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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Grauvieh – Gravelotte

Grauvieh, ost- und südosteurop. einfarbig graues Rindvieh, s. Rindviehzucht.

Grauwacke, ein konglomeratisches Trümmergestein von sehr verschiedenen Arten des Korns, zusammengesetzt aus eckigen oder abgerundeten Körnern von Quarz, die meist vorwalten, aus Bruchstücken von Kieselschiefern und Thonschiefern, wozu sich nicht selten auch Feldspatkörner und in einigen Abänderungen reichliche Glimmerblättchen gesellen, verkittet durch ein Bindemittel, das gegen die Bruchstücke meist zurücktritt und bald mehr kieseliger, bald mehr thoniger Natur ist, bald ein Quarz-Glimmer-Cement darstellt, bald auch zum Teil aus Carbonaten besteht und vielfach durch feinverteilte Kohlestäubchen dunkelgefärbt erscheint. Unter dem Mikroskop gewahrt man oft noch Trümmer oder neugebildete Krystalle von allerhand andern Mineralien, wie Rutil, Zirkon, Turmalin, Apatit, Granat, Hornblende, Augit. Wegen der kieseligen Bindemasse besitzt das Gestein manchmal eine große Zähigkeit und Härte. Graue Farben sind die gewöhnlichen, doch bedingt die Beimengung von Eisenoxyd und Eisenoxydhydrat auch rötlichbraune und gelblichbraune Färbung. Auf Grund des Gefüges unterscheidet man die körnige und die sehr deutlich geschichtete, an parallelen Glimmerschuppen reiche schieferige G., ferner den Grauwackenschiefer, der noch feinkörniger, glimmerreicher und vollkommener geschiefert ist. Die G. ist vielfach fossilhaltig; die Pflanzen- und Tierreste stellen sich aber meistens nur als Abdrücke oder Steinkerne dar. G. bildet neben Thonschiefer und Kalkstein das Hauptmaterial, aus dem die silurische und devonische Formation aufgebaut ist; auch in der untern Abteilung der Steinkohlenformation treten, wo dieselbe als Kulmbildung vorliegt, zahlreiche und mächtige Ablagerungen von G. auf. Die G. steht übrigens dem Sandstein recht nahe und unterscheidet sich von diesem vorwiegend nur durch die mehr verschiedenartige Natur der klastischen Elemente.

Grauwackenschiefer, s. Grauwacke.

Grauwerk, s. Feh (im Pelzhandel).

Grav., s. Gravh.

Gravalos, Badeort in Spanien, s. Arnedo.

Gravāmen (lat.) hatte in der frühern Prozeßsprache die Bedeutung von Beschwerde, Gravamĭna wurden im ältern Staatsrecht die Beschwerden der Landstände über Justiz- und andere Gebrechen genannt, weshalb manche ältere Gesetze unter dem Kollektivnamen «Resolutio gravaminum» (Erledigung der Landesgebrechen) ergingen. Insbesondere nannte man Gravamina nationis Germanicae seit dem 14. Jahrh. alle Beschwerden des deutschen Volks über Beeinträchtigung von seiten des Papstes. Hundert derselben wurden 1522 dem Papst übersendet und erschienen in demselben Jahre im Druck.

Gravantĭa, Gravation, s. Gravieren (lat.).

Grave (ital.), musikalische Vortragsbezeichnung: ernst, feierlich, gemessen.

Grave (spr. chra-), Stadt in der niederländ. Provinz Nordbrabant, am linken Ufer der Maas, 13 km im SW. von Nimwegen, zählt (1891) 2638 E. 1586 wurde G. von Alexander Farnese erobert, 1602 von Moritz von Oranien den Spaniern wieder entrissen, 1672 von den Franzosen genommen, aber 1674 wieder geräumt.

Gräve, s. Grävius, Joh. Georg.

Gravedōna, Flecken in der ital. Provinz und dem Kreis Como, malerisch am Westufer des Comersees gelegen, hat (1881) 1077, als Gemeinde 1627 E., zahlreiche Villen, darunter der viertürmige Palazzo del Pero und ein schönes Baptisterium (12. Jahrh.).

Gravelines (spr. graw’lihn), s. Gravelingen.

Gravelingen, frz. Gravelines, Hauptort des Kantons (69,41 qkm, 5 Gemeinden, 12145 E.) im Arrondissement Dünkirchen des franz. Depart. Nord, 2 km von der Mündung der kanalisierten Aa und an den Linien Calais-G.-Dünkirchen und G.-Watten (21 km) der Nordbahn, hat (1891) 3905, als Gemeinde 5952 E., einen kleinen, nur zur Zeit der Flut zugänglichen Hafen mit Leuchtturm auf dem kleinen Fort Philipp, große Magazine, Schiffbau, Herings- und andern Fischfang sowie Fischsalzerei, Salzraffinerie, Segelfabrikation, Dampfmehlmühlen, Ausfuhr von Früchten, Äpfeln, Gemüsen und Eiern, Einfuhr von Salz, Fässern, Holz und Holzstäben aus Skandinavien. – G. wurde 1383 von den Engländern erobert und gelangte 1405 an Burgund. Berühmt ist der Sieg der Spanier unter Egmond über die Franzosen unter Marschall Thermes 13. Juli 1558. Im J. 1644 eroberten die Franzosen G.; 1659 wurde es im Pyrenäischen Frieden an Frankreich abgetreten. Durch Vauban wurden die Befestigungen erneuert.

Grävell, Maxim. Karl Friedr. Wilh., polit. und philos. Schriftsteller, geb. 28. Aug. 1781 zu Belgard in Pommern, studierte in Halle die Rechte, wurde 1805 Assessor und trat in sächs. Dienste, die er jedoch 1811 mit preußischen vertauschte. Nachdem er als Adjutant an den Befreiungskriegen teilgenommen hatte, führte er im preuß. Justiz- und Verwaltungsdienst ein wechselvolles Leben, bis er 1837 pensioniert wurde. Seine Konflikte mit der Regierung hat er in «Neueste Behandlung eines preuß. Staatsbeamten» (2 Bde., Lpz. 1818) und «Geschichte meines Austritts aus dem Staatsdienste» (2 Bde., Jena 1837) dargelegt. 1848 wurde er in die Konstituierende Deutsche Nationalversammlung gewählt und hielt sich zur konservativen äußersten Rechten. Nach dem Rücktritt des Ministeriums Gagern ward G. 16. Mai 1849 vom Reichsverweser mit der Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt, an dessen Spitze er die der Centralgewalt zustehende Befugnis und Regierungsgewalt aufrecht zu erhalten suchte, bis auch er mit dem Rücktritt des Reichsverwesers sein Amt niederlegte. Er lebte seitdem zurückgezogen in Frankfurt a. O. und starb 29. Sept. 1860 in Dresden. G. veröffentlichte «Kommentare» zu den preuß. Kreditgesetzen (4 Bde., Berl. 1813‒20) und zu der Allgemeinen Gerichtsordnung für die preuß. Staaten (6 Bde., Erf. 1825‒31); ferner «Der Mensch» (Berl. 1815; 4. Aufl. 1839) mit den beiden Fortsetzungen «Der Bürger» (ebd. 1822) und «Der Regent» (2 Bde., Stuttg. 1823), «Mein Glaubensbekenntnis, angehend den polit. Zustand Deutschlands» (Frankf. 1849).

Gravelotte (spr. graw’lótt), Kirchdorf im Kanton Gorze, Landkreis Metz, des Bezirks Lothringen, 10 km westlich von Metz unweit der franz. Grenze auf der Hochfläche zwischen der Mance und dem Gorzefluß, hat (1890) 575 meist kath. E., ist denkwürdig durch die Schlacht von Gravelotte-St. Privat, 18. Aug. 1870, die dritte der drei großen Schlachten in der Umgegend von Metz (anfangs oft Schlacht von Rezonville genannt. S. Karte: Die Kämpfe um Metz, beim Artikel Metz). In G. befand sich 16. Aug. während der Schlacht von Vion- ^[folgende Seite]