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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hauptwache - Hauréau
über frühere richterliche Vernehmungen von Mit-
schuldigen, Zeugen oder Sachverständigen, falls die-
selben verstorben oder in Geisteskrankheit verfallen
sind oder ihr Aufenthalt unbekannt ist. Auch wenn
andere erhebliche Gründe: körperliche Krankheit oder
Gebrechlichkeit, große Entfernung dem Erscheinen in
der H. entgegenstehen, kann das Protokoll über die
frühere Vernehmung verlesen werden, nach der
Deutschen Strafprozeßordnung in der Regel jedoch
nur dann, wenn die frühere Vernehmung unter Zu-
ziehung oder wenigstens Benachrichtigung der Be-
teiligten erfolgt war. Nach der Osterr. Strafprozeß-
ordnung können Protokolle über frühere Verneh-
mungen auch dann verlesen werden, wenn Ankläger
und Angeklagter darüber einverstanden sind. Alle
herbeigeschafften Beweise müssen erhoben werden,
es sei denn, daß Staatsanwalt und Angeklagter
auf die Erhebung verzichten; in der H. vor dem
Schöffengericht und in der Berufungsinstanz wegen
Übertretungen und Privatklagcn hat das Gericht
jedoch nach der Deutschen Strafprozeßordnung den
Umfang der Beweisaufnahme selbständig zu bestim-
men. Im übrigen kann das Gericht sowohl auf
Antrag als auch ohne folchen neue Zeugen und
Sachverständige laden oder die Herbeischaffung an-
derer Beweismittel anordnen. Veweisanträge der
Beteiligten dürfen nur durch mit Gründen zu ver-
kündenden Gerichtsbeschluß abgelehnt werden, nach
der Deutschen Strafprozeßordnung nicht schon des-
halb, weil das Beweismittel zu spät vorgebracht sei.
Nach Erhebung jedes einzelnen Beweises soll der
Angeklagte befragt werden, ob er etwas zu erklären
habe. Nach Schluß der Beweisaufnahme erfolgen
die Parteivorträge in der Art, daß zuerst der Staats-
anwalt oder Privatkläger, dann der Angeklagte und
dessen Verteidiger das Wort erhalten, bei weiterer
Erwiderung aber jedenfalls dem Angeklagten das
letzte Wort gebührt. Die H. schließt nach Beratung
(s. d.) und Abstimmung des Gerichts mit der Vev-
kündung des Urteils (s. Freisprechung und Straf-
urteil) mit dem wesentlichen Inhalt der Gründe.
Eine Belehrung des Angeklagten über die ihm zu-
stehenden Rechtsmittel ist nur in der Österr. Straf-
prozeßordnung vorgeschrieben. Über die H. ist ein
Protokoll (s. d.) aufzunehmen. Die Besonderheiten
der H. mit Geschworenen, in der Verufungs- und
Revisionsmstanz s. Schwurgericht, Berufung, Re-
vision. (Vgl. Strafprozeßordnung für das Deutsche
Reich §z.225 fg.; Österr.Strafprozeßordn. §§. 228 fg.)
Hauptwache, in einer größern Garnisonstadt
oder in einer Festung diejenige militär. Wache, die
in der Mitte des Ortes gelegen und daher am geeig-
netsten ist, überall leicht Hilfe hinzusenden. Häusig
wird die H. durch einen Offizier befehligt.
Hauptwall, derjenige Teil der Umfassung eines
Festungswerkes, auf dem sich die Brustwehr der
innern, hauptsächlich für Gefchützverteidigung ein-
gerichteten Verteidigungslinie erhebt. Vor dem H.
licqt der Niederwall. (S. Festungen, Fig. 4.)
Hauptwafserfcheide,f.Flüsse(Bd.6,S.936d).
Hauptwort, s. Substantivum.
Hauptzeichen, in der Jägersprache die Merk-
male (namentlich in der Fährte), wonach der (männ-
liche) Hirsch, im Unterschied vom Tiere (dem weib-
lichen Hirsch), richtig angesprochen werden kann.
Hauptzollamt, s. Zollbehörden.
Haura (engl. H owrah), Stadt im Distrikt Hugli
in Bengalen, am rechten Ufer des .fmgli, gegenüber
Kalkutta (s. d.), dessen Vorort es bildet, hat (l891)
116606 E., darunter 80 Proz. Hindu, 20 Proz.
Mohammedaner. Mit Kalkutta ist es durch eine
Schiffbrücke verbunden, bis zu der die Seeschiffe
kommen; oberhalb beginnt die rea.e Flußschiffahrt.
H. ist die Endstation'der East-Inoianeisenbahn,
welche über die wichtigsten Städte Nordindiens bis
nach Pischawar führt. Infolge der Begehungen
zum nahen Kalkutta, mit dem H. seit Ende des
18. Jahrh, an Bedeutung stets zunahm, ist es ein
wichtiger Industrie- und Handelsplatz. Vor allem
wichtig sind die Baumwoll- und Iutespinnereien.
Im Süden der Vorstadt Sibpur liegt der Bota-
nische Garten und die staatliche Ingenieurschule.
Hauraki-Golf, Meerbusen an der Ostküste der
Nordinsel Neuseelands, durch die Schönheit seiner
Ufer und Inselreichtum ausgezeichnet. Im Süd-
westteil liegt der Hafen Waitemata, an welchem
Ruckland (s. d.) liegt.
Hauran, Name eines östlich von Der'at, südöst-
lich von Damaskus liegenden Gebirges, das in
flacher Erhebung bis zu 1839 m (Tell ed-Dschena)
ansteigt und auf feinem Nucken zahlreiche kegelför-
mige Höhen vulkanischen Ursprungs trägt. Der
Name bedeutet Schwarzland und rührt wahrschein-
lich von einer südarab. Einwanderung, etwa im
5. Jahrh. v. Chr. her, während der alte Name
Salmon oder Zalmon (Ps. 68,15), grch. Asal-
manos (Ptolem. 5,15), lautet und denselben Sinn
hat. Da die Höhen von fern gefehen fpitzen Giebeln
gleichen, so wird das Gebirge H. Ps. 68, 16 ein
Giebelgebirge genannt. Einem gewaltigen Lava-
strom verdankt die nordwestlich vorgelagerte Land-
schaft el-Ledschah ihre gegenwärtige wilde und zer-
rissene Vodenbeschaffercheit. Im weitern Sinne wird
auch das westlich und nordwestlich angrenzende Ge-
biet,die Nukra, H. genannt. Dieses ist außerordent-
lich fruchtbar und trägt berühmten Weizen; es wird
von stachen Wadis durchzogen, die meist zu dem Iar-
muk (Schertat el-Menadire) abfallen. Bei den Grie-
chen hieß die Landschaft Auranitis, die Ledfchah
Trachomtis. Neuerdings haben sich die Türken so-
wohl die Ebene als auch das Gebirge, das nach
seinen Bewohnern, den Drusen (s. d.), auch Dschebel
ed - Druz genannt wird, unterworfen und dadurch
die Grenze des seßhaften Wohnens nach Süden vor-
geschoben. - Vgl. Wetzstein, Reisebericht über H. und
dieTrachonen (Berl. 1860); ders., Das batanäische
Giebelgebirge (Lpz. 1884); Dr. A. Stübels Reise
nach der Diret et-Tulul und H. 1882 (mit neuer
Karte, in der "Zeitschrift des deutschen Palästina-
Vereins", Bd. 12, ebd. 1889).
Haurappier, s. Rappier.
Hauröau (spr. oreoh), Jean Barthölemy, franz.
Geschichtschreiber und Publizist, geb. 9. Nov. 1812
zu Paris, besuchte die (^oiiöFss I^oui3 1o l^iaull
und Zoui-don, war dann für viele Zeitschriften thätig
und übernahm 1838 die Chefredaktion des a^ourriLi-
66 I9. 83,1-^6" in Le Mans, wo er zugleich Stadt-
bibliothekar wurde. 1845 ging er wieder nach Paris
und bekleidetebis zum Staatsstreich vom 2. Dez. 1852
die Stelle als Konservator der Nationalbibliothek,
wurde 1862 Bibliothekar und 1870 Direktor der
Nationaldruckerei, legte aber 1882 sein Amt nieder.
H. ist Mitglied des Instituts und der Akademie der
Inschriften. Von seinen Schriften sind zu erwähnen:
die schon 1832 veröffentlichte, vielen Widerspruch
hervorrufende und fpäter von ihm selbst verworfene
polit. "1^ NonwFn"", ferner "Oiti^uo äe" I^iw-