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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hamen - Hamerton
aber, als die Hameler den ihm versprochenen Lohn
nicht zahlten, eine andere Weise geblasen haben,
worauf ihm sogleich alle Kinder, 130 an der Zahl,
nach dem Koppelberge in der Nähe der Stadt gefolgt
seien. Dieser habe sich aufgethan und, nachdem
Mann und Kinder hineingegangen waren, wieder
geschlossen. Nur ein einziges Kind, das sich verspätet,
blieb zurück und erzählte die Begebenheit. Nack
einiger Zeit läßt die Sage die Verschwundenen in
Siebenbürgen wieder zum Vorschein kommen und
dort eine deutsche Kolonie begründen.
Vgl. Sprenger, Geschichte der Stadt H. (Hannov.
1826; 2. Aufl., bearbeitet von Neitzenstein, Ha-
meln 1861); Meinardus, Hameler Geschichtsquellen
(Hannov. 1882); ders., Der histor. Kern der Ha-
meler Rattenfängersage (ebd. 1882); Urkundenbuch
des Stiftes und der Stadt H. bis zum I. 1407
(ebd. 1887); H. und Bad Pyrmont (Hameln 1892).
Hamen oder Ket scher, Instrument zum Fischen,
s. Netzfischerei.
ll2.buisnta.rla., Gattung der Blutegel (s. d.).
Hamerik, Asger, dän. Komponist, geb. 8. April
1843 in Kopenhagen, studierte daselbst unter Gade,
ging 1862 nach Berlin zu Bülow und 1864 zu
Berlioz nach Paris. In Paris schrieb er die Opern
"^olkviliß", "Hjalmar und Ingeborg" und die
"Iüd. Trilogie". 1869 ging H. nach Italien, wo
in Mailand seine Oper "VenäkNa" (1870) zur Auf-
führung gelangte. Seit 1872 wirkt er als Dirigent
der Peabody-Konzerte in Baltimore. Außer den
genannten Werken schrieb er eine "Friedenshymne"
(1868), die Oper "Der Wanderer" (1872), zwer Sin-
fonien, ein Klavierquartett, Konzertstücke, Lieder,
eine "Oper ohne Worte" (1883). Am bekanntesten
wurde H. durch seine fünf "Nordischen Suiten" für
Orchester, die eine geschickte Technik bekunden.
Hamerkeu, s. Thomas a Kempis.
Hamerling, Rob., Dichter, aeb. 24. März
1830 zu Kirchberg am Walde in Niederösterreich,
brachte vier Jahre als Chorknabe in dem Cister-
cienserstift Zwetl zu und besuchte das Gymnasiuni
in Wien, worauf er sich 1848 dafelbst in die mediz.
Fakultät inskribieren ließ. 1848 trat er in die
"Akademische Legion", blieb während der Belage-
rung Wiens durch Windischgrätz in der Stadt und
mußte sich nach der Einnahme einige Zeit verbor-
gen halten. Neben naturwissenschaftlichen Studien
trieb er dann auf der Universität mit Eifer klassische
und orient. Philologie sowie Philosophie. 185,5
wurde H. Professor am Gymnasium zu Trieft, eine
Stellung, die ihm bei einem chron. Unterleibsleiden
bald lästig wurde. Schon 1866 bat er um die Ent-
hebung von seiner Lehrerstelle in Trieft; ein kaiserl.
Gnadenakt erhöhte bei der Entlassung seine Pen-
sion, und eine edle, dem Dichter persönlich fern
stehende Dame in Wien that einen weitern Schritt,
um ihm die Hingabe an die Poesie zu ermöglichen.
Bronzestandbild (von Vrandstetter) wurde 16. Juli
1893 im Stadtpark zu Waidhofen enthüllt.
H. ist einer der ideenreichsten und ernsthaftesten
deutschen Dichter der neuesten Zeit, der, ein Meister
in dcn verschiedensten Formen und sogar ein Eprach-
Umstler, stets tiefe und kühne auf philos. Wege
selbsterarbeitete Gedanken verwertet. Bcsonders
hervorragend ist er namentlich durch lebhafte und
sinnlich bunte, je nach dem Bedarf der Situation
bis zum lippigen gesteigerte Detailmalerei und
phantasievollen Reichtum der Handlung. Stets
wiegt bei ihm die ernste Stimmung vor, die bei
deutschnationalen Fragen (H. betrachtete Deutsck-
land als sein "Vaterland", Asterreich als sein
"Mutterland") ins Erhabene, ja Feierliche übergeht.
H.s erste poet. Veröffentlichung war "Ein Sanges-
gruß vom Strande der Adria" (Trieft 1857). Seine
Iugendgedichte erschienen gesammelt u. d. T. "Sin-
nen und Minnen" (Prag 1859; in sehr vermehrter
7. Aufl.,Hamb. 1886); sie zeigen den Schwung ern-
ster Gedankendichtung. Noch mehr trat dieser her-
vor in einer Neihe von lyrisch-epischen Dichtungen:
"Venus im Exil" (Prag 1858; 5. Aufl., Hamb. 1 889),
"Ein Schwanenlied der Nomantik" (Hamb. 1862;
5. Aufl. 1889), und der Canzone "Germanenulg"
(Wien 1863; 5. Aufl., Hamb. 1890); von diesen
Dichtwerken erschien eine verbesserte Gesamtaus-
gabe u. d. T. "Gesammelte kleinere Dichtungen"
(Hamb. 1871; 4. Aufl., ebd. 1890). Die Lyrik seines
reifern Alters vereinigte H. als "Blätter im Winde"
s ebd. 1887; 2. Aufl. 1888). Durchschlagenden Er-
folg erzielte das Epos "Ahasver in Nom" (ebd.
1866; 18. Aufl. 1890), das das Rom Neros in bren-
nender Farbenglut und mitten darin Ahasver, den
Vertreter des Princips der Selbstvernichtung, als
grandiose weltgeschichtliche Persönlichkeit vorführt.
Seine spätern größeren epischen Dichtungen: "Der
König von Sion" (Hamb. 1868; 12. Aufl. 1890),
"Die sieben Todsünden" (6. Aufl., ebd. 1887) und
"Homunculus. Modernes Epos" (ebd. 1888; 6.Aufl.
1890) behandeln große geschichtliche Probleme von
durchaus selbständigen social-ethischen Gesichte
punkten mit vollendeter Sprachknnst. Auf dramat.
Gebiete versuchte sich H. in der Tragödie "Danton
und Robespierre" (Hamb. 1871; 4. Aufl. 1877),
einer kraftgenialischen Studie, die an G. Büchner
und Griepenkerl erinnert, ferner in dem Lustspiel
"Lord Lucifer" (ebd. 1880); unbedeutender ist das
zweiaktige Scherzspiel "Teut" (3. Aufl., ebd. 1877).
Der Roman "Aspasia" (3. Aufl., 3 Bde., ebd. 1884)
bot eine geistreiche und feinsinnige Schilderung des
Perikleischen Zeitalters, die freilich den Helden Pe-
rikles selbst verzeichnet; die Novelle "Die Waldsän-
gerin" (3. Aufl., Berl. 1882), ferner "Amor und
Psyche. Dichtung in sechs Gesängen" (mit Illustra-
tionen von Thumann, Lpz. 1882; 7. Aufl. 1889) und
die als "Prosa" gesammelte Neihe seiner fein aus-
geführten Skizzen und Studien (2 Bde., Hamb. 1884;
Neue Folge, 2 Bde., ebd. 1891) vervollständigen
seine epischen Leistungen. Bemerkenswertes schuf
H. noch als Übersetzer von Leopardis "Gedichten"
(Lpz. 1886) und der "Hesperischen Früchte. Verse
und Prosa aus dein modernen Italien" (Teschen
1884). Aus seinem Nachlasse erschienen: "Statio-
nen meiner Lebenspilgerschaft", eine Selbstbiogra-
phie (Hamb. 1889), sowie das philos. Werk "Die
Atomistik des Willens. Beiträge zur Kritik der
modernen Erkenntnis" (2 Bde., ebd. 1891), das frei-
lich lehrt, daß der philof. Dichter noch kein Philo-
soph zu sein braucht. - Vgl. Kleinert, R. H. Ein
Dichter der Schönheit (Hamb. 1889); Allram, Aus
der Heimat H.s (Wien 1890); Polzer, R. H. Sein
Wesen und Wirten (Hamb. 1890); Möser, Meine
Beziehungen zu R. H. (Berl. 1890); P.K.Rosegger,
Erinnerungen an H. (Wien 1891); E. Gnad, über
R. H.s Lyrik. Einc litterar. Studie (Graz 1891).
Hamerton (spr. hännnert'n), Philipp Gilbert,
engl. Maler und Schriftsteller, geb. 10. Sept. 1834