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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Grao - Graphische Darstellung
und Oxford, trat 1837 ins Parlament und war
1839-41 Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt.
1846 folgte er feinem Vater im Oberhaufe, wurde
Mai 1848 Vicepräsident im Handelsamt und Dez.
1851 als Nachfolger Lord Palmerstons Minister des
Auswärtigen. Er blieb den Überlieferungen feines
Vorgängers getreu, trat aber schon Febr. 1852 mit
dem ganzen Ministerium Nuffell Zurück. Unter Aber-
deen wurde er Jan. 1853 Präsident des ?rivv coun-
cii und ebenfo unter Palmerston feit 1858, nachdem
er 1854 Kanzler von Lancaster gewesen. Nach Pal-
merftons Tod (Okt. 1865) erhielt er unter Ruffell
und 1868 unter Gladstone das Staatsfekretariat
für die Kolonien und die Leitung der Partei im
Oberhaufe, wobei er sich trefflich bewährte. Im
Juni 1870 übernahm er das Auswärtige und hielt,
gegenüber den brennenden Fragen jener Zeit, eine
friedliche, aber wenig energifche Politik inne. So
duldete er gegen völkerrechtlichen Brauch, dah Frank-
reich im Deutfch-Franzöfifchen Kriege von 1870 und
1871 mit Kriegsmaterial verfehen wurde, fo mußte
er in der Pontusfrage den Forderungen Rußlands
weichen und in der Alabamafrage (s. d.) sich eben-
falls nachgiebig erweisen. Diese schwächliche Hal-
tung, die das Ansehen Großbritanniens im Aus-
lande schädigte, trug viel zum Sturze des Ministe-
riums Gladstone, 11. März 1873, bei. Während
Beaconssield die Regierung leitete, war G. Führer
der liberalen Opposition im Oberhause. Nach dem
Sturz der Konservativen, April 1880, wies er mit
Hartington die angebotene Kabinettsbildung zurück,
die darauf Gladstone wieder übernahm, unter
dem er wieder das Auswärtige leitete. Auch dies-
mal scmd feine Amtsführung, befonders in der
ägvpt. Angelegenheit, vielen und gerechtfertigten
Tadel und war der Hauptgrund für Gladftones
Niederlage im Parlament 9. Juni 1885 und den
darauffolgenden Rücktritt. Als diefer daher Jan.
1886 wieder die Leitung der Regierung übernahm,
erhielt G. nicht das Auswärtige, sondern die Ko-
lonien. Im Juli 1886 trat er mit dem ganzen Mini-
sterium zurück. Er starb 31. März 1891 in London.
Jetziger Inhaber des Titels ist George Leveson-
Gower, dritter Graf G., geb. 1872.
Gräo (spr. graung), portug. Gewicht, f. Gran.
Grao, f. Villanueva del Grao.
Grao de Castellön (spr. -clljohn), Hafen,
s. Castellon de la Plana.
Grao-Parä (spr. graung),brasil. Staat, s.Para.
Gräpel oder Spanne nannte man den achten
Teil des frühern Bergwerksmaßes Lachter (s. d.).
Graphai, f. Hagiographa.
Vrapkio (spr. gräfsick), eine in London er-
scheinende illustrierte Wochenfchrift für Litteratur,
Kunst, Wissenschaft und allgemeine Tagesfragen;
Auflage: bis über 200000 für besonders interessante
Nummern; Eigentümer: H. R. Baines & Co. (I^i-
miteä); Redacteur: Locker; artistischer Leiter: W.
L. Thomas; den buchhändlerischen Vertrieb hat
E. I. Mansfield. Die Zeitschrift wurde 4. Dez.
1869 begründet und erwarb sich durch den Wert
ihrer Illustrationen, an denen sich Künstler wie
Alma-Tadema, Hertomer, Leighton, Millais, Sir
John Gilbert u. a. beteiligten, bald einen der ersten
Plätze unter den illustrierten Blättern. Die jähr-
liche Weihnachtsnummer mit farbigen Bildern wird
in weit über einer halben Million Exemplaren ver-
breitet. Eeit 4. Jan. 1890 erscheint u. d. T. "Daii?
6rki>Qic" unter der Leitung von T. Heath Joyce
und Hammond Hall auch eine tägliche Ausgabe,
das erste Veifpiel einer regelmäßig illustrierten
Tageszeitung, das sich einer gleichen Verbreitung
wie die Wochenfchrift erfreut. In der Politik ist die
Richtung des "vaii^ (^rapliic" parteilos.
Graphideen (^i-HpKiäeas) oder Schrift-
flechten, Abteilung der Flechten (s. d.). Die zahl-
reichen Arten sind über die ganze Erde verbreitet, die
meisten wachfen auf der Rinde lebender Bäume und
ihre Apothecien haben eigentümliche strich förmige
oder gebogene Gestalt, fodaß sie fast wie Schrift-
züge ausfehen (z. B. bei <3rap1ii8 scripta ^,., f. Tafel:
Flechten II, Fig. 5), daher rührt auch der Name
Schriftflechten. Einige G. sind dadurch interessant,
daß sie in ihren Iugendzuständen keine Gonidien
besitzen, also nur als Pilze vegetieren; erst fpäter
wandern die Gonidien ein oder werden vielmehr von
dem mehr und mehr sich ausbreitenden Hyphen-
geflecht des Pilzes umfchlossen.
Graphidion (grch.), Griffel, Schreibstift.
Graphik (grch.), Schreib-und Zeichenkunst; spe-
ciell die diplomat. Schriftenkunde, die neben der
Zeichen- und Formelkunde einen Hauptteil der Diplo-
matik (s. d.) bildet.
Vraptiis, s. Graphideen.
Graphisch (grch.), die Schreib- oderZeichenkunst,
Schrift oder Zeichnung betreffend, dazu gehörig;
graphifche Zeichen oder Figuren, foviel wie
Schriftzeichen.
Graphische Darstellung, Darstellung, die
dazu dient, die ziffernmäßigen Ergebnisse der Beob-
achtung von Thatsachen anschaulicher zu machen, als
dies durch Tabellen geschehen kann. Die G. D. müssen
einfach und nach praktischen Gesichtspunkten ange-
ordnet sein. Sie setzen geometr. Bilder an die Stelle
von Tabellen, stellen statist. Zahlenwerte räumlich
dar und gestatten, mit einem Blicke Vergleiche zwi-
schen den einzelnen Beobachtungsergebnissen anzu-
stellen und das Regelmäßige und Unregelmäßige,
das Erwartete und Unerwartete scharf zu erkennen.
Sie werden übrigens nicht allein in der Statistik,
sondern auch in andern Wissenschaften benutzt,
z. B. zur Darstellung Meteorolog. Beobachtungen,
geschichtlicher Zeitangaben u. s. w., zu technischen
Zwecken mannigfacher Art, z. B. bei Eifenbahnfahr-
plänen (f. d. und Tafel: Eifenbahnfahrplan,
Bd. 5, S. 870), bei selbstregistrierenden Kontroll-
apparaten u. s. w., zur Vergleichung von Höhen
u. a. Je nachdem die G. D. selbständig oder in An-
schluß an die Landkarte auftreten, unterscheidet man
Diagramme und Kartogramme.
1) Beim Diagramm kommen verschiedene Dar-
stellungsweisen in Anwendung. Handelt es sich um
die G. D. einer in sich gleichartigen Reihe statist.
Werte, so eignen sich gerade Linien oder Flächen
zur Herstellung eines richtigen und gleichzeitig an-
schaulichen Bildes. Auf einer wagerechten Grund-
linie fenkrecht stehende gerade Linien, welche viel-
fach auch als breitere Streifen eingezeichnet werden,
deren Länge die einzelnen Zahlenwerte ausdrückt,
liefern ein solches Bild (vgl. die G. D. zu dem Artikel
Universitäten); sofern die Abstände diefer Linien
voneinander ungleich sind, muß dies und der diefe
Anordnung bestimmende Grund ersichtlich gemacht
werden. Als Flächen wählt man in derRegelNecht-
ecke von gleicher Grundlinie oder Kreife. Mayr
empfiehlt daneben Dreiecke von gleicher Grundlinie,
deren Flächen sich bekanntlich wie ihre Höhen zueinan-
der verhalten. Ihre Anwendbarkeit ist aber, ebenfo