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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Grundsteuerkataster - Grundstück
stimmte Zeit oder doch auf eine bestimmte längere
Periode festgesetzt, und diese wird dann auf die
einzelnen Grundstücke nach Verhältnis ihres ge-
schätzten Ertrags (oder Werts) verteilt. Im erstern
Falle erscheint die G. als Quotitäts-, im zweiten
als Repartitionssteuer. Der Reinertrag (oder in
einigen Staaten der Kapitalwert) der Grundstücke
wird nach verschiedenen Methoden wenigstens an-
nähernd ermittelt und danach der Stenerkataster
aufgestellt. (S. Grundkataster.) Theoretisch sollte
der steuerpflichtige Reinertrag nur aus der eigent-
lichen Grund- oder Bodenrente (s. d.) und der Ver-
zinsung des in den Boden gesteckten Meliorations-
kapitals bestehen (s. Grundrentensteuer); es wäre
also vom ganzen Reinertrag eines Gutes die Ver-
zinsung des Betriebskapitals und ein angemessener
Gewinn des Unternehmers abzuziehen. In Wirk-
lichkeit wird jedoch nicht so verfahren, und der ge-
schätzte Neinertrag, allerdings meistens niedrig
gegriffen, bleibt eine problematische Größe.
Für die bebauten Grundstücke besteht in den mei-
sten Staaten eine die G. ersetzende Gebäudesteuer
(s. d.); in andern aber werden dieselben ebenfalls
(in Frankreich als Boden der besten Klaffe) mit der
G. belastet. Da die G. an einem Objekt von stets
dauerndem Bestand haftet, fo erhält sie den Cha-
rakter einer Art von Grundlast, einer aus das
Grundstück zum Vorteil des Staates radizierten
Rente. Wird dieselbe neu aufgelegt oder später
erhöht, so wird bei einem Verkauf des Grundstücks
der Preis desselben um den kapitalisierten Betrag
der Steuer oder der Steuererhöhung herabgedrückt
und der neue Käufer dadurch auf Kosten feines Vor-
gängers entlastet. Umgekehrt kommt ein Grund-
steuererlaß einem Kapitalgefchenk für den jeweiligen
Eigentümer gleich. Solange die G. das Wesen
einer Ertragssteuer behält, wird sie von diesen miß-
lichen Eigentümlichkeiten nicht besrcit werden können.
Wohl aber wäre dieses in einen: alle Einkommens-
zweige gleichmäßig umfassenden System der persön-
lichen Einkommens- und Vermögensbesteuerung zu
erreichen, in welchem das Grundeigentum in glei-
cher Linie mit dem beweglichen Kapitalvermögen
als eine Quelle von fundiertem Einkommen behan-
delt würde. Solange aber eine so einschneidende
Reform nicht durchgeführt werden kann, darf der
Staat auf die G., wie sie einmal besteht, nicht ver-
zichten, vollends nicht, wenn, wie dies in Preußen
geschehen, die Besitzer der früher steuerfreien Güter
bei der Einführung derselben eine Kapitalentschädi-
gung erhalten haben.
Die G. erscheint zuerst als eine rohe Form der
Vermögenssteuer und hatte als solche im röm.
Kaiserreich eine große Bedeutung. Im Mittelalter
finden sich statt der G. feudale Grundabgaben mit
verfchiedenen Formen und Benennungen, nament-
lich die fog. Beden (s. d.), zu denen sowohl landes-
herrliche wie lchnsherrliche und grundherrliche Ab-
gaben gerechnet wurden. Mit der Entstehung der
centralisierten modernen Staatssorm bildete sich
dann^auch wieder eine G. mit eigentlichem staatli-
chen ^teuercharakter aus, jedoch anfangs mit vielen
Befreiungen zu Gunsten der privilegierten Stände.
Eine neue Phase in der Entwicklung der G. wurde
durch die Französische Revolution herbeigeführt.
Das franz. Gesetz vom 23. Nov. 1790 läßt einiger-
maßen den Einfluß der physiokratischen Steuerlehre
erkennen, indem es dem Grundbesitz unter Weg-
räumung allcr Privilegien die hohe Summe von
240 Mill. Frs., 20 Proz. des als wahrscheinlich
angenommenen Reinertrags desselben, als Steuer
auferlegte. Diefe Belastung erwies sich allerdings
bald als übermäßig und mußte vermindert werden,
immerhin aber ist die G. in Frankreich höher ge-
blieben als in andern Ländern und brachte z. B. in
demRechnungsjahr1891 noch etwa 183000000Frs.
ein. Diefe Summe wird durch das Budgetgefetz auf
die Departements repartiert, dann durch die General-
und Arrondissementsräte auf die Arrondiffements
und Gemeinden verteilt und erst in den letztern nach
den Katasterschätzungen auf die Steuerpflichtigen
umgelegt. Das franz. Grundsteuersystem bestand
auch in einem Teile der von Preußen 1815 neu
erworbenen Provinzen; in den übrigen Landesteilen
waren die Steuereinrichtungen sehr verschieden und
es gab noch viele Befreiungen und Bevorzugungen.
Erst durch das Gesetz vom 21. Mai 1861 wurde
(gleichzeitig mit der Einführung einer allgemeinen
Gebäudesteuer) eine gleichmäßige G. für die ganze
Monarchie geschaffen. Der zu repartierende Gesamt-
betrag derselben wurde auf 10 Mill. Thlr. festge-
fetzt, ist aber, hauptfächlich infolge der Gebietsver-
größcrungen von 1866, auf etwa 40 Mill. M. (nach
dem Etat für 1892/93 39907000 M.) gebracht. Die
früher bevorzugten Grundbesitzer erhielten, je nach
der Natur ihrer Privilegien, den Machen oder den
13^/gfachen Betrag der Summe, die sie jetzt mehr zu
zahlen hatten, als Entschädigung. In verschiedenen
Beziehungen entspricht auch die G. in West öfter-
reich nach den neuern Gesetzen der preußischen; sie
bringt einige 30 Mill. Fl. ein. Durch die 1893 in
Preußen durchgeführte Steuerreform wurde die ge-
samte G. als Staatssteuer aufgehoben und den Ge-
meinden vorbehalten, wie dies bereits in dem Kom-
munalsteuer-Notgesetz vom 27. Juli 1885 angedentet
war. In England folgte auf verfchiedene ältere
grundsteucrartige Abgaben 1693 die Einführung
einer allgemeinen, nach einer genauern Abschätzung
angelegten "I^kwä tax". Dieselbe wurde 1798
dauernd mit 4 Sh. vom Pfund Sterling des ur-
sprünglich geschätzten Ertrags fixiert und zugleich
für ablöolich erklärt. Durch solche Ablösungen ist
sie jetzt auf einen jährlichen Betrag von wenig mehr
als 1 Mill. Pfd. St. herabgebracht worden, während
der ursprüngliche Betrag 2037627 Pfd. St. betrug.
Gruudsteuerkatafter, f. Grundkataster.
Grundstoffe, s. Chemische Elemente.
Grundstrecken, s. Sohlenstrecken.
Grundstück (lat. kunäu"), ein begrenzter Teil
der Erdoberfläche, der ein einheitliches Eigentums-
objekt bildet. In wirtschaftlicher Beziehung ist be-
sonders die Unterscheidung von städtischen und länd-
lichen G. von Wichtigkeit. Die erstern sind Bau-
plätze für Häuser, und man bezeichnet auch wohl
Platz und Haus zusammen als G.; die letztern wer-
den zur Erzeugung von Vodenprodukten benutzt
und unterscheiden sich nach den Hauptkultur- und
Verwendungsarten, je nachdem sie nämlich zu dem
Ackerland, den Gärten, den Weinbergen, den Wiesen,
Weiden, Waldungen, Mooren, Wasserstücken u. s. w.
gehören. Ein zusammenhängendes, einem einzigen
Eigentümer gehörendes G. kann aus mehrern Teilen
mit verschiedener Kulturart, z. V. aus Ackerland und
Wald, bestehen. Solche Unterabteilungen bilden
dann, wenn sie besonders abgegrenzt sind, G. im
engern Sinne für sich und heißen Parzellen. Anderer-
seits werden auch diejenigen G. Parzellen genannt,
die in einem Gewann oder überhaupt einer Fläche