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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hessen-Homburg - Hessen-Nassau
eine dem Getreide höchst verderbliche Gallmückenart,
welcher die Nordamerikaner den Namen H. gaben,
da sie wähnten, sie sei von den Hess. Soldaten 1776
eingeschleppt worden. Das bis 3,5 mm lange Weib-
chen ist sehr zart, mit kurzen schwarzen Härchen be-
deckt, am Bauch unten und zwischen den Ringen
blutrot; das Männchen kleiner und rotgelb behaart
und viel seltener. Die Tiere erscheinen in "zwei
Generationen, eine Ende April bis Anfang Mai,
die zweite im September. Die 0,30 mm langen Eier
legt die erste (jedes Weibchen 80 - 100) zwischen
Halm und Vlätterscheide von Roggen und Weizen;
nach acht Tagen kriecht die rötlich gesteckte, später
weiße Larve aus, ernährt sich saugend zwischen Halm
und Vlattscheide, in der Regel oberhalb eines der
beiden untern Halmknoten, wo sie sich in eine braune
Puppe verwandelt. Die zweite Generation legt Eier
an die jungen Pflanzen der Wintersaat von Weizen
und in Ermangelung dieser an Wintersprossen von
Roggen. Die ausgeschlüpfte Larve bohrt sich ober-
halb der Wurzel unter der Vlattscheide em, wird
im Herbst in der Erde zu einer sog. Sckeinpuppe
und erst 14 Tage vor dem Auskriechen zur Puppe.
Dadurch, daß die Larven den Zellsaft aufsaugen,
wird der Halm entweder getötet oder wenigstens an
den Larvenlagern so dünn und brüchig, daß er von
Regen und Wind umgeknickt wird. Der Schaden,
den die H. anrichten, ist bisweilen sehr groß, 50-
80 Proz. des Ernteertrags kann durch sie vernichtet
werden. Als Gegenmittel werden vorgeschlagen:
späte Winteraussaat, wo sie möglich ist, da dann
die Weibchen der Sommeraeneration ihre Eier nicht
unterbringen können; Treiben von Schafherden über
die Wintersaat, bei nicht weichem Boden, damit
die Larven der zweiten Generation zertreten werden.
Ambesten dürfte wohl tiefes Unterpflügen oder Ver-
brennen der flach abgeschälten Stoppeln kurz nach
der Ernte sein, da dadurch die Puppen der Sommer-
generation vernichtet werden. - Vgl. V. Wagner,
Untersuchungen über die neue Getreidegallmücke
(Fulda 1861).
Hessen-Homburg, ehemalige Landgrafschaft,
bestehend aus der Herrschast Homburg vor der Höhe
diesseits und der Herrschaft Meisenheim jenseits des
Rheins von zusammen 275 ykm, seit 1866 dem preuß.
Staate einverleibt. Die Landgrafschaft war früher
als Amt Homburg ein wefentlicher Teil der Land-
arafschaft Hessen-Darmstadt, bis sie nach Georgs I.
Tode (gest. 1596) 1622 unter Darmstädter Ober-
hoheit an dessen jüngern Sohn Friedrich I. kam
(s. Hessen, Großherzogtum), welcher der Stifter der
homburgischen Linie wurde. Ihm folgte 1638 fein
Sohn Wilhelm Christoph, der 1643 von seinem
Oheim Philipp von Vutzbach Amt und Schloß
Bingenheim erbte und sich danach nannte. Unter
ihra begann bereits der lange Streit mit Hessen-
Darmstadt. Nach Wilhelm Christophs Tode 1681
übernahm dessen jüngerer Bruder Friedrich II.
(s. d.) mit dem silbernen Bein, der als Prinz von
Homburg bekannte Sieger von Fehrbellin, die Re-
gierung des Landes. Er verschönerte das damals
sehr unbedeutende Homburg und zog in die Dörfer
Friedrichsdorf und Dornholzhausen vertriebene
franz. Protestanten. Sein Sohn und Nachfolger
Friedrich III. Jakob (geb. 1673) war unter den
Augen des Großen Kurfürsten von Brandenburg
erzogen, nahm dann in Holland. Diensten an den
Feldzügen 1690-97 teil und starb hochbetagt und
kinderlos zu Herzogenbusch 1746. Nachfolger war
sein Vrudersfobn Friedrich IV. (geb. 1724), der,
früher unter Friedrich II. von Preußen mit Auszeich-
nung dienend, schon 1751 mit Hinterlassung eines
unmündigen Sohnes, Friedrich V. (geb. 1748),
starb. Die Vormundschaft übernahm, neben der
Mutter, der Landgraf Ludwig VIII. von Hessen-
Darmstadt. Doch führte dies Verhältnis zu Strei-
tigkeiten, die erst durch einen Vergleich 1768 er-
ledigt wurden, der namentlich infolge der Vermäh-
lung Friedrichs V. mit der Prinzessin Karoline,
Tochter Ludwigs IX. von Hessen-Darmstadt, zu
stände kam und worin Hessen-Darmstadt auf feine
Hoheitsrechte verzichtete. Die Französische Revolu-
tion mit ihren Folgen entriß Friedrich V. fein Land,
das unter die Souveränität seines Eckwagers, des
Großherzogs Ludwig I. von Darmstadt, kam, bis der
Wiener Kongreß die Unabhängigkeit des Landes
wiederherstellte; 1817 ward der Landgraf nachträg-
lich noch Mitglied des Deutschen Bundes. Er starb
1820; ihm folgte sein ältester Sohn Friedrich VI.
Joseph (geb. 1769), der kinderlos 2. April 1829 starb
und seinen Bruder Ludwig Friedrich Wilhelm
zum Nachfolger hatte. Dieser, geb. 29, Äug. 1770,
war nach vollendeten Studien in Genf 1788 in preuß.
Dienste getreten, in denen er an den meisten Schlach-
ten, die Preußen seit 1792 bis zum Zweiten Pariser
Frieden gegen Frankreich schlug, namentlich auch an
der Schlacht bei Leipzig, wo er schwer verwundet
wurde, den rühmlichsten Anteil nahm. Nach und nach
zum General der Infanterie aufgestiegen, wurde er
1815 Gouverneur der Vundesfestung Luremburg.
Nachdem Meisenheim schon 31. Dez. 1829 dem
preuß.-hess. Zollverein einverleibt worden war, trat
20. Febr. 1835 auch Homburg demselben bei.
Als der Landgraf 19. Jan. 1839 kinderlos starb,
solgte ihm in der Regierung sein Bruder Philipp
August Friedri<(geb. 11. März 1779), der dem
Lande eine Verfassung zu geben versprach. Er starb
indessen ohne Erfüllung dieses Versprechens 15.Dez.
1846, und es folgte ihm sein Bruder Gustav Adolf
Friedrich, der schon 8. Sept. 1848 starb. Unter
dessen Bruder und Nachfolger Ferdinand Hein"
rich Friedrich trat im April 1849 ein Landtag
zusammen und vereinbarte eine Verfassung, die
3. Jan. 1850 veröffentlicht, aber 20. April 1852
wieder außer Wirksamkeit gesetzt ward. Landgraf
Ferdinand Heinrich Friedrich starb unvermählt
24. März 1866. Mit ihm erlosch im Mannsstamme
die Linie H., und das Ländchen siel an Hessen-Darm-
stadt zurück. Das landgräfl. Kontingent kämpfte an
der Seite der großherzogl. - Hess. Division gegen
Preußen; der vom Großherzog mit Preußen ab-
geschlossene friede trennte nebst andern Landes"
teilen auch die Landgrafschaft von dem Hess. Länder-
bestand. Die Herrschast Homburg bildet ieitdem
einen Bestandteil der preuh. Provinz Hessen-Nassau
(Gesetz vom 20. Sept. 1866). Von der Homburg.
Erbschaft verblieben dem Großherzog nur die im
Reg.-Bezirk Magdeburg gelegenen Fideikommiß-
güter: das Amt Hötensleben und das Amt Öbis"
felde, und die im Schlosse zu Homburg befindliche
Büchersammlung sowie sämtliche darin befindliche
Bilder. Die Herrschaft Meisenheim bildet jetzt einen
Kreis des preuß. Rea,.-Vez. Koblenz. - Vgl.
Schwarh, Landgraf Friedrich V. von H. und seine
Familie (3 Bde., Rudolst. 1878).
Hessen-Nassau, die südwestlichste Provinz des
preuß. Staates, zwischen Weser und Rhein, durch
Gesetz vom 7. Dez. 1868 aus dem Zauptstcick der 1866