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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Händel-Schütz - Handelscompagnien
die Behauptungen des Kausinanns und für die Be-
hauptungen seines Prozeßgegners sprechen, dem
Richter ein erhebliches VeweismoM'Mt für die Nich-
tigkeit der letztern darbieten. Deshalb ist die Vor-
legung der H. des Kaufmanns oft von großer Be-
deutung. (S. Edition.)
Händel-Schütz, Johanna Henriette Rosine,
Schauspielerin, geb. 13. Febr. 1772 zu Döbeln, war
die Tochter des Schauspielers Schüler und wurde
von diesem für das Theater erzogen. Nachdem sie
als jugendliche Liebhaberin an verschiedenen Orten
aufgetreten, verheiratete sie sich 1788 mit dem Te-
nonsten Eunicke und ging mit diesem 1789 nach
Mainz, 1792 nach Amsterdam an das dortige
deutsche Theater, 1794 nach Frankfurt a. M., wo
sie der Maler Pforr mit dem Rehbergschen Kupfer-
werkc über die Attitüden der Lady Hamilton be-
kannt machte und die später von ihr künstlerisch
ausgebildete Neigung für ähnliche Darstellungen
in ihr weckte. 1796 begab sie sich mit ihrem Gatten
nach Berlin, wo sie 10 Jahre lang auf der von
Iffland geleiteten Bühne sowohl in hochtragischen
als auch in gemütlich-sentimentalen Partien mit
Erfolg auftrat. - 1797 trennte sie sich von ihrem
ersten Manne und heiratete 1802 den Arzt Meyer,
von dem sie jedoch schon 1805 geschieden wurde.
Mit ihrem dritten Gemahl, dem Dr. Händel aus
Halle, ging sie nun, um das Theater gänzlich zu ver-
lassen, nach Stettin und zog nach dessen Tode 1807
zu ihrem Schwiegervater nach Halle, wo sie sich mit
Professor K. I. Schütz verheiratete, der, als drama-
turgischer Schriftsteller thätig, sie zu einer Kunst-
reise veranlaßte und in Verbindung mit ihr Deutsch-
land durchwanderte, auch Petersburg, Stockholm,
Kopenhagen, Amsterdam und Paris besuchte. Jetzt
entwickelte sie ihr großes Talent für dramatisch-
detlamatorische und mimisch-plastische Darstel-
lungen, indem sie unter Leitung ihres Gatten durch
das in ihren Attitüden (s. d.) sich kundgebende Stu-
dium der Antike wie durch geniale Auffassung alles
dessen, was zur Gruppierung und Drapierung ge-
hört, den Beifall der ausgezeichnetsten Kenner dieses
Fachs erwarb. 1820 beschloß sie mit einigen Gast-
rollen auf der Leipziger Bühne ihre künstlerische
Laufbahn. 1824 trennte sie sich auch von ihrem
vierten Manne und lebte zurückgezogen in Köslin,
wo sie 4. März 1849 starb. - Vgl. Blumenlese aus
dem Stammbuche der deutschen mimischen Künst-
lerin, Frau Henrictte H. (Lpz. und Altenb. 1815) und
Erinnerungen an Henriette H. (Darmst. 1870).
Handelscompagnien im engern Sinne heißen
die großen Gesellschaften, die seit dem Ende des
16. Jahrh, zum Betriebe eines bestimmten Zweigs
des Handels, namentlich nach entfernten Ländern,
gegründet und von den Regierungen durch Mono-
pole, Privilegien und andere Unterstützungen be-
günstigt wurden. Es handelte sich dabei um Unter-
nehmungen mit großem Risiko und langsamer
Abwicklung, auf welche sich einzelne isolierte Kauf-
leute nicht leicht eingelassen haben würden. Daher
vereinigte sich eine größere Zahl von Teilnehmern,
und zwar anfangs zu sog. regulierten Gesell-
schaften, in denen jeder Beteiligte seine Geschäfte
sür sich machte, alle aber sich einer gemeinschaftlichen
Ordnung unterwarfen, Beiträge für gemeinschast-
liche Zwecke leisteten und nach außcll hin einc achtung-
gebietende Einheit bildeten. Bald aber wurden
aus diesen Vereinigungen durch die Gunst der Re-
gierungen privilegierte Korporationen, deren Mit-
glieder nur mit ihrer Einlage hafteten und die als
die ersten eigentlichen Aktiengesellschaften angesehen
werden können. Mehrere dieser Gesellschaften stütz-
ten ihren Handel auf die Erwerbung polit. Herr-
fchaft in überfeeischen Ländern und gelangten da-
durch zu einer Machtstellung, welche mit den heu-
tigen Anschauungen über das Verhältnis der Bürger
zum Staat nicht wohl vereinbar sein würde. Von
Englands H. wurden die bedeutendsten die Ost-
indischen Compagnien (s. d.). Von andern Gesell-
schaften ging die Britisch-Afrikanifche, 1063 auf
1000 Jahre für den ausschließlichen Handel nach
der Westküste von Afrika privilegiert, etwa 1752
unter, nachdem der Handel nach jenem Gebiete schon
17l0 wieder freigegeben worden war. Die Südsee-
gesellschaft, 171! privilegiert, führte den großen
Gründcrschwindel von 1720 herbei und schleppte
nach dem Krach noch einige Jahrzehnte ein unfrucht-
bares Dasein hin. Die 1670 gegründete und privile-
gierte Hudsondaicompagnie is. d.) gab 1870 ihr
ausgedehntes Gebiet an die Dominion of Canada
ab und ist nur noch eine einfache Handels- und Im-
mobiliengesellschaft, welche vorzugsweise Pclzhandel
betreibt. Frankreich machte ebenfalls zahlreiche,
aber wenig erfolgreiche Versuche mit privilegiertenH.
Zwei Westindische Gesellschaften, 1629 und 165!
gegründet, gingen bald wieder ein. Eine dritte, die
1664 gegründet wurde und das Eigentumsrecht von
Canada, den franz. Antillen u. s. w. erhielt, hatte
ebenfalls keinen Erfolg und wurde 1674 aufgelöst,
indem der Staat die Aktien übernahm. Längern
Bestand hatte die 1664 gegründete Ostindische Com-
pagnie (s. d.). ^)ie wurde 1719 mit der von Law
(s. d.) ins Leben gerufenen (^omMFnio ä'Ocoiäknt.
(gewöhnlich Mississippigesellschaft genannt) ver-
schmolzen, die auch die Senegal-, die Chinesische und
die Santo-Domingogesellschaft in sich aufnahm und
dann den Namen (^ompiiFnis des Inä"8 führte.
Die Agiotage in den Aktien dieser Gesellschaft spielte
in dem Lawschen Schwindelsystem die Hauptrolle.
Nach dem Krach von 1720 vegetierte sie noch bis
l772 weiter. Außer den bereits genannten Gesell-
schaften bestand in Frankreich unter Ludwig XIV.
auch eine Levantinische, eine Nordische und eine
Guinea-Gesellschaft. In Österreich wurde 1719
eine Orientalische Compagnie errichtet, die u. a. das
Recht erhielt, sich Geld durch eine Lotterie zu ver-
schaffen. Sie geriet aber schon seit 1728 allmählich
in Verfall. InPreußen wurde bereits vom Großen
Kurfürsten 1647-52 der Plan einer Branden-
burgisch-Ostindischen Compagnie erwogen, zuerst
allein, dann im Bunde mit Osterreich und Spanien,
aber wegen des mit England abgeschlossenen Han-
dels- und Schisfahrtsvertrages schließlich endgültig
aufgegeben. Wohl aber kam es durch Edikt vom
7./17. März 1682 zur Errichtung einer Branden-
burgisch-Afrikanischen Compagnie, die bis 1720
bestand. Ihre Besitzungen gingen in die Hände der
Holländisch-Westindischen Compagnie über. (S. Ko-
lonialpolitik.) Auch die unter Friedrich d. Gr. mehr-
fach errichteten und mit Handelsmonopolen ausge-
statteten Gesellschaften, wie die Asiatische Com-
pagnie in Emden (1745-65), die 1763 gegründete
Levantinische Handelscompagnie, die Herings-
sischereicompagnie in Emden (1765-98), ferner
eine Getreidehandlungscompagnie auf der Elbe u. a.
sind zu keiner großen Blüte gelangt. Erhalten hat
sich nur, wenn auch in ganz veränderter Gestalt,
nämlich als staatliches Bankinstitut, die 1772 ge-