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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gosen - Goslar
Es wird meist in langhalsigen Flaschen ungestöpselt
aufbewahrt; neuerdings giebt es auch Stöpselgose.
Gosen, richtiger Göschen, die ans dem Alten
Testament bekannte Landschaft Unterägyptens (nach
ihrer Hauptstadt Ramses auch "Land von Ramses"
genannt), in der sich Josephs Vater und Brüder
ansiedelten (1 Mos. 47, n) und von der aus ihre
Nachkommen nach Kanaan auszogen (2 Mos. 12,37),
der Hauptsache nach wohl das jetzige Wadi Tumeilat.
Nach der Angabe der Septuaginta (Gen. 46, 34)
gehörte die Landschaft G. zum Gau Arabia, als
dessen Hauptstadt die griech. Geographen Phakusa
angeben. Dieses Phakusa ist nun von den meisten
modernen Gelehrten (Champollion, Vrugsch, Ebers)
wcgen des Gleichklangs beider Namen mit dem öst-
lich von Abu Kebir belegenen Dorfe Fakus iden-
tifiziert worden. Dagegen haben die im Winter
1885 von dem I^pt ^xpioi-atioii I^unä unter Lei-
tung Navilles angestellten Ausgrabungen mit
Sicherheit festgestellt, daß der östlich von Sagasig
lBubastis) gelegene Trümmerhügel von Saft el-
henneh die Ruinen der alten Stadt Per-sopd, des
Hauptortes des zwanzigsten Gaues von Unterägyp-
ten, des Gaues Arabia, einschließt und daß somit
Saft el-henneh (Per-sopd) dem Phakusa der Griechen
entspricht. Hierzu stimmt auch die Angabe Strabos,
daß sich bei Phakusa der Kanal zum Noten Meer
abzweige; denn in der That geht bei Saft el-henneh
vom Pelusischen Nilarm der ^üßwasserkanal ab, der
den Fluß mit den Vitterseen verbindet, die wie-
derum durch einen Kanal mit dem Noten Meer in
Verbindung standen. Diesem Kanal hat auch das
Wadi Tumeilat, das Land G., seine gepriesene
Fruchtbarkeit verdankt und verdankt sie ihm noch
heute.- Vgl. E. Robinson und E. Smith, Palästina
und die südlich angrenzenden Länder, Bd. 1 (Halle
1841); Ebers, Durch G. zum Sinai (Lpz. 1872);
Bädekers Ägypten, Tl. I: Unterägypten (2. Aufl., ebd.
1885); Ed. Naville, 608I16N auä tlio Lbrmo ol salt
61 ll6QN6ii (Lond. 1887; I^onrtli HIkNoii' ok tko
^F^pt Nxpioration ^unä).
Goshen (spr. gohsch'n), Hauptstadt des County
Elkhart im nordamerik. Staate Indiana, unweit der
Nordgrenze, am Elkhartfluß, Eisenbahnknotenpunkt,
hat (1890) 6033 E., Fabrikation von Möbeln, Ma-
schinen, Pumpen, Mehl, Wollwaren und Besen.
Goslar. 1) Kreis im preuß. Reg.-Vez. Hildes-
heim, hat 398,85 qkm, (1890) 44227 (21967 männl.,
22260 weibl.) E., 1 Stadt, 44 Landgemeinden und
8 Gutsbezirke. - 2) Kreisstadt im Kreis G., ehemals
Freie Reichsstadt, in 257 ui
Höhe, am nördl. Fnße des
Rammelsberges,an derGose
und an den Üinien Vienen-
burg-G.-Seesen und G.-Hil-
desheim(53,iIcm)derPreuß.
Staatsbahnen, Sitz des
Landratsamtes,eines Amts-
gerichts (Landgericht Hil-
desheim), Steueramtes und
einer Handelskammer, ist altertümlich gebant und
hat (1890) 13 311 (6751 männl., 6560 weibl.) E.,
darunter 1054 Katholiken und 58 Isracliten, in
Garnison (558 Mann) das 2. Bataillon des 82. In-
fanterieregiments, Postamt erster Klasse mit Zweig-
stelle, Telegraph, ein Realgymnasium und Gym-
nasium (Direktor vr. Leimbach, 20 Lehrer, je
5 Real- und Gymnasialklassen, 138 bez. 118 Schü-
ler). Merkwürdig ist die nach dem Brande (1844)
wiederhergestellte Marktkirche mit dem reichen städti-
schen Archiv und einer für das Neformationszeitalter
wichtigen Bibliothek; das got. Rathaus mit dem
Huldigungssaale und verschiedenen Altertümern; die
Kaiserworth (1494), vormals Gildehaus der Gewand-
schneider, jetzt Gasthof, mit acht Standbildern
dentfcher Kaiser, das ehemalige Bäckergildenhaus
(1557), das sog. Brusttuch, das Große heilige Kreuz,
der feste Zwingerturm mit 6 in dicken Mauern, das
malerische Breite Thor, der Achtermannsturm, die
schöneroman.KirchedesKlostersNeuwerk(12.Jahrh.)
mit höchst wertvollen Malereien, die 1880 restau-
rierte Frankcnberger Kirche (1108) mit Skulpturen
und Grabsteinen (13. Jahrh.) und das neue Gymna-
sinm. Der Dom des um 1047 durch Heinrich III. ge-
gründeten Simon-Iudasstifts wurde 1820 bis auf
eine Kapelle abgebrochen, in der sich unter andern
Altertümern der fälschlich sog. Profanaltar des Krodo
befindet. Neben derselben das Kaiserhaus (s. Tafel:
Burgen II, Fig. 1), der älteste erhaltene weltliche
Bau Deutschlands, von Heinrich III. gegründet, ge-
riet durch wiederholte Brände in Verfall und wurde
durch Umbauten verunstaltet. Die Wiederherstellung
des Äußern ist 1878 beendet; der Kaisersaal (51 m
lang, 16 m breit) im obern Stock, mit sieben mächtigen
Rundbogenfenstern, wird von Wislicenus mit Fres-
ken aus der Geschichte der deutschen Könige ge-
schmückt. Auf dem Podium vor dem Mittelbilde
der alte Kaiserstuhl aus dem 12. Jahrh.; in der
anstoßenden St. Ulrichskapelle (11. Jahrh.) das
Grabmal Kaiser Heinrichs III. mit dessen Herz. Auf
dem Georgenoerge sind 1884 die Grundmauern der
1527 zerstörten Klosterkirche und auf dem Peters-
berge die Grundmauern des St. Petersstifts aus-
gegraben. Die Bevölkerung treibt Bergbau im
nahen Nammelsberge (636 m), dessen silberreiche
Erze in den Hüttenwerken an der Oker und Graue
verarbeitet werden; ferner bestehen Fabriken für
Marmorwaren, Zündhölzer, Chemikalien, Spiel-
karten, Hüte, Stärke, Leim, Watte und Cigarren,
sowie ergiebige Schieferbrüche und Fruchthandel.
Früher wurde zu G. die berühmte Gofe gebraut.
Hie von dem 1666 verstorbenen Naturarzt Lampe
gegründete Kränterheilanstalt wird noch immer ziem-
lich zahlreich besucht, in Marienbad befindet sich
eine Nervenheilanstalt, Theresienhof wird als Som-
merfrifche besucht. Ostlich vor der Stadt die "Far-
bensümpfe", Teiche, in denen Ockerfarbe gewonnen
wird. Unfern die Klus, eine 30 m hohe Sand-
steingruppe mit eingehauener Grotte und Kapelle.
Im W. der Steinberg (479 m) mit Aussichtsturm.
Geschichtliches. G. wird zuerst 979 urkundlich
erwähnt; seinen Ursprung verdankt es wahrscheinlich
Heinrich I. Der Bergbau wurde unter Otto I. begon-
nen und mit solchem Erfolg durch eine frank. Kolonie
betrieben, daß die Stadt rafch emporblühte. Die
sachs. und frank. Kaiser weilten oft in G. und hielten
hier glänzende Reichstage (so 1009 und 1015). Hein-
rich III. und der hier geborene Heinrich IV. hegten
für die Stadt eine besondere Vorliebe. Bei des letz-
tern Anwesenheit 1063 kam es zwischen dem Bischof
von Hildesheim und dem Abt von Fulda wegen
Rangstreitigkeiten zu dem sog. Goslarschen Blut-
bade, dem selbst der Kaiser nicht zu wehren ver-
mochte. 1204 wurde die Stadt, da sie zu den Hohen-
staufen hielt, von Otto IV., dem Gegenkönig Phi-
lipps, zerstört, gelangte aber im Bunde der Hansa
bald zu ncuerVlüte. DieGoslarschenStatuten
(hg. von Göschen, Verl. 1840), ein um 1350 ent-
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