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Gladstonianer – Glais-Bizoin
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Gladstone'
Vordergrund, durch die Irland ein eigenes Parlament zur Regelung der ausschließlich irischen Angelegenheiten gewährt werden
sollte. Sofort rief er damit eine Spaltung im liberalen Lager hervor, Hartington, Chamberlain, Trevelyan und Bright fielen von ihm ab
und traten an die Spitze einer selbständigen liberalen Partei, der «Unionisten» (s. d.). In einer
bedeutungsvollen Rede entwickelte G. 8. April 1886 die Grundzüge seiner Home-Rule-Politik vor dem Unterhaus, doch vermochte
er keine Mehrheit für seine Ansichten zu gewinnen. Auch die einer Parlamentsauflösung folgenden Neuwahlen fielen durchaus zu
Gunsten der vereinigten Konservativen und Unionisten aus, und 20. Juli 1886 räumte G. wieder Salisbury den Platz. Die von der
Königin ihm angebotene Grafenwürde lehnte er ab und beteiligte sich trotz seiner hohen Jahre noch immer in lebhaft agitatorischer
Weise am öffentlichen Leben. Die konservative Regierung, vor allem natürlich ihre irische Politik, wurde stark von ihm angefeindet;
nur in auswärtigen Fragen verhielt er sich mehr entgegenkommend. Nach Parnells Verurteilung in dem Ehescheidungsprozeß des
Kapitän O'Shea (Nov. 1890) verlangte G. entschieden dessen Rücktritt von der irischen Parteileitung und wußte den größten Teil
der irischen Nationalpartei zu bestimmen, sich von ihm loszusagen. Bei den Neuwahlen zum Parlament errang die liberale Partei mit
der irischen Nationalpartei eine zwar nur geringe Majorität, und G. wurde zum viertenmal zur Bildung eines Ministeriums berufen, mit
dem er Aug. 1892 die Regierung übernahm. Im Febr. 1893 trat er mit seinem neuen abgeänderten Home-Rule-Antrag vor das
Unterhaus und brachte ihn dort trotz des heftigsten Widerstandes der Gegenparteien durch alle drei Lesungen; vom Oberhaus
wurde er jedoch mit großer Majorität abgelehnt. Besonderes Aufsehen und größte Bewunderung erregte die geistige und
körperliche Leistungsfähigkeit, mit welcher der greise Premierminister («The grand old man»)
unermüdlich selbst in den Verhandlungen thätig war. – Dieselbe Frische, die er im öffentlichen Leben zeigte, bewies er auch in
fortgesetzter litterar. Thätigkeit. Er veröffentlichte: «The impregnable rock of Holy Scripture»
(1890) und «Special aspects of the Irish question» (1892); seine
«Speeches and public addresses» (10 Bde., Lond. 1892) gaben Hutton und Cohen heraus.
(S. Großbritannien.)
Sein ältester Sohn, William Henry G., war zeitweise Unterhausmitglied und 1869–74 Lord der
Schatzkammer. Der zweite, Stephen, ist Pfarrer in Hawarden. Der jüngste und bedeutendste,
Herbert John G., geb. 7. Jan. 1854, herangebildet zu Eton und Oxford, kam 1880 für Leeds
ins Unterhaus, das er seitdem vertritt. Er wurde 1886 von seinem Vater zum Privatsekretär und Lord der Schatzkammer ernannt und
trat mit diesem in demselben Jahre zurück. In G.s viertem Ministerium ist er Parlamentssekretär des Innern.
Vgl. George Barnett Smith, The life of G. (2 Bde., Lond. 1879 u. ö.); Emerson,
G., prime minister of England (ebd. 1881); Thomas Archer,
Will. E. G. and his contemporaries; fifty years of social and political progress (4 Bde., ebd.
1883 u. ö.); Russell, Biography of W. E. G. (ebd. 1891); Ellis,
W. E. G. (ebd. 1892); Dronsart, W. E. G. (Par. 1893).
Gladstonianer nennt man die unter der Führung Gladstones stehenden Anhänger des Home-Rule für
Irland; so genannt im Gegensatz zu den Mitgliedern der Parteien, die sich zur ↔ Aufrechterhaltung der
Reichseinheit vereinigt haben (s. Unionisten und Tory). Die G. zählen in dem 1892
gewählten Parlament 356 Mitglieder und bestehen aus den Liberalen, die 1886 bei der Trennung der Partei zu Gladstone hielten,
und die man auch im engern Sinne G. nennt, sowie den in Parnelliten und Antiparnelliten zerfallenden
Home-Rulers (s. d.).
Glagolica (spr. -itza) ist der Name eines der beiden Alphabete, in denen die
älteste kirchenslaw. Litteratur überliefert ist. Das andere ist die Kyrillica, die für die Schreibung
des Slawischen angewendete griech. Majuskelschrift. Die G. ist aber ebenfalls griech. Ursprungs und zwar die in eigentümlicher
Weise stilisierte Minuskelschrift. Der Versuch, die G. auf ein angeblich altes, national-albanes. Alphabet zurückzuführen
(L. Geitler, «Die albanes. und slaw. Schriften», Wien 1883), ist mißlungen; ebenso sind frühere Ansichten, die G. sei aus orient.
Alphabeten oder aus slaw. Runen entstanden, aufgegeben. Die G. ist bei zwei slaw. Stämmen in Gebrauch gewesen: bei den
Bulgaren und bei den Kroaten; bei den erstern ist der Duktus der Schrift rund (daher runde oder bulgarische G.), bei den letztern
eckig (eckige oder kroatische G.). In Bulgarien ist die G. früh, wohl schon im 12. Jahrh., außer Gebrauch gekommen. Nach Kroatien
wurde sie sehr früh verpflanzt, wahrscheinlich schon durch unmittelbare Schüler von Cyrillus und Methodius, und blieb hier weit
länger in Gebrauch, nicht bloß für Kirchenbücher, sondern auch für Urkunden. Einige Gemeinden erhielten nach der Kirchenspaltung
in occident. und orient. Kirche vom röm. Stuhle das Privilegium, die Liturgie in slaw. Sprache und glagolitischer Schrift zu behalten,
und haben sich dies zum Teil bis jetzt erhalten; für diese sind in Rom kirchliche Schriften in glagolitischer Schrift gedruckt worden.
Die krainischen Reformatoren, Truber und Genossen, ließen ebenfalls in kroat. Sprache glagolitisch drucken zum Unterricht der
Kroaten, sodaß auch eine kleine prot. Litteratur in glagolitischer Schrift existiert.
Glais-Bizoin (spr. glä bisŏäng), Alexandre, franz. Politiker, geb. 9. März 1800
zu Quintin (Depart. Côtes-du-Nord), betrat 1822 die Advokatenlaufbahn und gehörte als Demokrat und Republikaner zu den
eifrigsten Gegnern der Restauration. Nach der Julirevolution vom Arrondissement Loudéac zum Deputierten erwählt, vertrat er
seinen Wahlbezirk bis 1848. Nach der Februarrevolution wurde er vom Depart. Côtes-du-Nord in die Constituante gesandt, wo er
größtenteils mit der Bergpartei stimmte. Das J. 1863 brachte ihn wieder als Oppositionsmann für das Depart. Côtes-du-Nord in die
Kammer. G. unterlag zwar 1869 bei den allgemeinen Wahlen, wurde jedoch Nov. 1869 von der republikanischen Partei in Paris
durchgebracht und nach dem Sturze des Kaiserreichs 4. Sept. 1870 in die Provisorische Regierung berufen. In die
Nationalversammlung von Bordeaux gewählt, siedelte er mit dieser nach Versailles über, ließ sich aber fast nie auf der Tribüne
hören. Auch als Schriftsteller hat sich G. versucht; man hat von ihm zwei Lustspiele:
«Une vraie Bretonne ou un cas pendable» (1864) sowie
«Le vrai courage ou un duel en trois parties» (1862), die nicht ganz ohne dichterischen Wert
sind. Im Juni 1868 rief G. im Verein mit Hérold, Pelletan u. a. die demokratische Wochenschrift
«La Tribune française», deren Herausgeber er wurde, ins Leben. 1872 veröffentlichte
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 33.