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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Harz
Im SO. ist der H. mit dem Kupferfchieferbergland
von Mansfeld zusammengewachsen. Der Südrand,
der von dem Kyffhäufergebirge (s. d.) dnrch die Gol-
dene Aue (s. d.) getrennt ist, wird von einem 324 ni
hohen Bergwall begleitet, der durch seine Höhlen
und Erdfällc Interesse erweckt und bei Osterode endet.
Im W. endlich schließt sich ein Muschelkalkzug an,
der sich bei Münchehof an eine von S. kommende
Buntsandsteintette anschließt, die bald darauf mit
den Ansängen des Heber verschmilzt.
Geologisches. Das Massiv besteht zum größ-
ten Teil aus sedimentären, zum kleinern aus erup-
tiven Gesteinen. Die Sedimentgesteine gehören im
Ostharz der Devon-, im Westharz vorwiegend der
untern Kohlenformation an. Das Devon kommt
in allen ftinen drei Abteilungen vor. Im Unter-
harz nimmt das älteste Unterdevon in der Facies
des sog. Hercyns mit den Niveaus der Tanner
Grauwacke und der untern Wieder Schiefer einen
großen Raum eiu; darüber folgt das gemeine Unter-
devon in fünf Niveaus, als Hauptquarzit, Oberer
Wieder Schiefer, Hauptkiefelschieser, Zorger Schie-
ferund Elbingeroder Grauwacke. Im Oberharz tritt
Unterdevon zwifchen Oker und Innerste als Spi-
riferenfandstein auf; Rammelsberg und Vocksberg,
die beiden Kuppen der Clausthaler Hochebene, ge-
hören diefem Gestein an. Mitteldevon findet sich in
der Elbingeroder Mulde als ^iringocephalentalk,
dann zwischen Oker und Innerste als Calceolakalk
und Calceolafchiefer und als die Dachfchiefer lie-
fernde Goslarer Schiefer, denen auch das groß-
artige Erzlager des Rammelsberges angehört, und
endlich in dem Diabaszug des Westharzes, welcher
sich von Osterode bis Clausthal zieht. Dem Ober-
devon gehören in der Elbingeroder Mulde der
Iberger Kalk, der zu zahlreichen Höhlen ausge-
wafchen ist (Vaumanns-, Biels-, Hermannshöhle,
s. d.) und der Cyprioinenfchiefer am Hartenstein an.
Zwischen Oker und Innerste sind oberdevonifch die
Intumefcenzfchichten und der Cypridinenfchiefer.
Die Kohlcnformation tritt nur im Westharz als
unteres Kohlengebirge oder Kulm auf, der von erz-
reichen Gangfpaltcn durchfetzt und verworfen ist.
Von den Eruptivgesteinen ist zu erwähnen der fchon
oben genannte Diabas-(Grünstein-)Zug des West-
darzes, Porphyr deckenartig in der Elbingeroder
Mulde und Granit am Nordrande des H. und zwar in
drei größern Massen: am Ramberge, am Brocken
und im Okerthal. In Begleitung dieser Eruptiv-
gesteine erscheinen durch Kontaktmetamorphose um-
gewandelt Hornfels und kleinkörniger Marmor. Im
Unterdevon des Unterharzes finden sich ferner uu-
zählige Vorkommnisse von Diabas. Zu den Flöz-
gebirgschichten gehört vor allem die obere Stein-
kohlcnformation bei Vallenstedt und bei Ilfeld.
Das Rotliegende umzieht den H. von Ballenstcdt
über Meisdorf, Leinungen, Questenberg, Neustadt,
Ilfeld, Lauterberg bis zum Glasnerberg bei Ha-
hausen, am stärtsten entwickelt bei Mansfeld und
bei Ilfeld. Die Zechsteinformation umzieht den
ganzen Südrand von Neukrug bei Hahaufen bis in
die Grafschaft Mansfeld; ihr gehört die landfchaft-
lich so hervortretende weiße Gipsmauer an. Die
Triasformation bildet am Nordrande ein fchmales
Band; Jura- und Kreideformation kommen nur am
Nordrande vor, während Tertiär (Brauukohlcnbil-
dung) nur fchwach am Harzrande vertreten ist. Das
Diluvium (Schotter und Lehm) kommt im ganzen H.
vor. Nordische Gefchiebe (Granit, Gneis und Kreide-
gesteine) werden selbst inbedeutenderHöbe gefunden.
Löß zieht sich in den Erosionsthälern bis zu 280 m
hinauf. In den Lehmablagerungen der Harzhöhlen
finden sich vielfach Knochen von Diluvialtieren.
Das Alluvium endlich besteht aus weitausgedehn-
ten Torfmooren auf dem Brockengebirge und dem
Bruchberge und aus den Geröllablagerungen der
Thalebene. - In Bezug auf Mineralreichtum steht
der H. nur dem Sächsifchen Erzgebirge nach. Haupt-
punkte des Bergbaues und Hüttenwesens sind außer
Goslar die sieben Bergstädte: Clausthal, Zellerfelo,
Andreasberg, Altenau, Lautenthal, Wildemann und
Grund im Oberharz; ferner Harzgerode, Elbingerode
und Rübeland im Unterharz. Außer etwas Gold ge-
winnt man Silber, Eifen, Blei, Kupfer, Schwefel,
Vitriol, Alaun und Arfenik. Granit, Diabas, Grau-
wackensandstein werden als Baumaterial, Gips als
Handelsartikel weit verführt. (S. Clausthal.)
Klima, P flan z e n-u ndTie rw e lt. Das Klima
ist rauh, charatteristifch für den Oberharz ist nament-
lich der jähe Wechfel der Temperatur im Laufe des
Tages, einen Frühling kennt man dort kaum. Der
März zeichnet sich durch einen warmen Niederschlag
aus, wie überhaupt die Niederschlagsmenge im H.
eine bedeutende ist (auf dem Brocken bis zu 1700 min
im Jahre und bis 176 mm in einem Monat). Claus-
thal hat 188 Regentage im Jahre. Die mittlere
Jahrestemperatur von Clausthal übertrifft die von
Stockholm (5,7° ('.) nur um ein Geringes. Die
Wolkenbildung ist eine oft plötzliche, man rechnet
jährlich 87 vollständige Nebeltage und 189 trübe
Tage. Die Schneehöhe dagegen erreicht im Mittel
noch kein volles Meter. -'Was die Flora betrifft,
fo ist der H. von allen deutfchen Mittelgebirgen als
das nördlichste das einzige, dessen Nadelwälder nur
aus Fichten bestehen und der Tanne entbehren. Mit
ihnen wechseln von 800 in an eintönige Hochmoore
mit bnfchigem Ried- und Wollgras; die Buche hat
schon bei W0 in ihre allgemeine Grenze. Auf der
Vrockentuppe kommt die Fichte nicht mehr in die
Höhe; Heide mit obern Vergpflanzen deckt die Gra-
nittrümmer. Die Hochflächen des Oberharzes sind
mehr Wiesen- und Weideland, während die des
Unterharzes dem Getreidebau dienen. - Der H.
hat eine sehr reiche deutsche Waldfauna, die nament-
lich im hohen H. (Brocken, Umgegend von Schiorke,
Clausthal) durch glacialrclikte Elemente verstärkt
wird. So findet sich hier eine nordifche Fledermaus-
art (V68p6ruA0 ^ii880iii ^clm'liö), eine ganze Reihe
nordischer Käfer und auch einige <^chmetterlings-
formen. Die Salzgcgcnden um den H. herum
(Afchcrsleben, Eisledcnersee, Artern) beherbergen
nicht wenig charakteristische falzliebende (halophile)
Infekten, besonders Käfer.
Die Bewohner des H. gehören den verschieden-
sten Stämmen all; so trifft man neben Ostfalen
und Engern Obersachsen und Franken, Thüringer,
Schwaben, Hessen, Friesen und Flamländer. Nicht
so mannigfaltig sind die Mundarten; der ganze
Nestrand, Nord- und Nordostrand des H. spricht
Niedersächsisch, der übrige Teil des H. Hoch-(Mittel-)
Deutfch in drei Mnndarten: südharzisch, mansfel-
difch und nordthüringifch. Die Bevölkerung ist nicht
dicht; nur etwa 50 E. auf 1 l^m, obgleich der Erz-
reichtum schon früh zur Besiedelung einlud. Die
Hauptnahrungsquelle für dcn Unterharzcr bildet der
Ackerbau. Im Oberharz ist man auf Viehzucht und
Milchwirtschaft angewiesen. Wichtigste Erwerbs-
quelle ist jedoch der oben erwähnte Bergbau und