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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Grabfüßler - Grabmal
an die Grafen von der Wetterau. Die Vabenberger
und Konradinger kamen in diesem Jahrhundert hier
zu Einfluß. 1036 starben mitOtto IV. dieWetterauer
oder Konradinger aus, und die gaugräfl. Gerichts-
barkeit kam an den Bifchof von Bamberg, während
die Allodialgüter der grast. Linie an eine verwandte
Familie, die Henneberger, übergingen. Diese brei-
teten sich hier aus, konnten aber auf die Dauer den
Verfall der glücklich erworbenen Hausmacht nicht
aufhalten. Es bildeten sich selbständige Territorien;
außer Bamberg zogen Würzburg, Fulda, Hersfeld
und andere geistliche Stiftungen Teile des G. in ihre
Immunität. Neben denHennebergern erschienen be-
sonders die Grafen von Wildberg, Castell, Nineck
in diesen Gegenden begütert. - Vgl. Genßler, Ge-
schichte des frank. Gaues G. (2 Bde., Schleusingen
1801 - 3) und weitere Litteratur bei Heigel in der
"Bavaria", Bd. 4, S. 350 (Münch. 1867).
Grabfüßler, s. Weichtiere.
Grabgabel, Handgerät zur Bearbeitung des
Bodens, das statt des Grabscheits drei bis vier
einzelne, flache, am Ende geschärfte und verstähltc
Zinken besitzt ls. Tafel: Landwirtschaftliche
Geräte und Maschinen I, Fig. 3 u. 5). Die G.
wird zum Umgraben sowohl von strengem und
zähem Thonboden sowie von steinigem Boden als
von Komposthaufen u. dgl. benutzt.
Grabheufchrecken, s. Grillen.
Grabmal, Grabdenkmal, im allgemeinen
jeder Aufbau, durch welchen ein Grab als solches
gekennzeichnet wird. Die älteste Form ist der Grab -
Hügel, der sich zum Teil von selbst ergiebt, wenn
man das gefüllte Grab mit dem ausgehobenen Boden
wieder zuschüttet. Bald begann man Steine auf den
Gräbern aufzurichten, sog. Dolmen (s. d.) oder
Mcnhir (s. d.). Unter diesen sind die Gräber meist
schon ausgemauert. Die erste Nation, welche die G.
monumental gestalteten, waren die Ägypter (s.Ugyp-
ten, Bd.1, S. 244d fg.), bei denen die Pyramiden
Übertragungen des Grabhügels in Steinmassen
darstellen. Ahnliche G. findet man bei den orient.
Völkerschaften und auf griech. Boden während der
heroischen Zeit in den Tumuli und Kuppelgrä-
bern. Neben diesen kunstvollern Bauten finden sich
in Mykenä Schachtgräber, oblonge, in den Felsen
gehauene Grabkammern, über denen Steinplatten,
mitReliefdarstellungen versehen, aufgerichtet waren.
In Kleinasien dienten frei aufgestellte oder in faca-
dengeschmückte Felskammern oder Grabgebäude
eingeschlossene Sarkophage der Bestattung, über
Fürstengräbern baute man tempelartige Anlagen,
die in späterer Zeit manche Ähnlichkeit mit den Pyra-
miden erhielten. Ein derartiges großartiges G. war
jenes für König Maufolus in Halikarnassos, nach
dem man noch heute ein großes G. Mausoleum
nennt. Ähnlich wie die griechischen G. waren die
etruskischen und römischen. Erstere befinden sich
unter der Erde, haben entweder einen Grabhügel
(wmuw8) oder Stelen, welche man hier Cippen
nennt, oder zeigen als Felsengräber zimmerartige
Räume von künstlerischer Ausstattung (s. Tafel:
Etruskische Kunst, Fig. 9) oder die Form schlan-
ker, auf rechtwinkligem Aufbau stehender Pyramiden,
die meist Kegelform erhielten <s. ebd., Fig. 3). Seit
die Totenverbrennung eingeführt war, erschienen
Aschencisten, auf denen der Tote liegend darge-
stellt wurde oder Urnen in Stein oder Bronze. Die
Römer nahmen alle diese Motive auf und bildeten
sie teilweise ins Kolossale weiter. Ihnen sind nament-
lich großartige Aschencisten (s.Ciste), Sarkophage
(s. d.) und unterirdische Totenstätten (Katakomben,
s. d.) eigen. Aber auch tempelartige Anlagen und
künstlerisch durchgebildete Pyramiden bauten sie über
den Gräbern. Berühmt ist namentlich die Pyramide
des Cestius (s. d.) und die Engelsburg (s. d.). Die
christl. Gräber der Frühzeit entsprechen den römi-
schen, erweitern sich aber über den Leichen von Hei-
ligen zu Kirchenanlagen. Bezeichnend für diese ist
die centrale Anlage. Als solche ist das Grab der
Helena bei Rom (der Mutter Kaiser Konstantins)
und der Felsendom zu Jerusalem, als Grcckdonkmal
Christi, zu bezeichnen. Diese Bauart (s. Centralbau)
fand später vielfach Nachahmung und erscheint in
den Grabtapellendes Mittelalters wieder, welche
vielfach kreisrunde Gestalt haben. Die G. der roman.
Zeit bestehen meist in Sarkophagen, auf welchen der
Tote liegend dargestellt wurde oder in Wandgräbern
von nischenartiger Bildung. Ahnlich verhielt sich die
Gotik und die Renaissance, die die G. auch meist in
die Kirchen versetzten. Doch giebt es auch stattliche
Freigräber, so die berühmten G. der Scaliger in
Verona aus dem 13. und 14. Jahrh. Prachtvolle
Sarkophage in Stein und Bronze schuf die Spät-
gotik (G. Kaiser Friedrichs III. in St. Stephan zu
Wien, mehrere G. aus der Gießerei der Familie
Vischer zu Magdeburg, Vreslau, Berlin, Meißen).
Vielfach wurden aber den im Schiff der Kirchen ge-
betteten Toten Grabplatten gelegt, welche früher
nur in eingeritzter Zeichnung hergestellt wurden,
später aber in stacher Erhöhung oder Gravierung in
Bronze (Grabplatten zu Meißen, Ire'lberg, Verben,
Merseburg). Besondern Reichtum entwickelte die
Kunst des Mittelalters für Heiligengräber sowie
für die bildlichen Darstellungen der heiligen Gräber.
Auch die Mohammedaner bildeten die Heiligen-
gräber als von Kuppeln überdeckte Centralbauten
aus <s. Tafel: Arabifche Kunst II, Fig.4). Die
Renaissance liebte namentlich die Form der Epi-
taphien, d. h. der aufgerichteten, an Außen- und
Innenwänden der Kirchen angefügten Grabplatten,
die sie mit Säulen, Reliefs, Bildern u. s. w. auf das
reichste, wenn auch oft in einer dem Zweck nicht recht
entsprechenden üppigen Weise ausstatteten. Doch
sind eine Reihe großer Sarkophage mit reichen, oft
frei komponierten Figurengruppen auch zu dieser Zeit
entstanden (G. Kaiser Maximilians I. zu Innsbruck
^s. Tafel: Deutsche Kunst IV, Fig. 3^, Ludwigs
des Bayern in der Frauenkirche zu München, G.
des Kurfürsten Moritz und die Fürstengruft zu Frci-
berg u. a. m.). In Frankreich bilden die Königsgräber
zu St. Denis eine Folge der verschiedenen Grabmal-
formen: besonders reich ist jenes des Königs Lud-
wig XII. (s.Tafel: Französische Kunst III, Fig.4).
Ihnen verwandt sind die gleichzeitigen engl. Grab-
denkmäler, vorzugsweise jene der Könige in der West-
minsterabtei. In Italien boten die Papstgräber und
die der Fürsten Veranlassung zur höchsten Entfaltung
von Plastik und Baukunst/Rom, Florenz, Venedig
sind die Standorte der vornehmsten Schöpfungen
dieser Art, die meist in einer reichen, den Sarkophag
umrahmenden Architektur bestehen. Das G. der
Mediceer von Michelangelo (s. Tafel: Grabmal
des Lorenzo de'Medici, beim Artikel Michel-
angelo) in San Lorenzo zu Florenz dürfte den
Höhepunkt der Kunstschöpfungen dieser Art bezeich-
nen. Für den Barockstil waren die G. der Päpste
in der Peterskirche zu Rom maßgebend (s. Vernini).
In Deutschland entstanden große Grabkapellen meist