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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hatt-i-Scherif - Hatzfeldt (Adelsgeschlecht)
Amtsgerichts (Landgericht Essen), hat (1890) 7248
(3671 männl., 3577 weibl.) E., darunter 1837 Ka-
tholiken und 139 Israeliten, Postamt erster Klasse,
Telegraph, Fernsprecheinrich-
tung, 2 evang. und 1 kath.
Kirche, Synagoge, 2 Krie-
ger-, 1 Kaiser-Denkmal, hö-
here Stadtschule, gewerbliche
Fortbildungsschule, Armen-
undWaisenhaus,Gasanstalt,
Wasserleitung; 2 Tabakfabri-
ken, 1 mechan. Weberei und
in der Umgegend zahlreiche
Kohlen- und Eisenbergwerke und mehrere Schloß-
ruinen, darunter die 1226 geschleiste Isenburg.
Hatt-i-Scherif, s. Hatt.
Hatto I., Erzbischof von Mainz (891-913),
hatte als Vertrauter des Königs Arnulf und als
Vormund des unmündigen Königs Ludwig des
Kindes und durch seinen Einfluß auf König Kon-
rad I. große polit. Bedeutung in Deutschland; als
Bischof zeigte er Interesse an kirchlichen und pro-
fanen Bauten. Er soll den mit König Ludwig im
Streite liegenden Grafen Adalbert von Babenberg
bewogen haben, ihm in das königl. Lager zu folgen,
um sich mit dem König auszusöhnen, tz. schwor
dem Grafen, daß er ihn unverfehrt wieder nach
seiner Burg bringen wolle. Unterwegs wußte er
aber den Grafen zu bewegen, nochmals nach dessen
Burg mit ihm zurückzukehren, wodurch H. sich seines
Schwurs entledigt zu haben vorgab. Im Lager
überlieferte er den Grafen dem König, der diesen
hinrichten ließ. Ebenso soll H. einen listigen An-
schlag gegen das Leben des Herzogs Heinrich von
Sachsen gemacht haben, dem dieser, durch Adalberts
Beispiel gewarnt, sich entzog. Diese Geschichtchen
passen indes nicht zu dem sonst bekannten Charakter
H.s; aber außerdem ist mit ihm (nicht mit H. II., Erz-
bischof von Mainz 968-970 und frühern Abt von
Fulda) auch noch die Sage von dem Mäuseturm
bei Bingen zu verbinden. Bei einer Hungersnot
soll nämlich eine Menge armer Leute auf feinen
Befehl in einer Scheune verbrannt worden sein, und
er, als man das Wimmern der Unglücklichen ver-
nahm, die Umstehenden gefragt haben, ob sie die
Brotmäuse piepen hörten. Deshalb oder, wie andere
erzählen, weil er einst geschworen, die Mäuse soll-
ten ihn fressen, wenn er seinen Eid nicht halte, den
er doch nachmals gebrochen, wurde er nach der
l^age von so vielen Mäusen überfallen, daß er, um
sich vor ihnen zu retten, mitten in dem Rhein
den erwähnten Turm erbaute. Aber auch hierhin
von den Mäusen verfolgt, wurde er von den-
selben aufgefressen. Der'Fabel liegt ein Mythus
zu Grunde. - Vgl. Böhmer, Koß'68ta, arckiopiLco-
pornm Hl3AuQtiii6u8iuin" (hg. von Will, Bd. 1,
Innsbr. 1877).
Hatvan, Groß-Gemeinde iA ungar. Komitat
Heves, links an der Zagyva, in 116 m Höhe, an
den Linien Budapest-H.-Ruttka, H.-Szolnok (691cm)
und H.-Miskolcz (116 km) der Ungar. Staats-
bahnen, hat (1890) 6979 magyar. kath. E., eine
schöne kath. Kirche mit Propstei, ein großes Schloß,
vom Fürsten Grassalkovich erbaut; bedeutende Land-
wirtschaft (besonders Wassermelonenzucht) und Vieh-
zucht (Pferdcj. - H. war in der Türkenzeit eine
wichtige Festung, welche aber nach der Vertreibung
der Türken 1678 demoliert wurde.
Hatz (Iägcrspr.), s. hetze.
Hatzfcld, Stadt im Kreis Biedenkopf des
preuß. Reg.-Bez. Wiesbaden, 8 km im SW. von
Battenberg, in 442 m Höhe an der Eder, in rauher
Gegend, hat (1890) 939 E., Postagentur, Fern-
sprechverbindung, eine Schlohrume; nnm Eisen-
hammer, eine Papierfabrik, Kohlenbrennerei sowie
Holzhandel, Viehzucht und Ackerbau.
Hatzfeld, ungar. Asomdoi^a, Groß-Gemeinde
im ungar. Komitat Torontal, an der Linie Budapest -
Verciorova der Ungar. Staatsbahnen, eine der
blühendsten Ortschaften der sog. "Heide" im Vanat,
dem Hauptsitze der südungar. Schwaben, die das
1718 von den Türken zurückeroberte, verödete
Sumpfgebiet in fruchtbares Kulturland umgewan-
delt haben, ist Sitz eines Bezirksgerichts und hat
(1890) 9580 meist kath. deutsche E., ein Schloß des
Grafen Csekomcs mit Gestüt, ausgedehnte Land-
wirtschaft (besonders Weizen-, Raps- und Mais-
bau) und Pferdezucht.
Hatzfeldt, ein nach seiner Stammburg an der
Eder (s. Hatzfeld, Stadt) benanntes oberhess. Adels-
geschlecht, das mit Anfang des 13. Jahrh, in die
Geschichte eintritt und bald solche Bedeutung er-
langte, daß es im 14. Jahrh, den Landgrafen nach-
drücklichen Widerstand leisten konnte. Nachdem die
Familie ihr Besitztum durch Erwerbung der Herr-
schast Wildenburg beträchtlich erweitert hatte, teilte
sie sich in der Mitte des 15. Jahrh, in die Wilden-
burg - Wildenburgische und die (1794 erloschene)
Wildenburg-Hessische Linie. Dieser letztern gehörte
Melchior vonH. (geb. 10. Okt. 1593,gest.9. Jan.
1658) an, der sich als kaiserl. Heerführer im Dreißig-
jährigen Kriege auszeichnete, 17. Okt. 1638 den
Pfalzgrafen Karl Ludwig bei Vlotho schlug, in der
Schlacht bei Iankau (6. März 1645) aber besiegt
und gefangen wurde. 1657 führte er als General-
feldmarschall 16000 Mann kaiserl. Truppen dem
König von Polen gegen Karl Gustav von Schweden
zu Hilfe und nahm 30. Aug. Krakau ein. Durch
Glück und Verdienst legte er den eigentlichen Grund
zu dem Glanz seines Hauses. Er erhielt durch seinen
Bruder die frank. Herrschaften der erloschenen Rosen-
bergischen Üinie, von dem Erzstift Mainz die erz-
bischöfl. Lehne der erledigten Grafschaft Gleichen,
vom Kaiser, der ihn 1635 in den Reichsgrafenstand
erhob, die der Familie Schaffgotsch (s. d.) konfiscierte
schles. Herrschaft Trachenberg (360 <ikm). Diese
letztere wurde 6. Nov. 1741 von Friedrich II. von
Preußen zu einem Fürstentum und ihre Besitzer zu
Fürsten erhoben, die 1748 auch die Reichsfürsten-
würde erhielten. Beim Absterben dieser ersten fürstl.
Linie (1794) wurden die Mainzer und Würzburger
Lehne derselben eingezogen; nur die Etammherr-
schaft Wildenburg fiel an die Vettern von der Wil-
denburger Linie. Trachenberg und andere Güter
kamen damals an den Grafen Schönborn-Wic^
scntheid,und erst nach langen Streitigkeiten gelangte
Graf Franz Ludwig von H., Inhaber des Fidei-
kommisses Wildenbura - Schönstein (165 <i1(m), in
den Besitz von Trachenberg und durch königlich preuß.
Diplom vom 10. Juli 1803 zu der an diesen Besitz ge-
knüpften Fürstenwürde. Dieser Fürst, geb. 23. Nov.
1756, der srüher in kurmainzischen und dann in
preuß. Diensten stand und als Generallieutenant
1807 seinen Abschied nahm, wurde, als Berlin 1806
von den preuß. Truppen geräumt war, von dem
Gouverneur und Staatsminister Grafen von der
Schulenburq-Kehnert, seinem Schwiegervater, mit
der Leitung der öffentlichen Angelegenheiten daselbst