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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hippen – Hippodrom

der Realismus der Lebensbeobachtung ist ihnen eigen. Auch durch geistvolle Schilderungen bekannter Zeitgenossen sind seine Werke anziehend. Die Frauenfrage erörterten seine Schriften «Über die Ehe» (Berl. 1774; 5. Aufl. 1825; neue Ausg. in der «Bibliothek der deutschen Nationallitteratur», von E. Brenning, Lpz. 1872), «Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber» (Berl. 1792; neue Aufl. 1842) und «Nachlaß über weibliche Bildung» (ebd. 1801). Weit bemerkenswerter sind seine Romane, namentlich die «Lebensläufe nach aufsteigender Linie, nebst Beilagen A. B. C.» (4 Bde., Bert. 1778–81; neue Aufl., bearbeitet von A. von Öttingen, Lpz. 1880; vgl. Öttingen, Vor hundert Jahren. Ein Gedenkblatt zur Säkularfeier des ältesten balt. Romans, Dorpat 1878). Eine eigentümliche Laune, lebendige Einbildungskraft und realistischer Wahrheitssinn haben Anteil an diesem Werke, in welchem er als reflektierender Dichter unter der Hülle humoristischer Einfälle, witziger Aussprüche, packender Bilder die Grundsätze einer ernsten Philosophie und einer gewandten Lebensweisheit entwickelt. Besonders suchte er in diesem Werke Kants philos. Ideen, dessen «Kritik» damals durch den Druck noch nicht bekannt geworden war, zu verbreiten. In dem Werke «Zimmermann I. und Friedrich II., von Joh. Heinr. Friedr. Quittenbaum, Bildschnitzer in Hannover. London, gedruckt in der Einsamkeit 1790», sowie in den «Kreuz- und Querzügen des Ritters A. bis Z.» 2 Bde., Berl. 1793–94) berührt er viele polit. Zustände und Zeitereignisse mit scharfer Satire; namentlich das kurländ. Adelsregiment ist oft das Ziel seines Spottes. Sein Lustspiel «Der Mann nach der Uhr» (2. Aufl., Berl. 1771) erhielt Lessings Beifall. Für Schlichtegrolls «Nekrolog» lieferte er eine Selbstbiographie, die auch in besonderm Abdruck (Gotha 1801) erschien. Seine «Sämtlichen Werke» erschienen in 14 Bänden, Berlin 1827–38.

Sein Neffe, der als pensionierter preuß. Regierungspräsident zu Bromberg 10. Juni 1843 verstorbene Theodor Gottlieb von H., war der Verfasser des 1813 beim Beginn des Befreiungskrieges von Friedrich Wilhelm III. erlassenen Aufrufs «An mein Volk». Auch gab er «Beiträge zur Charakteristik Friedrich Wilhelms III.» (Bromb. 1841) heraus. – Vgl. Bach, Theodor Gottlieb von H. (Bresl. 1863).

Hippen, in Süddeutschland beliebtes Backwerk aus Oblatenteig.

Hipperholme (spr. -hohm), Dorf bei Halifax (s. d.) in England.

Hippiade (grch.), Bildsäule einer Reiterin, Amazone.

Hippĭas, der zwischen 565 und 560 v. Chr. geborene ältere Sohn des Pisistratus von Athen, kämpfte 538 v. Chr. mit seinem Vater in der Schlacht bei Pallene, die seinem Hause die Tyrannis in Attika sicherte. Nach des Vaters Tode (527 v. Chr.) ergriff H. die Zügel der Regierung und führte sie, durch seinen Bruder Hipparchus (s. d.) unterstützt, längere Jahre kraftvoll und weise. Aber nach Ermordung seines Bruders Hipparchus (514) wurde H. argwöhnisch und selbst grausam. Als nun eine Schar athenischer Flüchtlinge unter Führung des Alkmäoniden Kleisthenes 513 v. Chr. einen, wenn auch mißlungenen Freischarenzug gegen Attika versuchte, verband sich H. mit Sparta. Doch gelang es den Alkmäoniden, die Spartaner zur Wiederaufnahme ihrer der Tyrannis feindlichen Politik zu bestimmen. 510 v. Chr. führte König Kleomenes I. eine große Streitmacht, zu welcher sich die attischen ↔ Verbannten gesellten, gegen Athen. Nach wenigen Tagen wurde H. zur Ergebung und zur Auswanderung nach Sigeum in Troas genötigt, wo unter pers. Oberhoheit sein jüngerer Stiefbruder Hegesistratus etwa seit 533 v. Chr. regierte. Seit dieser Zeit war H. unablässig bemüht, die Herrschaft über Athen zurückzugewinnen. Zu diesem Zwecke schloß er sich der pers. Politik vollständig an und befand sich auf der Flotte des Großkönigs, welche 490 v. Chr. gegen Attika auslief. Aber mit der Niederlage der Perser auf der Ebene von Marathon scheiterten auch des H. letzte Hoffnungen; auf der Rückfahrt der asiat. Flotte starb er zu Lemnos.

Hippĭas, Sophist aus Elis, um 400 v. Chr., jüngerer Zeitgenosse des Protagoras und Sokrates, wird wegen seiner Prahlerei mit allem möglichen Wissen und Können, namentlich auch in zwei Plato beigelegten, nach H. benannten Dialogen lächerlich gemacht. Doch rührt nur der eine, der sog. kleinere H., wirklich von Plato her. Indes war H.’ gelehrte Thätigkeit nicht ohne Verdienst. Insbesondere gab er zuerst ein Verzeichnis olympischer Sieger heraus. Sein Lieblingssatz war die Unterscheidung eines Naturrechts von dem auf willkürlicher menschlicher Satzung oder Übereinkunft beruhenden; übrigens scheint H. diese Unterscheidung, aus der andere Sophisten sehr radikale Folgerungen zogen, in einer ziemlich milden Form vertreten zu haben. Die Reste seiner Schriften sind in Müllers «Fragmenta historicorum graecorum», Bd. 2 (Par. 1848), gesammelt. – Vgl. Zeller, Philosophie der Griechen, Bd. 1 (5. Aufl., Lpz. 1892).

Hippiatrik, Hippiătrie (grch.), Pferde- und allgemeine Tierheilkunde; Hippiater, Roßarzt; Hippiatrĭca, auf die Tierheilkunde bezügliche Schriften.

Hippĭkon, griech. Längenmaß von 4 Stadien.

Hippische Wettkämpfe, s. Roß- und Wagenrennen.

Hippo, alte Stadt, s. Hippo-regius.

Hippo..., vor Vokalen Hipp... (grch.), in Zusammensetzungen = Pferde..., Roß....

Hippobosciden, s. Pferdelausfliege.

Hippoocampĭna, Hippocampus, s. Seepferdchen.

Hippodameia, in der griech. Mythologie die schöne Tochter des Oinomaos, Königs von Pisa in Elis, und der Plejade Asterope. Weil dem Vater geweissagt worden war, daß sein künftiger Eidam ihn töten werde, so machte er zur Bedingung, daß jeder, der sich um seine Tochter bewerben würde, mit ihm ein Wettrennen zu Wagen bestehen und, wofern er, ehe sie an das Ziel kämen, von ihm erreicht würde, durch seine Hand fallen sollte. Es gelang ihm, viele Freier zu töten, bis endlich Pelops (s. d.) ihn besiegte. H. wurde nun Gemahlin des Pelops und Mutter des Atreus und Thyestes. Sie verleitete nach Hygin ihre Söhne, ihren Stiefbruder Chrysippos zu töten, und tötete sich selbst, als Pelops sie dessen beschuldigte. Sie wurde in Olympia bestattet, und ihr zu Ehren ein Tempel im Haine der Altis gebaut. Ihr Schicksal behandelten Sophokles, Euripides u. a. Darstellungen der Sage von dem Wettkampf finden sich auf antiken Vasen und in den Skulpturen des vordern Giebelfeldes des Zeustempels zu Olympia. – H. heißt auch die Gemahlin des Peirithoos (s. d.).

Hippodrom (grch., «Roßlauf»), die Rennbahn für Pferde- und Wagenrennen. Derartige Wettspiele genossen schon im griech.-heroischen Zeitalter hohes Ansehen und werden von Homer («Ilias»,

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 200.