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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gummiwarenfabrikation
Weise möglich ist, und deshalb wird diese Methode
meistenteils zur Herstellung der Platten für die
Gummifäden ss. unten) augewendet.
Aus den nach einer dieser drei Methoden er-
haltenen Gummiplatten werden uuu die verschieden-
artigsten Artikel, meistens durch Handarbeit her-
gestellt. Bevor sie aber in den Handel kommen,
haben sie alle einen Prozeß, die Vulkanisation,
durchzumachender erst ihre große Gebrauchsfähigkeit
bedingt und ihnen die Eigenschaft verleiht, die man
eben an den Gummiwaren so hochschätzt. Die Vul-
kanisation besteht darin, daß man das mechanisch
mit Schwefel gemifchte Gummi auf eine Temperatur
von l30 bis 140° ('. erhitzt. Bei diefer Temperatur
findet eine chem. Einwirkung des Schwefels auf den
Kautschukstatt,und esbildetsichdas vulkanisierte
Gummi, ein Körper, der ganz andere Eigenschaften
hat als das unvultanisierte Gummi. Namentlicb ist
es innerhalb sehr großer Teinperatilrgrenzen elastisch,
während das uuvultanisierte Gummi bei 0" hart
wie Holz wird und bei höherer Temperatur er-
weicht. Sodann löst sich vulkanisiertes Gummi in
den Lösungsmitteln, in denen sich das unvulkaui-
sierte Gummi auflöst, wie Benzol, Ätber, Terpentin
u. s. w., nicht mehr. Die Vulkanisation wurde fast
gleichzeitig zu Anfang der vierziger Jahre von Good-
year in Amerika und Hancock in England entdeckt.
Goodyear erhitzte mit Schwefel gemischtes Kautschuk
entweder im Wasser oder im Lustbade auf eine
Temperatur von 130 bis 140" ^., während Hancock
die Gummiwareu in ein Bad von geschmolzenem
Schwefel eintauchte. Eiue dritte Art der Vulkans
sation wurde etwas später vou Parkes entdeckt.
Dieselbe besteht darin, daß man die Gegenstände in
ein Gemisch von Chlorschwefel und Schwefelkohlen-
stoff kurze Zeit eintaucht. Alle drei Mctbodcu werden
beute noch angewandt, am häufigsten die von Good-
year. Das Vulkauisieren geschieht meistens in mit
Dampf geheizten Kesseln oder unter sog. Dampf-
presfcn. Es sind dies große Pressen, deren Unter-
und Oberteil hohl sind und mit Dampf erwärmt
werden können. Da bei der Vulkanisation das
Gummi erweicht, so schließt man es, damit es seine
Form behält, entweder in metallenen Formell ein
oder aber man wickelt es fest in feuchte Stoffe, die
man nach der Vulkanisation wieder entfernt.
Einer der wichtigsten technischen Gummiartikel
sind die Gummischläuchc. Schläuche ohne Ein-
lagen, wie sie namentlich zum Leiten, vou Gas uud
zu chirurg. Instrumenten gebraucbt werden, fertigt
mau in besondern sog. Gasschlauchmaschineu
an. Es ist dies ein eiserner Cylinder, der durch
Dampf erwärmt werden kann, in welchem sich eine
Spindel bewegt. Diese preßt das Kautschuk aus
dem Mundstück, in welchem man einen Dorn, der
der innern Weite des Schlauchs entspricht, befestigt
bat, heraus. Auf diese Weise werden auch G umm i -
schnüre ohne Einlagen hergestellt. Schläuche mit
Einlagen, wie sie in großen Mengen zu Wasser-
leitungszweckcn, ferner in den Brauereien und
Zuckerfabriken und zum Pumpen von Wasser u. s. w.
verwendet werden, fertigt man auf folgende Weise:
Man legt um einen metallenen Dorn, welcher der
lichten Weite, die der Schlauch haben soll, cntspricbt,
zunächst eine Schicht von reinem Gummi, ubor
diese Schicht kommen, entsprechend der stärke, die
der Schlauch haben soll, und entsprechend dem
Druck, welchen dieser Schlauch später aushalten
soll, Lagen von baumwollenen und Lcinengeweben.
Diese Gewebe sind entweder auf dem Kalander
oder auf der Spreadingsmaschiue vorher gummiert,
sodaß sie fest sich mit der Gummischicht und unter-
einander verbinden. Außen wird nochmals eine
Lage Neingummi aufgegeben. Behufs der Vul-
kanisation umwickelt man die Schläuche mit augl'-
feucbtcteu baumwollenen Stoffen und bringt sie
samt dem Metalldorn auf einen langen Wagen,
den man in den Vulkanisiertessel hineinführt. Man
macht Schläuche jetzt bis zu einer Länge von 35 m.
Für besondere Zwecke, namentlich zum Saugen, wo
der Schlauch einem äußern Druck zu widerstehen hat,
bringt man außer der Stoffeinlage auch noch eine
Spirale von Eisen oder Kupfer im Innern des
Schlauchs an (<Hpiralschläuchc).
Gummiplatten ohne Einlage, wie sie na-
mentlich verwendet werden zur Herstellung von
Pumpenklappen, fertigt man auf die Weife, daß
man die vom Kalander kommendeil Platten auf-
einanderlegt, bis die erforderliche Stärke erreicht
ist. Man vulkanisiert diese Platten in der Regel
unter den Vulkanisierpressen, die schon oben er-
wähnt wurden, damit sie eine ganz glatte Ober-
flächeerhalten. Gummiplatteu mit Einlagen,
wie sie in großen Mengen zu Verdichtungszwecken
bei Dampf- und Wasserleitung benutzt werdeu, fertigt
man auf die Weife, daß man zwischen zwei vom Ka-
lander kommenden Lagen Gummi eine oder mehrere
Lagen eines gummierten Stoffs anbringt und diefc
Platten u. s. w. dann zur Vulkanisation auf befon-
dern eisernen Cylindern, sog. Trommeln, auswickelt
zusammen mit einem Baumwollgewebe. Das Ganze
wird dann in einem Kessel mittels Dampf erbitzt
und so vulkanisiert. Nach der Vulkanisation wickelt
man die Platten von der Trommel los und eutfernt
das Gewebe, welches man zum Einwickeln gebraucht
und welches diesen Platten eine Musterung gegeben
hat. ^tatt mit Stoffeinlagen fertigt man folche
Platten auch mit Einlagen von Metallgewebe oder
Asbest und außerdem noch mit Umlagen von Stof-
fen oder Asbest. Aus dieseu Platten werden durch
besondere ^chueidevorrichtungen dann die Dich-
tungsringe, sog. Flanschenringe, geschnitten.
Gummischnüre mit Einlage sowie Mann-
loch schnür, die zum Dichten bei den Dampfkesseln
eine große Rolle spielen, werden auf ganz ähnliche
Weife hergestellt.
Gummi faden, die in großem Maßstabe zur
Herstellung elastischer Gewebe dienen, werden aus
dünnen durch die oben erwähnten Spreadings-
maschinen erzeugten Platten dadurch hergestellt, daß
die Platten auf besondern Drehbänken in schmale
Streifen von quadratischem Querschnitt zerschnitten
werden.
Gummibälle, das beliebte Kinderspielzeug,
fertigt man auf die Weife, daß man nach einer
Vlecbschablone aus Platten ovale Stücke schneidet
und deren Ränder abschrägt. Aus vier solchen Plat-
ten sormt man einen unregelmäßigen, würselähn-
lichen Körper. Auf ciuer Platte befindet sich im
Innern ein Pfropfen aus reinem Gummi. Ehe
man den Ball ganz schließt, giebt man in das Innere
desselben etwas doppeltkohlensaures Ammonium.
Diesen jetzt geschlossenen Körper bringt man nun
in eiserne zweiteilige Kugclformen, verschraubt die-
selben fest und erhitzt sie im Vulkanisierkessel. Durch
die Hitze verflüchtigt sich das doppeltkohlensaure Am-
monium, preßt die Gummiplatten gegen die Wan-
dung der Formen, und in diesem Zustande wird der