen Anhydrits. Anhydritpulver, an feuchter Luft liegend, bedeckt sich mit mikroskopischen Kryställchen von G. Der G. gestattet eine vielseitige praktische Verwertung.

Im Bauwesen findet der G., nachdem man ihn durch Glühen von seinem Wassergehalt befreit hat, vielfach Verwendung an Stellen, die vor Feuchtigkeit geschützt sind; so als Zusatz zu Kalk und Cement (Gipskalk, Gipscement) bei der Herstellung von Wand-, Rohrdecken- und Gesimseputz. Als Bindemittel tritt der G. ferner auf bei verschiedenen Arten von Deckenstuck (Trocken-, Staff- oder Steinstuck, Tripolith, Holzgipstrockenstuck), bei Gipsdielen und Spreutafeln (s. Gipsdielen), bei dem Gips-Estrich (s. Estrich), dem Monier-System (s. d.), dem Rabitz-Patent (s. d.), dem Pariser System für Decken (s. Decke), als Gipsmarmor zur Bekleidung von Wänden und Säulen sowie endlich bei der Herstellung gegossener Stuckornamente (s. Stuccateurarbeit). In der Technologie benutzt man G. als Zusatz zu Farben, um sie heller zu machen; in der Papierfabrikation als Füllstoff (s. Annaline); als festigenden Zusatz zu Porzellan; zum Veredeln der Weine (s. Gipsen). – Die Landwirtschaft benutzt G. als Dünger (s. d.), die Chirurgie als erhärtendes Mittel bei Verbänden (s. Gipsverband). In der ↔ Bildnerei wird G. verwendet zu Abgüssen von Natur- und Kunstgegenständen, z. B. Statuen (s. Abguß). Feinfaserigen G. verarbeitet man zu Perlen und andern Schmuckgegenständen, dichten und feinkörnigen zu Vasen, Säulen u. s. w. Andr. Verrocchio zu Florenz, 1432–88, war einer der ersten, der in der neuern Zeit Teile des menschlichen Körpers in G. abformte. – Vgl. Böhmer und Neumann, Kalk, G., Cement (Weim. 1886); Hüttmann, Der Gipser als Cementierer u. s. w. (ebd. 1886); Tarnawsky, Kalk, G. u. s. w. (Wien 1887).

Gipsabguß, s. Abguß.

Gipscement, s. Gips.

Gipsdecke, s. Decke.

Gipsdielen, Hartgipsdielen, Macksche G., Schilfbretter (System Giraudi), Gipstafeln mit Einlagen von Rohr, welches zur Versteifung und als isolierende Luftschicht, somit als schlechter Schall- und Wärmeleiter dient. Die Masse gilt als feuersicher, d. h. sie selbst brennt nicht, leitet die Wärme nur schlecht und kann somit zur Isolierung von Holz- und Eisenkonstruktionen verwendet werden. Die Platten werden, bei einer Stärke von 2,5–8 cm, 1,80–2,50 m lang und 20–25 cm breit gemacht und dienen zur Herstellung innerer Scheidewände von 5–7 cm Stärke. Sie können auch beiderseitig geputzt werden. Auch als äußere Umfassungswände von Baracken, Fabriken, Bahnwärterbuden, provisorischen Bauten haben sie sich bewährt und werden als solche aus zwei Lagen hergestellt, welche mit dem innern Holz- oder Eisenfachwerk durch Nagelung befestigt werden. Auf diese Weise sind die Außenwände der Baracke des Kochschen Instituts für Infektionskrankheiten in Berlin hergestellt. Eine weitere Anwendung der G. ist die zu Wand- und Deckenverkleidungen an Stelle der Schalung, Berohrung oder Putz, ferner zu Decken zwischen eisernen Trägern mit Umhüllung der untern Flanschen, zu Dachschalung mit doppelter Asphaltpappeneindeckung, zu Zwischenböden an Stelle von Stakung oder Lehm-Estrich. Die Preise für G. der Aktiengesellschaft für Monier-Bauten, vormals G. A. Wayß + Comp., in Berlin sind nach dem «Baugewerkskalender» für 1893:

1 qmScheidewände, 5–7 cm stark3,50–5,50 M
1 "Wand- und Deckenverkleidungen, 2 ½ –3 cm stark2,50–3,00 M
1 "Außenwände, 2,5–5 cm stark, auf wetterfestem Putz3,50–5,00 M
1 "Decken, 5–7 cm stark, zwischen I-Trägern mit Umhüllung der untern Flanschen4,00–5,50 M
1 "Dachschalung, 5–7 cm stark, mit doppelter Asphaltpappeneindeckung4,50–5,50 M
1 "Zwischenböden, 3–7 cm stark1,50–2,50 M

Ein den G. ähnliches Material sind die von Katz in Stuttgart erfundenen Spreutafeln, welche ein Gemenge von Gips, Kalk, Spreu, kleingehacktem Stroh und Tierhaaren sind, welche Materialien mit Leimwasser gebunden werden. Sie erhalten eine Stärke von 10–14 cm und sind ebenso zu verwenden wie die G. Die Preise für Spreutafeln von Katz sind folgende:

Hohle Wände, 10 cm stark, samt beiderseitigem leichten Putz, pro qm3,30–3,70 M
Hohle Wände, 12 cm stark, samt beiderseitigem leichten Putz, pro qm4,00–4,40 "
Als Zwischenboden aus Lattung (Stakung), Balken mitgemessen, fertig verlegt, pro qm1,80–2,00 "
Als Zwischenboden und Putzträger zugleich, wobei Stakung und Deckenschalung durch die Spreutafeln ersetzt werden:
Bei Tafeln von 10 cm Stärke ohne Putz pro qm2,70–3,00 "
Bei Tafeln von 10 cm Stärke mit Putz pro qm3,30–3,60 "