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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gustav III. (König von Schweden)
und die Organisation der "Hofgerichte" zu Stockholm
(1614), Äbo (1628) und Dorpat (1629) reformiert.
Hinsichtlich des Heerwesens ward schon jetzt der
Grund gelegt zu dem durch Karl XI. vollbrachten
"juci6iniiiF8->v6i'k". Das schwed. linterrichtswesen
darf nach den Reformen G. A.s als eins der bestge-
ordneten ganz Europas augesehen werden; die Hoch-
schule zu Upsala ward durch die wahrhaft königl.
Donation der gesamten "Gustavianischen" Erbgüter
aus ihrem zeitweiligen Verfall emporgehoben und
eine neue Universität zu Dorpat eingerichtet, sowie
auch Gymnasien in den Stiftsstädten. Eine rege
Wirksamkeit herrschte auch auf dem Gebiet der mate-
riellen Kultur; die reichen Bergwerke Schwedens
blühten wieder auf, so auch der Handel, beides in-
solge wallon. und Holland. Einwanderungen; 15
Städte wurden neu angelegt und Versuche gemacht,
Schweden einen Anteil an dem großen Welthandel
zu verschaffen und überseeische Kolonien zu erwerben.
Freilich fehlt es auch nicht an Schatten neben dem
Glanz seiner Regierung; es sind dies unter anderm
die wachsende Übermacht des Adels und der harte
Druck, den die Steuern und Aushebungen auf das
Volk ausübten.
Auf dem Gebiet der Taktik war G. A.s Thätigkeit
epochemachend (s. Fechtart, Bd. 6, S. 615a). Auch
schuf er durch strenge Mann^zucht eine Armee, die
bezüglich ihrer moralischen Tüchtigkeit damals ihres-
gleichen nicht hatte. G. A.s Schriften sind n. d. T.
"XonunA (lNLtaf li. ^äoll" kliriltkr" (Stockh. 1861)
von Etyffe herausgegeben worden; Drovsen ver-
öffentlichte "Schriftstücke von G.A., zumeist an evang.
Fürsten Deutschlands" lebd. 1877). Seine Briefe
an Axel Orenstjcrna sind neuerdings in der großen
Publikation "^. Ox6N8U6i'ii^8 ^kriltßi' ock Lref-
vkxliuß" veröffentlicht.
^eine Reiterstatue (von L'Archeveque) fchmückt
seit 1796 den Platz vor dem Schlöffe zu Stockholm;
außerdem wurde ihm 1854 ein Standbild (von Fogel-
bcrg) in Göteborg gesetzt, dessen erster Abguß auf
der Domsheide in Bremen steht. An der Stelle, wo
man nach der Schlacht bei Lützen (s. d.) seine Leiche
gefunden, wurde ihm 6. Nov. 1837 auf dem sog.
Schwedenstein ein got. Denkmal aus Gußeisen er-
richtet. In Deutschland ist die Gustav-Adolf-Stif-
tung (f. Gustav-Adolf-Verein) nach ihm benannt.
Vgl. Flathe, G. A. und der Dreißigjährige Krieg
(4 Bde., Dresd. 1840-41); Gfrörer, G.A. und
seine Zeit (4. Aufl., Stuttg. 1863); Fryrell, Ge-
schichte G. A.s (deutsch, Lpz. 1852); Soden, G. A.
und sein Heer in Süddeutschland 1631-35 (2 Bde.,
Erlangen 1865-67); G. Droysen, G. A. (2 Bde.,
Lpz. 1869-70); Wittich, Magdeburg, G. A. und
Tilly (Bd. 1 und Bd. 2, 1. Hälfte, Äerl. 1874);
(5ronholm,3v6liß68lii3t0i'i3.uutl6r(^u8tat'II.^ä0it'8
t-6861-jQF (6 Bde., Etockh. 1857 - 72; deutsch von
Helms, im Auszug: "G. II. A. in Deutschland",
Bd. 1, Lpz. 1875); Weibuli hat in der neu er-
schienenen illustrierten 3v6ri^88 k^toria eine an-
ziehende und aus die neuesten Forschungen gestützte
Schilderung seiner Regierung geliefert (Separat-
ausgabeStockh. 1882); Parieu, UistoirL äß Ou8wve
^äolpQO, roi äs 8utzä6 (Par. 1875); Stevens,
IIi8t0l-x of 6ii8tavu8 ^<1o1zi1iu8 (Neuyork 1884).
Gustav III., König von Schweden (1771
-92), a,eb. 24. Jan. 1746, war der älteste Sodn
König Adolf Friedrichs und Luise Ulrikes, ciner
Schwester Friedrichs II. von Preußen. Die glück-
lichen Anlagen G.s entwickelten sich unter der Leitung
der Grafen Tessin und Scheffer rasch und kräftig.
Ende 1770 trat er eine große europ. Reise an und
weilte noch in Frankreich, wo er wichtige Verbin-
dungen anknüpfte, als er durch den Tod seines
Vaters zur Regierung berufen wurde. In Schweden
hatten damals zwei polit. Adelsparteien, bekannt
unter dem Namen der Mützen und Hüte, die Staats-
gewalt an sich gerissen; jene wurde durch Rußland,
diese durch Frankreich geleitet. Beide strebten, ob-
gleich sonst in feindseligem Widerstreit, den Thron
seiner Vorrechte mehr und mehr zu entkleiden und
an dessen Stelle die volle Herrschaft der Stände zu
setzen. Kaum hatte G. nach seines Vaters Tode
12. Febr. 1771 den Thron bestiegen, als er, geleitet
von Frankreichs Ratschlägen, den Plan faßte, die
Parteiregierung zu stürzen. Doch hielt er seinen
Entschluß geheim und unterschrieb sogar die neue
Versicherungsakte vom 4. März 1772, die seine Ge-
walt noch mehr einschränkte. Im stillen suchte er
indes Volk und Militär auf seine Seite zu ziehen.
Vorzüglich thätig war in diesem Sinne in der Haupt-
stadt Oberst ^prengtporten, bis ihn der Argwohn
des Reichstags nach Finland verbannte; in den
Provinzen wirkten Abgesandte des Königs bei den
Regimentern. Man beabsichtigte den Ausstand unter
Sprengtporten in Finland anfangen zu lassen und
ibn dann in Stockholm zur Vollendung zu bringen.
Indes bekam man in Stockholm Nachricht von der
drohenden Revolution. Der König glaubte nicht
mehr sicher zu sein und beschloß die Ausführung zu
beschleunigen. Am 19. Aug. 1772 besaht er, nach-
dem er vorher eine Anzahl von Offizieren und ein
Artillerieregiment für seinen Plan gewonnen hatte,
die Verhaftung der Mitglieder des Reichsrats und
empfing die Huldigungen der Verwaltungsbehörden,
des Stockholmer Magistrats und der Admiralität.
Schon am folgenden Tage leisteten die Reichskolle-
gicn und die Bürger in Stockholm ihm den Unter-
tbaneneid auf eine neue Verfassung, die er selbst
ebenfalls beschwor. Am 21. Aug. wurde sie auch
von den Ständen genehmigt und durch Unterschrift
und Eid bekräftigt. Fast alle Staatsdiener blieben
in ihren 'Amtern, die Verhafteten wurden in Frei-
heit gesetzt, die Revolution war beendigt. Durch
die Bemühungen des Königs erwachten Handel,
Ackerbau und Gewerbfleiß, die Land- und Seemacht
hob sicb, Bergbau, Künste und Wissenschaften blübten
wieder auf, und viele Anstalten, die O. nach dem
Beispiel Friedrichs II. von Preußen ins Leben rief,
förderten die allgemeine Wohlfahrt. In Hinsicht
seines Hofstaates nahm er jedoch den Glanz des
franz. Hofs zum Muster, was ihn zur Überlastung
des Landes jührte. Noch mehr aber als diese Pracht-
liebe war seine abenteuerliche Politik geeignet, allge-
meine Unzufriedenheit zu erregen, und die Stände
waren schon auf dem Reichstage von 1786 offen
und beftig gegen den König aufgetreten. Sie ver-
warfen fast alle seine Vorschläge und nötigten ihn zu
barten Opfern. Noch bedrängter aber wurde feine
Lage, als, nachdem er selbst Rußland angegriffen
hatte, 12. Aug. 1788 im Heere eine Meuterei aus-
brach. Unter dem Vorwande, daß der König ohne
Genehmigung der Stände keinen Angriffskrieg be-
ginnen dürfe, weigerte sich das Heer zu fechten und
unterhandelte eigenmächtig mit Rußland um einen
Waffenstillstand (s. Anjalabund). Höchst gefahrvoll
wurde seine Lage, nachdem auch die Dänen Krieg an-
gefangen hatten und in Schweden eingefallen waren.
G. eilte nach Schweden zurück, wandte sich persönlich