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Gmünd (in Österreich) – Gnade
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Gmünd (in Württemberg)'
arbeiten, Mobilien, Tabletterie-, Holzschnitz- und Drechslerwaren; ferner Eisengießereien, Mühlwerke sowie Obstbaumzucht. Bedeutend ist die
Ausfuhr von Gold- und Silberschmuckwaren und silbernen Geräten. 7 km im SW. zwischen dem Hohenstaufen und dem Stauffen die zwei Kuppen des
Rechberges, die eine mit einer Wallfahrtskirche, die andere mit der Ruine des ehemaligen Schlosses Rechberg
oder Hohenrechberg, der Stammburg der Grafen von Rechberg. – G. hieß früher Kaisersreuth und machte sich
nach dem Aussterben des hohenstaufischen Hauses reichsfrei. Ungeachtet der innern Fehden zwischen Patriciat und Zünften, die selbst noch zu
Anfang des 18. Jahrh, sich erneuten, blieb es selbständig, bis es 1803 an Württemberg kam. - Vgl. Grimm, Geschichte der ehemaligen Reichsstadt
G. (Gmünd 1867); Kaißer, Führer durch G. und seine Umgebung (ebd. 1882).
Gmünd. 1) Stadt im Gerichtsbezirk Schrems der österr.
Bezirkshauptmannschaft Waidhofen a. d. Thaya in Niederösterreich, rechts an der Leinsitz, in welche daselbst die Braunau mündet, an den Linien
Wien-G.-Pilsen-Eger und G.-Prag (186 km) der Österr. Staatsbahnen, hat (1890) 1015, als Gemeinde 2331 E., Post, Telegraph, Reste einer alten
Befestigung, Schloß des Erzherzogs Rainer mit bedeutendem Grundbesitz, bedeutende Werkstätten der Franz-Josephsbahn, eine Teppichfabrik,
Schmieden, Sägemühlen und in der Umgegend große Glasfabriken. –
2) Stadt in der österr. Bezirkshauptmannschaft Spittal in Kärnten, hat (1890) 895, als Gemeinde 905 deutsche
E., Post, Telegraph, Bezirksgericht (690,50 qkm, 6 Gemeinden, 97 Ortschaften, 8079 deutsche meist kath. E.),
guterhaltene Mauern und Thore, schöne got. Kirche, neues Schloß des Grafen von Lodron, Eisenhammer, Blech- und Formeneisenwalzwerk, Walzwerke,
Handel mit Holz und Vieh. Der Name der Stadt kommt von ihrer Lage am Zusammenflusse der Malta und Lieser (732 m), und diese Lage am Ausgange
zweier durch landschaftliche Reize ausgezeichneter Hochgebirgsthäler macht sie zum Zielpunkte vieler Reisenden. Eine Höhe nördlich der Stadt
trägt die Reste des alten Schlosses. Nordöstlich von G., nahe der Salzburger Grenze, die Eisengruben Grünleiten, Altenberg und Innere Krems,
mit mächtigen Lagern von Braun-, Magnet- und Spateisenstein, stammen aus dem 15. Jahrh. Die geschmolzenen Erze werden in Eisentratten
verschmolzen, wo außer dem Hochofen noch eine Frisch- und Puddelhütte sich befindet.
Gmünd, Heinrich und Peter von, Baumeister, s. Parler.
Gmunden. 1) Bezirkshauptmannschaft in Oberösterreich, hat
1411,14 qkm und (1890) 54704 (26400 männl., 28304 weibl.) meist kath. deutsche E., darunter 5568 Evangelische
und 79 Israeliten, 9287 Häuser und 13250 Wohnparteien in 17 Gemeinden mit 216 Ortschaften und umfaßt die Gerichtsbezirke G. und Ischl. –
2) Stadt und Sitz der Bezirkshauptmannschaft G., in 422 m Höhe, an dem Ausflusse der Traun und dem Nordende
des Traun- oder Gmundenersees (s. Traunsee), gegenüber dem fast senkrecht emporsteigenden Traunstein (1691 m), an den Linien
Schärding-Ischl-Selzthal und G.-Lambach (27 km) der Österr. Staatsbahnen, Sitz eines Bezirksgerichts (626 qkm, 11 Gemeinden, 138 Ortschaften,
31845 E.), einer Forst- und Domänendirektion, hat (1890) 1491, als Gemeinde 6476 E., Post, Telegraph, kath. Kirche mit schön ↔
geschnitztem Altar (1656) von Schwanthaler, evang. Kirche (1876), Rathaus, Sparkasse, Wasserleitung (seit 1892), zahlreiche Villen und ist
bekannt als Kurort und angenehmer Sommeraufenthalt. Die Kurmittel bestehen in See- und Solbädern, Alpenkräuter- und Fichtennadelbädern, einem
Inhalationssalon, einer pneumat. Kammer, Molken- und Kaltwasseranstalt (1889: 12453 Kurgäste). G. zählt zu den schönstgelegenen Städten
Österreichs und ist reich an schönen Spaziergängen und herrlichen Gebirgstouren; erwähnenswert die Dampferfahrt zum Traunfall. Vom
Kalvarienberge und von den sehr sehenswerten Satorischen Anlagen aus hat man eine herrliche Aussicht über den See und das ihn umgebende
Gebirge. In der Nähe die Schlösser Ebenzweier und Orth (s. d.) sowie die Villen der Großherzogin von Toscana, der Herzogin
Maria Theresia von Württemberg und des Herzogs von Cumberland. Dampfer verkehren nach Ebensee (s. d.) am Südufer. G. war
schon 1186 eine mit Mauern und Wällen umgebene Stadt. Bei G. schlug Pappenheim 14. Nov. 1626 das Heer der aufständischen Bauern in einer
entscheidenden Schlacht. – Vgl. Ischl und seine Umgebungen. Unter gleichzeitiger Berücksichtigung G.s (9.Aufl., Gmunden 1891); Wolfsgruber,
Führer im Kurort G. am Traunsee und dessen Umgebung (2. Aufl., ebd. 1887); ders., Karte des Traunsees samt Umgebung (2. Aufl., ebd. 1888);
ders., Die Kurmittel und Kuranstalten von G. (2. Aufl., Wien 1890).
Gná, in der nordischen Mythologie die Botin der Frigg. Auf Befehl ihrer Herrin reitet sie durch Luft und
Meer auf ihrem Rosse Hofvarpnir («Hufwerfer»). Bekannt ist die Göttin aus Klopstocks Ode «Wie G. im Fluge u. s. w.».
Gnadau, Flecken im Kreis Calbe des preuß. Reg.-Bez. Magdeburg, 21 km im SO. von Magdeburg, an der Linie
Magdeburg-Halle-Leipzig der Preuß. Staatsbahnen, hat (1890) 569 E., Post, Telegraph, eine sehr besuchte Erziehungsanstalt für Mädchen, eine
Lehrerinnenbildungsanstalt, Fabrikation von Backwaren (Gnadauer Bretzeln). G. wurde 1767 als
Herrnhuterkolonie gegründet; die Unitätsbuchhandlung versieht alle Brüdergemeinen und Missionsstationen der Erde mit den meist am Orte
gedruckten Schriften.
Gnade (lat. gratia; grch. charis), im
allgemeinen jedes unverdiente Wohlwollen des Höhern gegen den Niedern; insbesondere das Recht des Souveräns, Vergünstigungen zu erteilen, auf
die ein Rechtsanspruch nicht besteht. (S. Begnadigung.) In der religiösen Sprache ist
G. die göttliche Güte, sofern sie an dem Menschen ohne dessen Verdienst sich wirksam erweist, sodaß für die fromme Anschauung alles Gute auf
göttlicher Mitteilung beruht und jede Förderung des leiblichen wie des geistigen Lebens unter den Gesichtspunkt der freien göttlichen G. tritt.
Im engern Sinne heißt G. diejenige göttliche Ursächlichkeit, die den Menschen in das rechte religiöse Verhältnis zu Gott einsetzt, d. h. ihn
durch Befreiung von Sünde und Schuld mit Gott versöhnt, und zur religiös-sittlichen Lebensvollendung führt. Sofern nämlich der zur Erkenntnis
der sittlichen Ordnungen Gottes oder des göttlichen Gesetzes herangereifte Mensch seine Sündhaftigkeit einräumen muß, sich selbst aber durchaus
unfähig findet, derselben zu entgehen, so führt er alle Versöhnung des Herzens mit Gott und alle dieser Versöhnung entquellenden sittlichen
Kräfte
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 101.