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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hilfsschreiben - Hilgenfeld
ausfallenden Zauptsch offen, womit sie zu Haupt-
schöfsen werden, oder für Vertretung eines in einer
Sitzung ausfallenden HauptsÄ) offen, oder aber für
den Dienst in einer außerordentlichen Sitzung (§. 48,
Abs. 2 der Strafprozeßordnung), oder endlich für
den Dienst als Ergänzungsschöffen (s. d., §. 194).
(S. auch Schöffengericht.)
Hilfsschreiben (Requisitorial, I^itkras re-
liuiLitoi'iI.ie", 1<6^ui8itioii68), Schreiben einer obrig-
keitlichen (requirierenden) Behörde an eine andere
gleichgestellte (requirierte) Behörde, mit dem Er-
suchen, ihr die gesetzliche Hilfe zur Ausübung ihres
Amtes zu leisten durch Vornahme eines gerichtlichen
Aktes (wie Beweisaufnahme, Verhaftung oder Aus-
lieferung von Verbrechern, Zwangsvollstreckung
u. s. w.). (S. auch Ersuchen.)
Hilfsschreiben Gerichtsschreiber, welcher einem
Gericht nicht ständig angehört, sondern aushilfs-
weise beigeordnet ist.
Hilfsstollcu, s. Hilfsbau.
Hilfstruppen, Auriliartruppen, in frühe-
rer Zeit Truppen, die ein neutraler Staat einem
kriegführenden Staate zur Verfügung stellte.
Hilssvereine zur Pflege verwundeter
und ertränkter Krieger (Vereine vom No-
ten Kreuz) bilden den <^tamm der Freiwilligen
Krankenpflege (s. d.). Ihnen fällt die Aufgabe zu,
letztere im Frieden vorzubereiten, im Kriege unter
staatlicher Oberleitung zu organisieren. Die H.,
welche auf den Beschlüssen der GenferKonferenz vom
26. Okt. 1803 verüben, stellen die nationale Orga-
nisation der freiwilligen Krankenpflege in den ein-
zelnen Ländern dar und vermitteln im Kriege die
internationale Hilfe, soweit solche überhaupt zu-
gelassen wird. Bei den H. entwickelte sich allmählich
eine Trennung in Männer- und in Frauenvcreine.
Um den Mitgliedern Gelegenheit zu geben, sich
schon im Frieden für die Kriegsthätigkeit vorzu-
bilden, haben die meisten H. auf Grund der Be-
schlüsse der Berliner Internationalen Konferenz von
l.869 die Hilfeleistung durch Geld, Material oder
persönlichen Beistand in allen Fällen öffentlicher
Not (Seuchen, Mißwachs, Überschwemmung u.s.w.)
in ihr Programm aufgenommen. Die früher mit
Vorliebe geführte Bezeichnung "Internationale H."
ist fortgefallen, da die nationale Gestaltung der
freiwilligen Krankenpflege in den Vordergrund
trat und die internationale Hilfeleistung im Kriege
seitens der Regierungen auf bestimmte Fälle be-
schränkt wird. Nach wie vor stehen jedoch die H. der
verschiedenen Länder in internationalen Beziehun-
gen, welche durch das "Internationale Komitee" in
Genf vermittelt werden. Letzteres ist aus der 8ooiöt6
ä'utilite Mdliliue hervorgegangen und hat sich selbst
die Aufgabe gestellt, die Beziehungen der Central-
kornitees zueinander auszubilden, denselben die Bil-
dung neuer Landesvereine anzuzeigen, in Kriegs-
fällen internationale Agenturen zur Auskunftsertei-
lung und Gabenvermittelung zu errichten und ein
gemeinsames Organ aller Gesellschaften vom Noten
Kreuz, das ttLu1i6tiniut6lu3.ti0U3.1", herauszugeben.
Dieses Komitee bildet die von allen H. anerkannte
Centralstelle der internationalen Bestrebungen auf
dem Gebiete der freiwilligeil Kriegskrankenpstege.
In der Regel alle fünf Jahre werden internationale
Konferenzen der H. abgehalten, zu denen die Re-
gierungen Vertreter zu entsenden pflegen. Die
Friedensorganisation der H. ist in Deutschland (in-
folge der Kriegserfahrung von 1870 und 1871) am
umfassendsten entwickelt. Es bestehen etwa 2000 in
Orts-, Bezirks-, Provinzial- und Landesvercine ae-
gliederte H., welche sämtlich von dem Centraltomitce
der Deutschen Vereine vom Roten 5lreuz einheitlich
geleitet werden und in ihrer Gesamtheit über ein
großes, für Zwecke der Kriegskrankenpstege geschul-
tes Personal sowie über bedeutende Barmittel und
Vorräte an Material verfügen. (S. Freiwillige Kran-
kenpflege, Genfer Konvention, Rotes Kreuz.)
HilfsVollstreckung, soviel wie Zwangsvoll-
streckung ls. d.).
Hilfszeitwörter (Vki-da. auxiliariH), Verba,
deren ursprünglicher Begriff sich so verflüchtigt hat,
daß sie wesentlich nur Nebendestimmungen des
Seins und der Thätigkeit ausdrücken, die daher in
Verbindungen mit andern Wortklassen (Participien,
Infinitiven) zur Umschreibung temporaler oder
modaler Verhältnisse dienen, für die der Spracbe
ein einfacher Ausdruck fehlt. So im Teutschen
"fein" und "haben" zur Bezeichnung des Perfekts
("ich bin gegangen", "ich habe geschrieben"); "werden"
zum Ausdruck des Futurums ("ich werde lieben")
und des Passivums ("ich werde geliebt"); "müssen,
sollen, können, mögen" zum Ausdruck der Notwen-
digkeit, Möglichkeit, des Beliebens. Die Grenze
zwischen H. und selbständigen Verben ist fließend,
wie z. B. "haben" ebenso gut Hilfszeitwort sein, wie
auch selbständig im Sinne von "besitzen" gebraucht
werden kann.
Hilgenfeld, Adolf, prot. Theolog, geb. 2. Juni
1823 zu Stappendeck bei Salzwedel, studierte in
Berlin und Halle, habilitierte sich 1847 bei der theol.
Fakultät zu Jena, wo er 1850 auherord., 1869 Ho-
norarprofessor, 1890 ord. Professor wurde. H. ist ein
hervorragender Vertreter der kritischen Theologie; er
gehört der sog. Tübinger Schule an, innerhalb^welcher
er als der namhafteste Vertreter der rechten ^eite be-
trachtet werden taun. Seit 1858 giebt er die "Zeit-
schrift für wissenschaftliche Theologie" heraus. Von
seinen zahlreichenPublikationen sind zu nennen: "Die
Clemcntinischen Nekognitionenund Homilien" (Jena
1848), "Das Evangelium und die Briefe Johannis
nach ihrem Lehrbegriff" (Halle 1849), "Kritische
Untersuchungen über die Evangelien Justins, der
Clementinischen Homilien und Marcions" (ebd.
1850), "Das Martusevangelium" (Lpz. 1850),
"Die Glosjolalie" (ebd. 1850), "Der Galaterbrief"
(ebd. 1852), "Die apostolischen Väter" (Halle 1853),
"Die Evangelien nach ihrer Entstehung und ge-
schichtlichen Bedeutung" (ebd. 1854), "Das Ur-
christentum" (Jena 1855), "Die jüd. Apokalypük"
(ebd. 1857), "Der Paschastreit der alten Kirche"
sHalle 1860), "Der Kanon und die Kritik des Neuen
Testaments" (ebd. 1803), "Die Propheten Esra
und Daniel" (ebd. 1863), "Bardesanes, der letzte
Gnostiker" (Lpz. 1864), "Noviiui ^68t3.m6ntiiili sxtia
0K110116U1 l6c6Miin" (4 Tle., ebd. 1866; 2. Aufl.
1876 - 84), "N^88i9.8 ^uäaeoi'uiQ" (ebd. 1869),
"Histor.-kritische Einleitung in das Neue Testament"
(ebd. 1875), "Ketzergeschichte des Urchristentums"
(ebd. 1884), "Judentum und Iudenchristentum"
(ebd. 1886). Auch gab er den ^astoi'" des Hermas
(ebd. 1887) zum erstenmal vollständig und das
"I^ideNnin ä6 Nlsatoridug inter Oxp^ni ^ipta
con^rvlUuin" (Freib. i. Br. 1889) heraus. Ge<?en
den Ultramontanismus ist gerichtet die Schrift "Die
Lehninische Weissagung über die Mark Branden-
burg, nebst der Weissagung von Benediktbeuern
über Bavern" (Lpz. 1875).