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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Grabenverteidigung - Grabfeld
Umstehende Figur zeigt den Qucraufriß eines auf
einen Faschinendamm als bedeckte Sappe geführten
G. Anstatt eines Dammes kann eine Floßbrücke
oder Tonnenbrücke als Unterlage des G. dienen.
Grabenverteidigung, die Bestreichung des
Grabens durch das Feuer des Verteidigers. Sie ist
eine frontale, wenn der Verteidiger dem Graben
parallel steht' eine flankierende, wenn er seit-
wärts , möglichst rechtwinklig zu demselben steht.
Da die frontale G. vom hohen Wall aus nicht
wohl möglich ist, so finden sich in verschiedenen Be-
sestigungssystemen Einrichtungen, die eine niedere
frontale Grabenbestreichung möglich machen sollen.
Hierher gehören die I^n886 di-lüs (s. d.), die
Grabenschere (s. d.), die kreneliertc Eskarpenmauer,
die Verteidigungsgalerien der Eskarpe und Konter-
eskarpe und der Niederwall. Alle diese Einrichtungen
treten jedoch in ihrer Bedeutung weit zurück vor den
zurflankierenden Grabenbestreichung bestimmtenAn-
lagen, deren Anordnung die charakteristische Grund-
lage der drei wichtigsten Grundrißformen der perma-
nenten Befestigung bildet: des tenaillierten, des
bastionierten und des polygonalen Grundrisses.
Gräberfauna. Von alters her sind die Men-
schen mit dem Gedanken vertraut, daß nach ihrem
Tode ihr Leib eine Speise der Würmer sein wird:
aber erst die neuere Zelt hat die Frage nach der
Natur dieser Würmer beantwortet. Bei Orsila und
Reinhardt (Dresden), namentlich bei letzterm, finden
sich die ersten sichern Angaben, und P. Megnin in
Paris hat 1887 die Untersuchung der Tierwelt der
menschlichen Gräber von zoolog. Seite wissenschaft-
lich in die Hand genommen. Danach stellt sich her-
aus, dcch euch in tiefern (unter 2 m) Gräbern die
Leichen so gut der Freßsucht niederer Tiere zum
Opfer fallen wie die in freier Luft. Die Unter-
suchungen wurden im Winter 1886/87 auf dem
Friedhof von Ivry vorgenommen. Man wußte,
wie lange jede einzelne Leiche hier bestattet war
(2-3Jahre). Der Mehrzahl nach waren es Larven,
die an ihnen gefunden wurden, zwar in zahlreichen
Individuen, aber in weniger Arten als an solchen
Leichen, die in freier Luft verwesen. Meist gehören
die Larven in beiden Fällen denselben Arten an,
doch beherbergen die Gräber auch ihre eigenen. Die
Insekten, die Mignin, sei es als ausgebildete
Tiere oder als Larven oder als lebende Puppen
oder endlich als leere Puppenhülsen, nachweisen
konnte, waren: vier Fliegen, nämlich (^11ip1i0i-H V0-
mitoi'iH /v. sdie blaue Brummfliege), (^rtoneui-^
8tHduIan8 ^/oi</., die kleine, rasch laufende schwärz-
liche ^Iiora lrtLi-rimg. Mn>/. und eine unbestimmte
Art von ^ntkom^ia; ein Käfer: Ni^opd^ZuZ M-
raliolicoliis FVlki-.: zwei Thyfanuren: ^clwi'uteZ
Hi'Niitu3 Mc. und ^6inpi6t0iii3. niticia ^ukb., so-
wie endlich noch ein junger Tausendfuh (^u1u3
8p6c.?>. Reinhardt fand noch eine Fliege llloing.-
loin^iH 8ck1ki-i3 ^abT-. - vielleicht identisch mit
der unbestimmten ^.mlioin^ia, Me'gnins), ein Käser-
chen (^riciion^x 3nlcico11i8 Ac/ib.) und Fadenwür-
mer ^eloäki-ll, 8li'0NF^1oid68). Die Tausendfüße,
die auch Reinhardt bemerkte, dürften wie vielleicht
auch die Thysanuren mehr zufällige Gäste gewesen
sein. Die Larven der verschiedenen Arten erschei-
nen nicht gleichzeitig. An Leichen, die seit zwei
Jahren beigesetzt waren, hatten diejenigen der
Vrummfliege und der (^-rtoneurii ihre Rolle schon
lange ausgespielt, ihnen waren die der Anthomyien
gefolgt; aber die von kliora. schienen noch vor kur-
Vrockhaus' Konversations-Lexikon. 14. Aufl. VHI.
zem in Thätigkeit gewesen zu sein, wenigstens be-
deckten ihre lebenden Puppen die menschlichen Neste
noch zu Myriaden. Die Larven von HKi2op1iNFU8
waren noch in voller Arbeit, jedoch nähren sich diese
vielleicht weniger von den Leichenresten selbst, als
vielmehr von den Larven und Puppen der andern
an denselben zehrenden Insekten. Die von Rein-
hardt nachgewiesene Gegenwart von Haarwürmern
kann weniger überraschen, da sich diese meistens da
einfinden, wo die Erde von verwesenden, organi-
schen Feuchtigkeiten getränkt ist. Nur die im Som-
mer beerdigten Leichen waren von den Larven der
Brummfliegen und Cyrtoneuren besucht gewesen,
d. h. sie waren vor der Beerdigung mit Eiern be-
setzt worden, die im Winter begrabenen waren bloß
umgeben mit Unmassen von Puppen der Antho-
myien und Phoren sowie von zahlreichen sehr leb-
haften Larven der Rhizophagen. Wenn man die
Larven und Puppen dieser letztern Insekten an seit
zwei Jahren im Grabe ruhenden Leichen in voller
Lebenskraft findet, so kann man nur annehmen,
daß die mütterlichen Tiere in ausgebildetem Zu-
stande ihre Eier auf oder oberflächlich in den Boden
des Kirchhofs niedergelegt hatten und daß die dar-
aus hervorgegangenen Larven die Leichen aufsuch-
ten. In Übereinstimmung hiermit steht eine Beob-
achtuug Reinhardts, der zufolge in Sand- und
Kiesboden beigefetzte Leichen häufiger und zahl-
reicher von Insekten heimgesucht waren als solche,
die in dichtem, settem Lehm begraben waren.
Gräberfrieden, der den Gräbern gewährte be-
sondere Rechtsschutz. Der Störung des G. macht
sich derjenige schuldig, welcher unbefugt ein Grab
zerstört oder beschädigt, oder wer an einem Grabe
beschimpfenden Unfug verübt. Er wird nach §. 168
des Deutschen Strafgesetzbuchs -ähnlich nach 8-306
des Osterr. Strafgesetzbuchs von 1852 und dem
Strafgesetzentwurf von 1889 - mit Gefängnis bis
zu 2 Jahren und fakultativ mit Ehrverlust bestraft.
Diesem Falle steht gleich die unbefugte Wegnahme
einer Leiche aus dem Gewahrsam der dazu berech-
tigten Personen. Dagegen wird die unbefugte Weg-
nahme von Teilen einer Leiche (und die Beerdigung
oder Veiseiteschaffung eines Leichnams ohne Vor-
wissen der Behörden) als Übertretung mit Geld-
strafe bis zu 150 M. oder mit .haft bestraft (8. 367,
Nr. 1 des Deutschen Strafgesetzbuchs).
Grabfeld, Landschaft, die ehemals den größten
Teil Ostfrankens einnahm und zunächst in das öst-
liche und westliche G. zerfiel. Im S. trennte der
Main den Gau von dem Folkfeld. Die Grenze verlief
ungefähr von Schweinfurt östlich bis zur Mündung
der Itz, dann dem Maine nördlich folgend bis zur
Steinachmündung, von wo die Grenze überHassen-
berg, Neuhails nördlich zum Thüringcrwald verlief,
der die Nordgrenzc bildete. Im W. der Streu und
Saale erstreckte sich das westliche G. bis in das heutige
Hessen-Nassau (Hersfeld und Fulda). Untergaue des
östlichen G. waren der Banzgau zwischen Itz und
Main, der Haßgau im S. zwischen Itz und Wett-
ringen, der'Werngau an beiden Ufern der Wern,
nördlich begrenzt vom Aschfeldgau, einem Teil des
Saalgaues, der dem Saalgrunde von Neustadt an
und teilweise über sie hinausreichend, im N. und O.
von der Werra begrenzt. Der Name des G. begegnet
zuerst 739. Im 1.945 t'am die Grafenwürde des G.
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