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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hertzberg - Hertzka
Geibel, Redtwitz, Roquette, O. Wilbrandt, Über-
setzungen Ariosts, Dantes, Catulls u. a.
Hertzberg, Ewald Friedrich, Freiherr, später
Graf von, preuß. Staatsmann, geb. 2. Sept. 1725 zu
Lottm bei Neustettin, studierte in Halle, wurde dann
in das Departement der auswärtigen Angelegen-
heiten berufen, gehörte 1745 der brandend. Ge-
sandtschaft zur Kaiserwahl an und wurde im April
1747 als Legationsrat am Staatsarchiv angestellt.
1750 erhielt' er Zudem die Aufsicht über das Geh.
Kabinettsarchiv. Seine Abhandlung "über die erste
Bevölkerung der Mark Brandenburg" bewirkte seine
Aufnahme in die Berliner Akademie und seine Er-
nennuna zum Geh. Legationsrat; bei den von
Friedrich II. verfaßten "Memoiren Brandenburgs"
diente er als archivalischer Mitarbeiter. Nach den
während des Siebenjährigen Krieges in Dresden
gefundenen Depeschen des österr. und sächs. Hofs
schrieb er 1756 das berühmte "Nkmoirs riU8oiiii6",
eine Rechtfertigung des Einfalls der Preußen in
Sachsen. (Vgl. Preuß. Staatsschriften aus der
Regierungszeit Friedrichs d. Gr., Bd. 3, Verl.
1892.) In seiner Stellung am Archiv verblieb er
auch, als er 17. Jan. 1757 zum Wirklichen Geheimen
expedierenden Sekretär (Unterstaatssekretär) ernannt
wurde. In der Diplomatie und Publizistik des
Siebenjährigen Krieges entfaltete H. rege Thätigkeit.
Ende 1762 mit der Führung der Friedensunter-
handlungen in Hubertusburg beauftragt, schloß er
15. Febr. 1763 den Frieden und wurde dafür 5. April
zum zweiten Staats- und Kabinettsminister ernannt.
Von nun an stand er fast dreißig Jahre neben
Finckenstein an der Spitze des auswärtigen Mini-
steriums. Hat er auch bei der Erwerbung West-
preußens, dem Bayrischen Erbfolgekriege, der Er-
richtung des Fürstenbundes dem Könige unermüd-
lich wichtige Dienste geleistet, so war die Politik
Friedrichs doch selten ganz nach seinem Sinne;
insbesondere nahm H. gegen Osterreich eine feind-
seligere Haltung ein als der König. Unter Fried-
rich Wilhelm II., der ihn in den Grafenstand erhob,
glaubte H. die unumschränkte Leitung der aus-
wärtigen Politik in die Hand zu bekommen. Sein
Ziel war die Allianz Preußens mit Rußland und
England gegen Österreich, Spanien und Frankreich.
In der That gelang es ihm, in den Holland. Wirren
(1787) gegen Frankreich erfolgreich einzugreifen.
Bei dem Streit zwischen dem Papst und den deut-
schen Erzbischöfen trat H. in steter Gegnerschaft
wider Kaiser Joseph und Osterreich für die Kurie
ein und trug dazu bei, daß der aussichtsreiche
Plan der Gründung einer katholisch-deutschen Na-
tionalkirche vereitelt wurde. Der Russisch-Türkische
Krieg (seit 1787) erweckte in H. den Wunsch, im
Bunde mit Rußland für Preußen Danzig, Thorn,
Posen und Kalisch von Polen zu erwerben. Aber
durch den Verlauf des Krieges und die abgeneigte
Haltuna der Russen wurde Preußen vielmehr zur
Freundschaft mit den Polen, Türken und Schweden
gedrängt, im Gegensatz nicht bloß zu Osterreich,
sondern auch ;u Rußland. Mit dem Vertrag von
Reichenbach (Juli 1790) verzichtete Friedrich Wil-
helm auf die weitgreifenden orient. und poln. Pläne,
die H. verfolgte; die von diesem erstrebte Schieds-
richterstellung Preußens war hinfällig geworden.
Trotz solcher völligen Niederlage seiner Politik
tonnte sich H. noch nicht zum Rücktritt entschließen,
im Juli 1791 wurde er durch den König von den
polit. Geschäften entbunden, er behielt nur noch
das Kuratorium der Akademie und die Aufsicht
über den Seidenbau. H. starb 27. Mai 1795. Er
gab noch heraus: "Il,6cu6i1 ä68 äeäuction^ in^ui-
l68t68 6tc." (3 Bde., Verl. 1789 - 95). - Vgl.
Duncker, Friedrich Wilhelm II. und Graf H. (in der
"Histor. Zeitschrift", Bd. 37): Vailleu, Graf H. (ebd.,
Bd. 42); Unzer, H.s Anteil an den preuß.-österr.
Verhandlungen 1778-79 (Franks, a. M. 1890).
Hertzberg, Gust. Friedr., Historiker und Alter-
tumsforscher, geb. 19. Jan. 1826 zu Halle a. S.,
studierte 1843-48 zu Halle und Leipzig, habilitierte
sich 1851 an der Universität zu Halle als Privat-
docent für Geschichte und redigierte 1858-60 in
Berlin das (Bethmann-Hollwegsche) "Preußische
Wochenblatt". Im April 1860 wurde er an der
Universität Halle zum außerord. Professor, 1889
zum ord. Honorarprofessor für Geschichte ernannt.
H. veröffentlichte: "Alkibiades, der Staatsmann
und Feldherr" (Halle 1853), "Das Leben des Königs
Agesilaos II. von Sparta" (ebd. 1856), "Geschichte
Griechenlands unter der Herrschaft der Römer"
(3 Bde., ebd. 1866-75), "Geschichte der Perser-
kriege nach den Quellen erzählt" (ebd. 1877) und in
der Heeren-Ukertschen "Geschichte der europ. Staa-
ten" das Werk "Geschichte Griechenlands vom Ab-
sterben des antiken Lebens bis zur Gegenwart"
(4 Bde., Gotha 1876-79); ferner "Rom und König
Pyrrhos" (Halle 1871), "Die Feldzüge der Römer in
Deutschland" (ebd. 1872). Für die "Allgemeine En-
cyklopädie" von Ersch und Gruber lieferte H. unter
anderm die Artikel: "Geschichte Altgriechenlands bis
zumBeginndesMittelalters"(Vd.80,Lpz.1862)und
"Geschichte der Neugriechen im 19. Jahrh." (Bd. 87,
ebd. 1869), wie auch die "Geschichte des großbrit.
Reichs 1832-71" (Bd. 92 u. 93, ebd. 1871-72).
In derOnckenschen"Allgemeinen Geschichtein Einzel-
darstellungen" erschienen von H. die drei Werke:
"Geschichte von Hellas und Rom" (2 Bde., Verl.
1879-80), "Geschichte des röm. Kaiserreichs" (ebd.
1880-82) und "Geschichte der Byzantiner und
des Osmamschen Reichs" (ebd. 1882-84). Ferner
veröffentlichte er einen Band "Griech. Geschichte"
bis zum I. 397 n. Chr. in kürzerer Fassung (Halle
1884), "Athen" (ebd. 1885): für die "Allgemeine
Weltgeschichte": "Geschichte der Griechen im Alter-
tum" und "Geschichte der Römer im Altertum"
(beide Verl. 1885), und "Geschichte der Stadt
Halle a. d. S. von den Anfängen bis zur Neuzeit"
(Bd. 1-3, ebd. 1889-93). Aus V. Duruys "Ge-
schichte der Römer" übersetzte er die "Geschichte des
Römischen Kaiserreichs" (5 Bde., Lpz. 1885-91).
Hertzka, Theod., Nationalökonom und Politiker,
geb. 13. Juli 1845 zu Pest, studierte in Wien und
Pest Jurisprudenz, leitete 1872-79 den volkswirt-
schaftlichen Teil der Wiener "Neuen Freien Presse"
deren Chefredacteur er bis 1886 blieb. 1874 grün-
dete er die Gesellschaft österr. Volkswirte. In den
Schriften "Währung und Handel" (Wien 1876),
"Die Gesetze der Handels- und Socialpolitik" (Bd. 1,
Lpz. 1880), "Wesen des Geldes" (ebd. 1887) trat
H. für Freihandel und für Herstellung der österr.
Valuta auf Basis der Goldwährung ein. Neuer-
dings empfiehlt er in der Schrift: "Das internatio-
nale Währungsproblem und dessen Lösung" (Lpz.
1892) die Herstellung von Münzen aus einer
Mischung von Gold und Silber. Die Einführung
des Zonentarifs auf den ungar. und österr. Eisen-
bahnen ist vorzugsweise auf die Anregung H.s zurück-