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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Helmstedt - Heloten

zucht und Weinbau; in der Nähe mehrere Kriegergräber mit Denkmälern. – Bei H. behauptete in dem Gefecht vom 25. Juli 1866 die preuß. Division Beyer nach langem Kampfe das Feld gegen die bayr. Divisionen Stephan und Prinz Luitpold.

Helmstedt. 1) Kreis im Herzogtum Braunschweig, hat 797,81 qkm und (1890) 65501 (33150 männl., 32351 weibl.) E., 7475 Wohnhäuser mit 14680 Haushaltungen, 3 Städte und 87 Landgemeinden und umfaßt die Amtsgerichtsbezirke H., Schöningen, Königslutter, Borsfelde und Calvörde. – 2) Kreisstadt im Kreis H., etwa 3 km von der preuß. Grenze, an einem Bache, in 111 m Höhe, in einer weiten Thalsenkung zwischen Lappwald und Elm, an den Linien Jerxheim-H. (22,1 km) und Braunschweig-Magdeburg der Preuß. Staatsbahnen, Sitz der Kreisdirektion und eines Amtsgerichts (Landgericht Braunschweig), hat (1890) 10955 (5427 männl., 5528 weibl.) E., darunter etwa 1000 Katholiken und 18 Israeliten, Postamt erster Klasse mit Zweigstelle, Telegraph, ein herzogl. vereinigtes Helmstedt-Schöningensches Gymnasium, 1817 gegründet (Direktor Drewes, 16 Lehrer, 9 Klassen, 228 Schüler), höhere Mädchenschule, 2 Bürgerschulen, städtische landwirtschaftliche Schule Marienberg (Direktor Kremp, 17 Lehrer, 12 Klassen, 295 Schüler); Wasserleitung und Gasanstalt, 2 Krankenhäuser, ein herzogl. Leihhaus und einen Spar- und Vorschußverein. Die ehemaligen Festungswerke sind in Promenaden verwandelt. Die von Herzog Julius gestiftete, 15. Okt. 1576 eingeweihte Universität stand besonders im 17. Jahrh. in hoher Blüte, wurde aber 10. Dez. 1809 durch die westfäl. Regierung aufgehoben. In dem im edelsten Renaissancestil aufgeführten Universitätsgebäude (Juleum, um 1600 erbaut) mit schönen Portalen und Giebeln befinden sich die Reste der alten Universitätsbibliothek (18‒20000 Bände); denselben Stil zeigt das Gymnasialgebäude (1881); die got. Stephanskirche (14. Jahrh.) enthält Grabmäler berühmter Professoren; westlich auf einer Anhöhe liegt die 1256 geweihte, jetzt stilvoll renovierte Kirche des luth. Jungfrauenstifts, ehemaligen Augustinernonnenstifts Marienberg, eine Pfeilerbasilika, deren prachtvolles Hauptportal für ein Meisterwerk des Übergangsstils gilt. H. hat Fabrikation von landwirtschaftlichen Maschinen, Schuhwaren, Thonwaren, Seifen, Tabak, Pfeifen, Erdfarben, eine Dampfmühle, Branntweinbrennereien, zwei Wollgarnspinnereien, eine Zuckerraffinerie, zwei Fabriken für Maschinen der Seifenindustrie, ferner jährlich elf stark besuchte Kram- und Viehmärkte. In der Umgegend befinden sich Braunkohlen und Koprolithen. 3 km westlich, auf dem St. Annen- oder Corneliusberge, die Lübbensteine, wahrscheinlich heidn. Altäre, östlich bei der Stadt das 1803 säkularisierte Benediktinerkloster St. Ludgeri, jetzt Domäne mit kath. Kirche, mit Resten eines sehr alten ausgelegten Gipsfußbodens, in der Hedwigs-(Doppel-)Kapelle (10. und 11. Jahrh.) neben der Kirche Kapitäle aus karoling. Zeit. 6 km weiter im Lappwald Bad H. und Klarabad mit eisenhaltigen Quellen, besonders von Gichtleidenden besucht, mit einem Denkmal der 1870‒71 gefallenen Braunschweiger. 11 km östlich das gräfl. Gneisenausche Gut Sommerschenburg mit dem Grabe des Feldmarschalls Gneisenau und seinem Denkmal; 7 km nördlich das ehemalige Cistercienserkloster Marienthal, jetzt Domäne, mit flachgedeckter roman. Pfeilerbasilika (1138‒46); 4 km nordwestlich Süpplingenburg. – H. ist historisch bekannt seit 798, als Ludgerus, der erste Bischof von Münster, hier taufte und das Benediktinerkloster St. Ludgeri stiftete. Unter den Äbten von Werden wuchs der um 900 im Gau Derlingo gegründete Ort heran, erhielt 1099 Stadtrechte, trat 1457 dem Hansabunde bei und kam 1490 an Braunschweig. – Vgl. Kunhardt, Beiträge zur Geschichte der Universität H. (Helmst. 1797); Ludewig, Geschichte und Beschreibung der Stadt H. (ebd. 1821); Geschichte der ehemaligen Hochschule Julia Carolina zu H. (ebd. 1876).

Helmsturz, soviel wie Visier (s. d. und Helm).

Helmvögel (Corythaix oder Turacus), Gattung der Pisangfresser (s. d.), deren 16 kontinental-afrik. Arten auf dem Kopfe einen aufrichtbaren Federkamm tragen und deren Nasenlöcher zum Teil von den Stirnfedern überdeckt sind.

Helmwachtel (Lophortyx Gambeli Nuttall), eine Hühnerart aus der Gattung Schopfwachtel (s. d.), mit buschigem, nach vorn gebogenem Federschopf, braunrotem Hinterkopf, gelber ungezeichneter Unterseite, schwarzem Bauch; Seidengefieder auf rotbraunem Grunde der Länge nach gelblich gestreift. Bewohnt Kalifornien.

Helmzeichen, Helmzier, s. Helmkleinod.

Helobĭen, Ordnung aus der Gruppe der Monokotyledonen. Die beiden wichtigsten hierher gehörigen Familien sind die Alismaceen (s. d.) und die Hydrocharidaceen (s. d.). Ihre Arten sind sämtlich Wasser- oder Sumpfpflanzen mit regelmäßigen, zum Teil ansehnlichen und lebhaft gefärbten Blüten. Die Abbildung auf S. 23 zeigt Fig. 1 Elodea canadensis Rich. (s. d.), Fig. 2 Hydrocharis morsus ranae L. (s. Hydrocharis), Fig. 3 Sagittaria sagittaefolia (s. Sagittaria), Fig. 4 Butomus umbellatus L. (s. Butomus), Fig. 5 Vallisneria spiralis L. (s. Vallisneria)

Helodermatĭdae, Krusteneidechsen, Familie der Spaltzüngler (s. d.), mit beschildetem Kopf, an den Kieferseiten angewachsenen Zähnen, äußerlich sichtbarem Trommelfell. Die Schuppen sind meist höckerig und stehen in Querreihen. Der rollrunde Schwanz wird ziemlich lang. Es giebt nur eine Gattung (Heloderma) mit einer einzigen bis 75 cm (davon 35 cm auf den Schwanz kommend) lang werdenden, oben braunen, rötlich gesteckten und gelb punktierten Art (Heloderma horridum Wiegm.), die Mexiko bewohnt. Sie ist die einzige Eidechse, deren Biß giftig ist; die Giftzähne stehen im Unterkiefer und als Giftdrüse fungiert die Unterzungendrüse.

Heloīse, s. Abälard.

Helophorīden (Helophorĭdae), eine Familie kleiner, träger, im Wasser an Pflanzen lebenden Käfer Europas und Nordamerikas, dem großen schwarzen Schwimmkäfer (sog. Karpfenstecher, Hydrophilus) nahe verwandt. (S. Palpicornier.)

Helos (altgrch. und neugrch.), Sumpf, im besondern die sumpfige Ebene an der Mündung des Eurotas, wo die Stadt H. lag (s. Heloten).

Helotársus, Raubvogelgattung, s. Gaukler.

Helōten hießen in Lakonien die von der dor. Herrengemeinde in Sparta beherrschten leibeigenen Bauern des Eurotasgebietes. Doch waren die H. nicht Eigentum der einzelnen Herren, sondern gehörten dem ganzen Staate an. Namentlich besorgten sie, da Lykurgs Gesetze den dor. Spartanern jedes erwerbende Geschäft untersagten, den Ackerbau gegen einen bestimmten und unveränderlichen Natural- ^[folgende Seite]