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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Grenville - Grenzbezirk
sind auch die Liqueurfabrikation, Seidenspinnerei
und die Herstellung von Cement; ferner Hanfberei-
wng, Uhrenfabrikation und Eisengießerei. Der
Handel, den eine Filiale der Bank von Frankreich
unterstützt, erstreckt sich vor allem auf den Vertrieb
der Lederwarenerzeugnisse, auf Getreide, Leinwand,
Käse und Wein. G., ursprünglich Cularo, eine
Stadt der Allobroger, wurde von Gratian 379 unter
dem Namen Gratianopolis bedeutend erweitert.
Der Unterbau der Ringmauern von Diocletian
und Maximian ist noch deutlich vorhanden. Von
375 an Äischosssitz, kam es im 5. Jahrh, an die
Burgunder, 534 an die Franken, später an die
Grafen der Dauphins, welche die weltliche Ge-
richtsbarkeit lange mit dem Bischof teilten, und
1453 an die Krone. Ludwig XI. errichtete daselbst
ein Parlament. G. war die erste bedeutende Stadt,
welche im März 1815 dem von Elba zurückkehren^
den Napoleon die Thore öffnete, muhte aber 9. Juli
1815 nach dreitägiger Belagerung an die Öster-
reicher kapitulieren. - Vgl. Pitot, NiLtoire äs 6.
(Grenoble 1829); ders., Hiätoir? municipale äe <3.
(ebd. 1843-46).
Grenville (fpr. gre'nnwill), englische, seit Hein-
richs I. Zeit in Buckinghamfhire ansässige Familie.
Richard G. (gest. 1728) heiratete Hefter Temple,
die von ihrem Bruder den Titel einer Viscounteß
Cobham erbte und 1749 zur Gräsin Temple er-
hoben wurde, welche Würde ihr ältester Sohn Ri-
chard von ihr überkam. (S. Temple.) Ihr zweiter
Sohn, George G., geb. 14.Okt. 1712, studierte in
Cambridge und wurde Anwalt. Nach seinem Ein-
tritt ins Unterhaus hielt er mit Pitt (s. Chatham)
zu den Patrioten (s. d.) und bekleidete seit 1744
mehrere Ämter. Schließlich ging er zu den Gegnern
Pitts über und wurde unter Bute 1762 Staats-
sekretär des Auswärtigen und Führer des Unter-
hauses. Wegen Meinungsverschiedenheit über den
10. Febr. 1763 mit Frankreich abgeschlossenen Frie-
den zu Paris trat er in die Admiralität über; nach
Butes Sturz gelangte er an die Spitze der Negierung
(8.April 1763). Er war ein gründlicher Kenner der
parlamentarischen Geschäftsführung und der Details
der Verwaltung, arbeitfam und ein guter Redner,
aber ohne weitern Blick und mutige Entschlossen-
heit. Des Königs und Butes Umtriebe machten
seine Stellung sehr schwierig, erst die Entfernung
Butes vom Hofe sicherte dieselbe. Auf des Königs
Wunsch begann er das Verfahren gegen Wilkes (f.d.)
und erlies; er die ^tempelakte (s. d.), die zuerst den
Widerstand der amerik. Kolonien hervorrief. Wenn
auch der König diese Maßnahmen billigte, so war
ihm doch der eigensinnige Charakter G.s sehr zu-
wider; 1765 kam es Zum Bruch, und Rockingham
trat an G.s Stelle, der jedoch auch noch fernerhin
lebhaften Anteil an der Politik nahm, bis er 13. Nov.
1770 starb. Seine ministerielle Haltung hatte er in
der Schrift "(^0U8icl6t'Hti0U3 on tlio coiuiuercL anä
ftiiHN068 ot NnFlanä oto." (Lond. 1765) zu recht-
fertigen gefucht. Seine hinterlassenen Papiere ver-
öffentlichte Smith, "Id^i^nvilie I>3p6i-8" (4 Bde.,
Lond. 1852-53).
Der älteste Sohn George G. folgte feinem kin-
derlos gestorbenen Oheim 1779 als zweiter Graf
Temple und wurde 1784 zum Marquis von
Buckingham (f.d.) erhoben; der zweite Sohn, Tho-
mas G., geb. 31. Dez. 1755, trat 1780 ins Unter-
haus, führte 1782 die einleitenden Fried ensver-
bandluugen mit Frankreich in Paris und mußte
1784 seinen Parlamentssitz für Buckingham auf-
geben, weil er sich mit seiner Familie über ftinen
engen Anschluß an Fox entzweit hatte, ^eine
Sendung nach Berlin 1799, um dort eine Verbin-
dung gegen Frankreich herzustellen, war resultat-
los. 1806-7 war er im Kabinett seines Bruders
(s. unten) Präsident des Indischen Amtes, dann erster
Admiralitätslord; 1818 zog er sich ganz von der
Politik zurück. Seine kostbare, aus 20239 Bänden
bestehende Bibliothek, an der er 70 Jahre lang ge-
sammelt hatte, kam durch Vermächtnis nach seinem
Tode (17. Dez. 1846) an das Britische Museum.
Sein jüngerer Bruder, der dritte Sohn George
G.s, William Wyndham G., geb. 25. Okt.
1759, herangebildet in Eton und Oxford, trat 1782
ins Unterhaus, wurde 1783 unter Pitt Kriegszahl-
meister, 1789 Sprecher des Unterhaufes, 1790
Präsident des Loarä ol Oontrol und Lord G. 1791
zum Staatssekretär des Auswärtigen ernannt, führte
er mit befonderm Eifer die Angriffspolitik gegen das
revolutionäre Frankreich. 1801 schied er mit Pitt
aus, schloß sich aber fortan den Whigs unter Fox
an und trat, da dieser von Georg III. abgewiesen
wurde, auch nicht in Pitts zweites Ministerium
ein, bildete aber nach dessen Tod 1806 als Schatz-
lord ein Koalitionsministerium, das sog. ^Ministe-
rium aller Talente", in dem dann Georg III. end-
lich auch Fox dulden mußte. Durch des letztern
frühen Tod (13. Sept. 1806) geschwächt, stürzte es
1807 über die Katholikenfrage, weil G. dem König
die geforderte fchriftliche Erklärung verweigerte,
daß er nie irgend welche Maßregeln zur Befreiung
der Katholiken in England vonihren bürgerlichen
Beschränkungen befürworten wolle. Seitdem war
Lord G. politisch nur noch im Oberhause thätig.
Er zeichnete sich auch als Freund gelehrter Studien
aus, ließ mit seinen Brüdern zusammen eine kritische
Ausgabe des Homer (4 Bde., Oxf. 1800) veranstalten
und später eine nicht in den Handel gekommene des
Horaz. Ferner gab er des ältern Pitt Briefe an
einen Neffen heraus: "I^6tt6i-8 ni-itten d)' tk6 lats
UHri (^liarkNin to 1ii8 nsplikn Iliom. ?itt" (Lond.
1804; neue Aufl. 1821); feine "^luFlis nikti-icae"
(ebd. 1824) enthalten Übersetzungen altengl.,ital. und
griech. Gedichte. Er starb 12. Jan. 1834 kinderlos
auf feinem Landsitze Drochmore m Buckinghamshire.
Grenzbezirk nennt die deutsche und österr.-
ungar. Zollgesetzgebung den zunächst innerhalb der
Zollgrenze oder Zolllinie gelegenen Raum, dessen
Breite nach der Örtlichkeit bestimmt wird, und der
von dem übrigen Zollgebiete durch die besonders
bezeichnete Binnenlinie (s. d.) getrennt, auch da, wo
Straßen, welche einem erheblichern Verkehr dienen,
die Binnenlimc überschreiten, durch Tafeln (Grenz-
tafeln) mit der Inschrift "Grenzbezirk" kenntlich ge-
macht ist. Innerhalb des G< unterliegt der Waren-
verkehr im Interesse der Zollsicherheit nach mehr-
fachen Richtungen hin Kontrollen und selbst Be-
schränkungen. Insbesondere kann in Ansehung
solcher Waren, bei welchem es nach den örtlichen
Verhältnissen zur Sicherung gegen heimliche Ein-
fuhr oder Ausfuhr notwendig erscheint, von den
oberften Landessinanzbehörden eine Transport-oder
Legitimationsfcheinkontrolle in der Weise angeord-
net werden, daß jeder, welcher Waren diefer Art im
G. transportiert, sich durch eine amtliche Bescheini-
gung lTransportausweis, Legitimationsschein) dar-
über auszuweisen hat, daß er zum Transport der
fraglichen Waren in einer gewissen Frist und auf