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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hinkende Geschäfte - Hinrichtung
heilte Knochenbrüche, Verrenkung des Hüftgelenks
oder andere zerstörende Einwirkungen entstanden
oder angeboren (z. B. durch angeborenen Mangel
des Schenkelhalses, angeborene Verrenkung des
Schenkelkopfes u. dgl.). Sind beide untere Extre-
mitäten von einem der eben erwähnten Übel be-
fallen, so entsteht der sog. wackelnde Gang oder
das Watscheln (vaciiiatio), welches gewissermaßen
ein doppeltes H. darstellt und oft bei rhachitischen
und skrofulösen Personen, bei schwangern Frauen
und bei Rückenmarkskranken beobachtet wird.
Freiwilliges H. ist eins der ersten Zeichen
der Hüftgelenkentzündung (Coritis), bei welcher der
Kranke wegen Schmerzhaftigkeit (Coxalgie) den Ge-
brauch des Beins möglichst beschränkt. (S. Hüft-
gelenkentzündung.)
Hinkende Geschäfte oder hinkende Ver-
träge M6F0ti3. ci3.uäiog.uti3.), s. Forderungsrecht
(Bd. 6, S. 968d). s(s. d.).
Hinkender Iambus, soviel wie Choliambus
Hinkende Währung (frz. Htalon doitßux), ein
Währungszustand, in welchem infolge von Ver-
schiebung des Wertverhältnisses der Edelmetalle die
gesetzlich vorhandene Währung nicht voll aufrecht-
erhalten oder eine neue Währung vorläufig nicht
vollständig durchgeführt werden kann. So konnte
z. B. das Deutfche Reich die Goldwährung infolge
Rückgangs des Silberpreises nicht ganz durchführen,
indem es einen Teil der vorhandenen Thaler mit
gesetzlicher Zahlungskraft in Umlauf lassen muhte.
Aus gleichem Grunde mußten die Staaten der La-
teinischen Münzkonvention (s. d.) die Prägung von
Fünffranksstücken in Silber einstellen, wodurch ihre
Doppelwährung ebenfalls hinkend wurde. (S. Dop-
pelwährung und Währung.)
Hinkiambus, s. Choliambus.
Hinkmar, Erzbischof von Reims, geb. um 806,
wurde im Kloster St. Denis bei Paris erzogen,
solgte 830 seinem Lehrer, dem Abt Hilduin, ins
Exil nach Corvei, kehrte bei Karls des Kahlen
Thronbesteigung zurück und wurde 845 zum Erz-
bischof von Reims erhoben. Als solcher trat H. in
dem Streit des Mönchs Gottschalk (s. d.) über die
Prädestination für die Reinheit der Lehre ein. 860
war der Streit für H. entfchieden. Der weltlichen
Macht gegenüber wußte er mit Erfolg die Unab-
hängigkeit der Kirche zu wahren, wie er auch König
Lothar II. zwang, feine verstoßene Gattin Thietberga
wieder anzunehmen. Seine streng betonten polit.
Grundfätze waren: Verschmelzung von Kirche und
Staat zu einer christl. Universalmonarchie. H. war
die Seele der Regierung Karls des Kahlen, den er
zur Gewinnung Lothringens bestimmte und in Metz
zum König salbte. Vor allem aber war H. darauf
bedacht, die Freiheit der Landeskirche gegen die An-
sprüche des röm. Stuhls zu fchützen, weshalb er die
Gültigkeit der Dekretalen des Pseudoisidor (s. d.)
bezweifelte, die in diesem Kampf zum erstenmal ver-
wertet wurden. Beim Einfall der Normannen 882
floh H. und starb 21. Dez. 882 zu Epernay. H.s
Schriften, eine wertvolle Quelle für die Geschichte
seiner Zeit, wurden hg. von Sirmond (Par. 1645).-
Vgl. von Noorden, H. von Reims (Bonn 1863);
Sdralek, H.s von Reims kanonistifches Gutachten
über die Ehescheidung Lothars II. (Freib. i. Vr.
1881); Schroers, H. von Reims (ebd. 1884).
Hinlopen, s. Hindeloopen.
Hinojofa (spr. inoa", H. delDuque, Vezirks-
hauptstadt im N. der span. Provinz Cordoba, mit
Wem- und Weizenbau sowie ansehnlicher Viehzucht,
hat (1887) 9470 E.
Hinric vonAlkmar,s. Alkmar.
Hinrichsfche Buchhandlung, I. C., in Leip-
zig, bestehend aus Verlags- und Sortimentsbuch-
handlung, im Besitz von Ludwig Adolf Her-
mann Rost (geb. 24. Mai 1822) mit seinen Söh-
nen Christ. Friedr. Adolf Rost (seit 1887; geb.
5. Aug. 1858) für den Verlag, und Friedr. Iul.
David Rost (seit 1891; geb. 27. Jan. 1865) für das
Sortiment als Teilhabern. Sie wurde 1. Aug. 1791
von August Leberecht Reinicke (geb. 19. Juni
1766 in Leipzig, gest. im April 1834 m Halle) unter
dessen Namen gegründet, der 1796 seinen Schwager
Johann Conrad Hinrichs (geb. 30. Okt. 1763
in Harburg) als Teilhaber aufnahm. Letzterer
wurde 1801 alleiniger Besitzer. Nach feinem Tode
(22. Sept. 1813) führte die Witwe das Geschäft
fort, seit 1819 mit ihrem Neffen, Christian Frredr.
Adolf Rost (geb. 6. Sept. 1790 in Leipzig, gest.
3. Sept. 1856), als Teilhaber, der 1840 alleiniger
Besitzer wurde. Ihm folgte sein Sohn und Teil-
haber seit 1850, der jetzige Besitzer.
Besonders verdient ist die H. B. um die deutsche
Bibliographie; sie giebt heraus: das halbjährliche
"Verzeichnis neuer Bücher, Landkarten u. s. w."
(Bd. 1-190, 1798-93), das "Wöchentliche Ver-
zeichnis der erschienenen und vorbereiteten Neuig-
keiten des deutschen Buchhandels" (1893 fg.; 1842-
92 u. d. T. "Allgemeine Bibliographie für Deutsch-
land"), den "Fünfjahrskatalog" (Bd. 1-8, 1856
-92), einen "Weihnachtskatalog" u. a. Daran
schließen sich geographische und Reisewerke, wie
Steins "Handbuch der Geographie" (1808; 7. Aufl.
1872), "Neuer Atlas der ganzen Erde" (1814;
34. Aufl. 1879) u. a. Auf andern Gebieten wogen
anfangs schünwissenschaftliche, später rechtswissen-
schaftliche, philosophische und geschichtliche, in den
letztenJahrzehnten theol. Werke vor: Herzogs "Real-
encyklopädie für prot. Theologie und Kirche", die
"Thcol. Litteraturzeitung" (1876 fg.), die illustrierte
"Sternbibel", Werke von Ad. Harnack, Hauck,
Schürer u. a. Dazu kommen noch Orientalia, dar-
unter große Infchriftenwerke, namentlich in der
Ägyptologie (Vrugsch, Dümichen, Mariette u. a.)
und Assyriologie (F. Delitzsch, P. Haupt). Im Er-
scheinen begriffen ist eine kritische Ausgabe des hebr.
Textes des'Alten Testaments, hg. von P. Haupt.
Hinrichtung, die Vollstreckung des Todes-
urteils, erfolgt nach dem Deutschen Strafgesetzbuch
durch Enthauptung, bei militärischen und bei im
Felde begangenen Verbrechen nach Vorschrift des
Militärstrafgefetzbuches durch Erschießen, in Öster-
reich - auch nach dem Strafgesetzentwurf von 1889
- mit dem Strang. Sie wird in einem umschlosse-
nen Raume vollzogen (Intramuranhinrich-
tung). Bei der Vollstreckung müssen (Deutsche
Stra'fprozehordn. §. 486) zwei Mitglieder des Ge-
richts erster Instanz, ein Beamter der Staats-
anwaltschaft, ein Gerichtsschreiber und ein Gefäng-
nisbeamter zugegen sein. Der Gemeindevorstand
des Ortes, wo die H. stattfindet, ist aufzufordern,
zwölf Personen aus den Vertretern oder aus andern
achtbaren Mitgliedern der Gemeinde abzuordnen,
um der H. beizuwohnen. Die Anwesenheit dieser
zwölf Personen, welche übrigens nicht erzwungen
werden kann, soll die früher übliche, wegen der
dabei beobachteten Unzuträglichkeiten abgeschaffte
unbedingte Öffentlichkeit der H. ersetzen. Außerdem