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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hessen (Großh.; Forstwirtschaft. Bergbau u. Hüttenwesen. Industrie u. Gewerbe)
Umfange statt, seldmäßiger Gemüsebau, auch zu
Exportzwecken, in Mombach und Gonfenheim bei
Mainz. Klima und Boden sind mit wenigen Aus-
nahmen dem Obstbau günstig. Für die Hebung
desselben ist in den letzten Jahrzehnten viel durch
Errichtung von Obstbaumschulen und Einrichtung
von Vaumwärterkursen geschehen. Die Zahl der
tragbaren Obstbaume beträgt über 2 Millionen.
Weinbau kommt vorzugsweise in der Provinz
Rheinhessen, aber auch in Starkenburg, wenig in
Oberhessen vor. Vorzüglicher Wein wächst an den
nach dem Rheinthale geneigten Abhängen bei
Worms (Liebfrauenmilch), Nierstein, Ingelheim,
Laubenheim u. a. O. Der Gesamtwert der 10-
11000 b". betragenden Weinberge wird zu etwa
72 Mill. M. veranschlagt.
Viehzucht wird meist in Verbindung mit Acker-
bau getrieben. Der Pferdezucht ist die starke Par-
zellierung der Grundstücke nicht förderlich, wenn
auch im Ried, im Odenwald und im Vogelsberg
die natürlichen Verhältnisse dafür nicht ungünstig
sind. Zur Verbesserung und Hebung derselben be-
steht in Darmstadt ein großherzogl. Landgestüt mit
58 auf 22 Veschälstationen des Landes verteilten
Hengsten. Nächstdem liegt die Pserdezucht haupt-
sächlich in Händen des Hessischen Pferdezuchtvereins.
Von größerer Bedeutung ist die Rindviehzucht.
Man ist bestrebt, durch Erhaltung und Regeneration
der vorhandenen wertvollen Schläge, insbesondere
des Odenwälder und Vogelsberger Rindes, sowie
durch Einfuhr von den lokalen Verhältnissen ent-
sprechenden Tieren dem Viehstand wieder einen be-
stimmten Typus zu verleihen. Schafzucht kommt
nur im Vogelsberg und zum Teil auch im Oden-
wald hier und da in beträchtlichem Umfang vor, ist
aber gegen früher zurückgegangen, während die
Schweinehaltung zugenommen hat. Für die Ver-
besserung der Ziegenzucht wird in neuerer Zeit viel
gethan. 1892 wurden gezählt 52449 Pferde,
320 670 Stück Rindvieh, 90 939 Schafe, 245868
Schweine und 115069 Ziegen. Der Gesamtwert
des Viehstandes wurde 1883 zu 98 Mill. M. be-
rechnet, wovon 23,3 Proz. auf Pferde, 63,3 Proz.
auf Rindvieh, 2,3 Proz. auf Schafe, 9,8 Proz. auf
Schweine und 1,3 Proz. auf Ziegen entfallen.
ZurFörderung der Landwirtschaftund der Landes-
kultur ist eine unter der obern Leitung des Mini-
steriums des Innern und der Justiz stehende obere
landwirtschaftliche Behörde, mit dem Sitz in Darm-
stadt, ernchtet. Sie steht in Verbindung mit 3 land-
wirtschaftlichen Provinzial- und 25 Bezrrksvereinen.
Ihr unmittelbar untergeordnet sind Landeskultur-
ingenieure. Zur Erleichterung in der Beschaffung
der Geldmittel besteht eine Landeskreditkafse. Dem
landwirtschaftlichen Unterricht dienen: das
Landwirtschaftliche Institut an derLandesuniversität
Gießen mit Laboratorium und Versuchsfeld, die
Technische Hochschule in Darmstadt (insbesondere
in Bezug auf Kulturtechnik), die Landwirtschafts-
schule zu Groß-Umstadt (verbunden mit der Real-
ichule), die landwirtschaftliche (Privat-)Lehranstalt in
Worms, 9 landwirtschaftliche Winterschulen (Acker-
bauschulen), die (Privat-)Obstbauschule zu Vens-
heim, Obstbaumwärter-, Wiesenbau-, Wiesenwärter-
kurse u. a. Eine landwirtschaftliche Versuchsstation
nebst Versuchsgarten, unter Mitwirkung des Staates
unterhalten, besteht zu Darmstadt.
Forstwirtschaft. Von den gesamten Waldungen
sind 27,7 Proz. Domanial-, 38,5 Proz. Kommunal-
waldungen und 33,8Proz.imPrivatbesitz. Im ganzen
sind 12,3 Proz. Nieder- (darunter 10,8 Proz. Eichen-
schäl-) Wald, 1,i Proz. Mittel- und 86,6 Proz. Hoch-
wald und zwar 39,0 Proz. Nadel- und 47,6 Proz.
Laubholzhochwald; unter letzterm befinden sich 40,4
Proz. Buchen- und 6,5 Proz. Eichenwald. Die
Domanialwaldungen, teils dem Staate, teils dem
großherzogl. Hause gehörend, sind unter Selbst-
bewirtschaftung, die durch 74 Ooerförstereien unter
Kontrolle von 14 Forstämtern und unter Leitung
der Ministerialabteilung für Forst- und Kameral-
verwaltung besorgt wird. Die obere Leitung steht
dem Finanzministerium zu. Die Bewirtschaftung
der Kommunalwaldungen (Waldungen der Ge-
meinden, Stiftungen, Kirchen, Pfarreien, Märker-
schaftcn) geschieht durch dieselben Organe, nur hat
das Ministerium des Innern und der Justiz hierin
die obere Leitung. Die Privatwaldungen sind der
freien Bewirtschaftung ihrer Besitzer überlassen, doch
darf weder Teilung noch Ausstockung ohne Geneh-
migung stattfinden. Für einen Teil dieser Waldun-
gen haben die Besitzer besondere Forsttechniker be-
stellt. Im Wirtschaftsjahr 1884/85 betrug der Holz-
naturalertrag in den Domanialwaldungen von
65521 da Fläche 341385 Festmeter, mithin pro
Hektar 5,2i. Die Roheinnahme belief sich auf
2357152 M<, mithin pro Festmetcr auf 6,91 M.
und pro Hektar auf 35,98 M., der Reinerlös auf
1838982 M. oder pro Festmeter auf 5,39 M. und
pro Hektar auf 28,0? M. Ein Forstinstitut mit
Forstgarten befindet sich an der Landesuniversität.
Auch Jagd und Fischerei, insbesondere erstere, brin-
gen nicht unerhebliche Einnahmen. Die in den Wal-
dungen des Landes im Freien vorkommenden Wild-
arten sind: Rotwild (Edelwild), Damwild, Rehe,
Hasen, wilde Kaninchen, Auerhä'hne, Birkwild,
Dachs, Auchs, Marder, Iltis und Wildkatze, in
neuerer Zeit auch wieder Wildschweine. - Gegen-
stand der Fischerei sind: Flußbarsch, Karpfen,
Barbe, Schleie, Bleich (Brassen), Nase, Weißfisch,
Hecht, Forelle, Aal und Edelkrebs.
Bergbau und Hüttenwesen. Die Bergwerte
liegen, meist in Oberhessen. Es bestanden (1891)
35 und zwar 10 Braunkohlen-, 24 Eisenerz- und
1 Mangan- (zugleich Eisenerz-Mergwerk. Die Zahl
der Salinen beträgt 3, der Hüttenwerke für Eisen-
erze 1, der Werke für engl. Schwefelsäure und Eisen-
vitriol 2, der Werke für Gußwaren zweiter Schmel-
zung 23. Die Ausbeute betrug 221343 t Braun-
kohlen, 165531 t Eisenerz, 14 t Manganerz, 15122 t
Kochsalz (ohne die Produktion der dem Hess. Fiskus
gehörenden, auf preuß. Gebiet gelegenen Saline
Theodorshalle bei Kreuznach), 11843 t Roheisen,
34215 t engl. Schwefelsäure, 232 t Eisen- und
Kupfervitriol: an Gießereiprodukten wurden ge-
wonnen 13926 t. Der Gesamtwert aller Produtte
betrug 6 520318 M., die Zahl der Arbeiter 3210.
Von Bedeutung sind die ausgedehnten Torflager.
An Erden und Thon ist das Land sehr reich. Her-
vorragenden Ruf genießen die Thone von Hain-
stadt a. M. Sandstein- und Kalksteinbrüche finden
sich in allen Provinzen, Marmor bei Auerbach,
Basalt in der Wetterau und im Voaelsberg, Diorit-
brüche bei Darmstadt, Phonolithvrüche bei Ober-
Widdersheim, Dolerite in der Rabenau, Granit,
Syenit und Porphyrsteine im Odenwald; geschätzte
Schleifsteine werden bei Büdingen gebrochen.
Industrie und Gewerbe. Einer der wichtigsten
Industriezweige ist die Lederfabrikation (in Wonns,