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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Glaskörper; Glaskunstindustrie

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Glaskörper - Glaskunstindustrie

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Glaskopf'

Zusammensetzung erscheint. Dazu gehört der rote G., eine faserige Ausbildungsart des Eisenglanzes (s. d. und Blutstein); der braune G., das Eisenoxydhydrat H6Fe4O9, das auch in dem dichten Brauneisenstein (s. d.) vorliegt, nelkenbraun, an der Oberfläche meist etwas dunkler gefärbt; diese beiden sind ausgezeichnet faserig; der schwarze G. oder Psilomelan, eisenschwarz bis bläulichschwarz, im Innern nicht faserig, sondern mit muscheligem bis ebenem Bruch, eine wasserhaltige Sauerstoffverbindung von Mangan, namentlich wohl Mangansuperoxyd, auch Manganoxydul, ohne konstante Zusammensetzung.

Glaskörper, s. Auge (Bd. 2, S. 105 b).

Glaskunstindustrie. (Hierzu die Tafeln: Glaskunstindustrie I und II.) Die nach künstlerischen Gesichtspunkten betriebene Herstellung von Glaswaren beruht auf dreierlei ästhetischen Momenten, auf Form, Farbe und Durchsichtigkeit. Die beiden ersten teilt das Glas mit andern Kunstzweigen, die letzte ist sein eigen. Die Durchsichtigkeit ist es auch, welche der Form und der Farbe ihre Besonderheit verleiht, daher sie bei jeder künstlerischen Bearbeitung zu beachten ist. Die drei Zeitabschnitte, in denen die G. am höchsten stand, sind: das Altertum, die Renaissance und die neuere Zeit seit dem 17. Jahrh. Im höchsten Altertum wurde schon Glas von den Ägyptern gefertigt, deren Wandbilder bereits Darstellungen der Bearbeitung mit Schmelzofen, Pfeifen und Gebläse geben. Von Ägypten ging die Technik nach Phönizien über, dem fälschlich die Erfindung zugeschrieben wird, dann nach Griechenland und Italien, und erreichte ihre höchste Blüte in den ersten Jahrhunderten der röm. Kaiserzeit (s. Diatreta). Die Glasfabrikation der Renaissance hatte im 15. und 16. Jahrh. ihren bevorzugten Sitz in Venedig mit den Fabrikstätten auf der Insel Murano, und als dieses venet. Glas an Bedeutung sank, erhob sich in dritter Epoche, etwa seit der Mitte des 17. Jahrh., die böhmische G., der die englische bis in die neueste Zeit folgte. Erst seit der Mitte des 19. Jahrh. kann man eine vierte Epoche datieren; doch ist dieselbe noch nicht abgeschlossen, und ihre Wesenheit besteht zum großen Teil in Aufnahme und Weiterbildung der Besonderheiten der vorausgegangenen Epochen der G.

Den drei großen genannten Epochen entsprechen auch drei nach Technik und nach äußerer Erscheinung verschiedene Arten von Glaswaren. Allen dreien ist zwar die Bearbeitung durch Schmelzung, durch Herausblasen der Form und nachträgliche Behandlung mit Eisen, mit Schleifen oder Gravieren gemeinsam, aber indem eine jede Epoche auf die eine oder andere Technik den Nachdruck legt, sind die charakteristischen Unterschiede entstanden. So läßt sich das antike Glas als das musivisch zusammengeschmolzene bezeichnen, das venetianische als das (vorzugsweise) geblasene, das moderne böhmisch-englische als das geschliffene. Was sonst anderswo in andern Ländern an Glasgegenständen hergestellt worden ist oder heute hergestellt wird, das folgt der einen oder der andern Richtung. Im Mittelalter wurde das Glas für Gefäße bis zum Emporblühen der venet. Fabriken wenig oder gar nicht in künstlerischem Geiste behandelt; dafür wurde im Norden die Glasmalerei (s. d.) und im Süden die Glasmosaik (s. Mosaik) gepflegt.

Das antike Kunstglas (s. Taf. 1, Fig. 2) wurde durch farbige Pasten zu einer Masse verschmolzen. ↔ Die Technik ist keine andere, als wie sie heute in antiker Tradition die Venetianer üben. Die Pasten in Form von cylinderförmigen Stäben werden aneinander geschmolzen, gedreht, durch Blasen auseinander gebreitet, oder es wird die Form aus der so bereiteten Masse hohl herausgeschliffen. Die farbige Zeichnung, welche durch die ganze verschmolzene Masse hindurchgeht und das hauptsächlichste künstlerische Motiv ausmacht, bildet Zacken, Wellenornamente, geometr. Ornamente, Laubwerk, Ranken, Blumen, selbst Köpfe und Figürchen; die Form der Gefäße schließt sich denen der antiken Terrakotten an, nur sind die Profile mehr gerundet, weniger scharf an den Kanten und weniger reich gegliedert. Glaswaren dieser Art fertigten die Ägypter, dann die Griechen und Römer. Doch hatten die antiken Glasgefäße daneben noch mannigfache Eigenarten. Ungefärbte, verschieden geformte Schalen und Flaschen aus Glas, zum Teil mit vierseitig eingedrückter Wandung, waren in der röm. Kaiserzeit vielfach im Gebrauch, wie die reiche Sammlung des Nationalmuseums in Neapel lehrt. Einfarbig oder in mehrfach gefärbten Schichten übereinander (Überfang) wurde das Glas zur Nachahmung von Edelsteinen, namentlich von Kameen benutzt. Es wurden aber auch Gefäße in der Weise hergestellt, daß eine auf dunkeln Grund aufgetragene weiße Glasschicht nach gewisser Zeichnung hinweggeschliffen wurde, sodaß Ornamente, Pflanzen, Figuren im Relief stehen blieben. Von dieser Art ist die berühmte Portlandvase in London, zu der sich ein Seitenstück (Glasgefäß mit weißem Amoretten- und Blätterwerk auf blauem Grunde, 1837 in einem Grabe bei Pompeji gefunden) im Museum zu Neapel befindet. Auch wurden aus dem Überfang Buchstaben hohl herausgeschliffen, sodaß sie nur mit Kopf und Fuß am Grunde festsaßen. Eine besondere Art, in den röm. Katakomben gefunden, bilden Schalen von grünlichem Glas mit christl. Darstellungen, mit Emblemen, Figuren und Köpfen aus Gold, die in die Glasmasse eingeschmolzen sind. Alle diese und andere Arten des antiken Glases haben die jetzigen venet. Fabrikanten auf der Insel Murano zugleich mit ihren eigenen Kunstweisen aus dem 15., 16. und 17. Jahrh. wieder zu beleben versucht.

Die venet. Glasfabrikation, offenbar auf antiker Grundlage beruhend, scheint aber erst mit der Renaissance ihren eigentümlichen Kunststil gefunden zu haben. Das Wenige, was sich von venet. Gläsern aus dem 15. Jahrh. erhalten hat, zeigt eine noch ziemlich unbeholfene Form und Technik. Es sind Trinkgefäße mit tonnenförmiger, eckiger Gestaltung auf hohem Fuße (s. Taf. I, Fig. 3), meist von grünem oder blauem Glas und mit bunten, eingebrannten Emailfarben verziert. Diese bemalten Glasgefäße, die Vorbilder der deutschen bemalten Gläser des 16. und 17. Jahrh., sind ihrerseits ohne Frage durch orient. Gefäße des Mittelalters mit emaillierten Farben angeregt worden (s. Taf. I, Fig. 1). In Venedig verschwand aber diese Art des bemalten Glases mit dem 16. Jahrh.; statt dessen wurde, dem Geiste der Renaissance entsprechend, der künstlerische Wert auf die äußerste Zierlichkeit und Schönheit der Form gelegt sowie auf die größte Leichtigkeit und Dünnheit des meist farblosen Materials. Die Form, bloß durch Gebläse, Eisen und Anschmelzung hergestellt, ohne nachträglichen Schliff, erforderte von seiten des Arbeiters eine geschickte Hand und volles Verständnis der Form, die noch heute auch in unsern Augen den Reiz dieser Glasgefäße bildet.

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 52.