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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Histometer; Histonen; Historia; Historia Augusta; Historienbibel; Historienmalerei; Historik

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Histometer – Historik

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Histologie'

Vertreter Virchow, der Begründer der Cellularpathologie (s. d.), Rindfleisch, Cohnheim, Recklinghausen, Birch-Hirschfeld zu nennen sind.

Litteratur. Neuere allgemeine Lehrbücher über die H. der Tiere (vergleichende Gewebelehre) existieren nicht; ein einziges älteres ist von Leydig, Lehrbuch der H. des Menschen und der Tiere (Frankf. a. M. 1857). Die meisten Lehrbücher der H. behandeln den Menschen und die Säugetiere: Kölliker, Handbuch der Gewebelehre des Menschen (6. Aufl., Lpz. 1889 fg.); Rindfleisch, Lehrbuch der pathol. Gewebelehre (6. Aufl., ebd. 1886); Frey, Handbuch der H. und Histochemie des Menschen (5. Aufl., ebd. 1876); Handbuch der Lehre von den Geweben (hg. von Stricker, 2 Bde., ebd. 1868–72); Ranviers Technisches Lehrbuch der H. (deutsch von Nicati und von Wyß, ebd. 1888); Behrens, Kossel und Schiefferdecker, Die Gewebe des menschlichen Körpers (Braunschw. 1889 fg.); Stöhr, Lehrbuch der H. (5. Aufl., Jena 1892). In allen ist auch die Zellenlehre behandelt.

Histometer (grch.), s. Materialprüfungsmaschinen.

Histonen nennt Haeckel die mehrzelligen Organismen gegenüber den einzelligen oder Protisten.

Historĭa, Historie (grch. und lat.), Geschichte (s. d.).

Historĭa Augusta, die von den Scriptores historiae Augustae (s. d.) verfaßte Geschichte der röm. Kaiser.

Historienbibel heißen verschiedene prosaische Darstellungen der biblischen Geschichte in volkstümlicher Sprache, die im 14. Jahrh. aus der poet. Weltchronik des Rudolf von Ems und ihren Überarbeitungen und Fortsetzungen hervorgingen. Ausgabe von Merzdorf in der «Bibliothek des Litterarischen Vereins», Bd. 100, 101 (Stuttg. 1870). – Vgl. Gleisberg, Die H. und ihr Verhältnis zur rudolfinischen und thüring. Weltchronik (Lpz. 1885).

Historienmalerei (historische oder Geschichtsmalerei). Der Begriff des Historischen in der bildenden Kunst besagt nach der Kunstauffassung der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts im weitern Sinne soviel wie stilvolle, ideale Auffassung. «Historisch» war gleichbedeutend mit der in Form und Ausdruck ausgesprochenen Erhebung des Gegenstandes aus dem Zufälligen und rein Zuständlichen, wie es das Genre zu geben habe, in die Sphäre des Allgemeingültigen; und diese Auffassung war keineswegs auf Vorführung thatsächlicher Ereignisse beschränkt, sondern erstreckte sich auf alle Stoffgebiete figürlicher Komposition, seien sie nun der Geschichtsüberlieferung oder der Dichtung, Sage oder andern Quellen entlehnt. In diesem Betracht deckte sich der Begriff des Historischen mit dem des Monumentalen, dessen erstes Erfordernis der Stil war. Er leidet sogar Anwendung auf die Landschaft, insofern der Künstler es unternimmt, die Naturwelt nach den Stilgesetzen des Historienbildes zu behandeln, d. h. die vorgefundene Erscheinung zum großartigen und einfachen Ausdruck zu gestalten und ihr eine entsprechende Gesamtphysiognomie zu verleihen. (S. Heroisch.) Den Forderungen der ältern deutschen Ästhetik an die H. entsprach nur die gleichzeitige deutsche Kunst vollkommen; namentlich bildete Cornelius ihr Ideal aus. Schon in Schnorr bemerkte sie eine Hinneigung zur Darstellung des Geschichtswahren als des Zufälligen in der Erscheinung des Dargestellten, in Kaulbach eine Modernität und eine Vorliebe für das symbolisch Geistreiche, ↔ die dem strengen Stilbegriffe der Zeit widersprach. Alfred Rethel brachte die Richtung wohl am glänzendsten zum Ausdruck, obgleich bei ihm die Unmittelbarkeit der stilistischen Gestaltung anfangs die Anerkennung zurückhielt. Unter dem Einfluß der koloristischen Schulen Belgiens (Bièfve und Gallait) sowie der Franzosen (Delacroix, Couture, Gleyre u. a.) verschwand diese Kunstart fast ganz, sodaß sie jetzt nur noch von wenigen (Geselschap) geübt wird. Der zu ihrer Pflege gegründete Verein für histor. Kunst kann meist wegen Mangel an Beteiligung seitens der Künstler seine Aufträge gar nicht zur Verteilung bringen.

Im engern Sinne ist die H. richtiger Geschichtsmalerei zu nennen, weil hier nicht sowohl die Auffassung als vielmehr der Stoff den Ausschlag giebt. Man scheute sich lange vor der Darstellung jüngstvergangener Ereignisse, in welchen porträtmäßige und kostümgetreue, also genrehaftere Auffassung die Glaubwürdigkeit des Bildes erhöht. Man glaubte nämlich, es käme hierbei mehr auf geistige Wahrheit als auf allseitige Richtigkeit an und suchte daher auch die moderne Welt im Bilde zu stilisieren. Die in diesem Sinne geschaffenen Arbeiten mußten unbefriedigende Ergebnisse liefern. Ebenso jene, welche die uns geistig fern liegenden Zeiten durch moderne Darstellung uns nahe führen wollten, die also dem histor. Roman entsprechend geplant waren. Erst neuerdings verbreitet sich mehr und mehr die Erkenntnis, daß die Geschichte nur modern aufzufassen und das Werk nur dann ein völlig einheitliches sein könne, wenn es auch moderne Gegenstände darstelle. Frühere Zeiten hatten eine H. nur in dem Sinne, daß sie auch die geschichtlichen Vorgänge naiv im Sinne der Zeit darstellten oder ihnen ein typisch antikes oder ritterliches Gewand gaben. Der Gedanke, durch das Bild die geschichtlichen Vorgänge früherer Zeiten in möglichster Treue zurückzurufen, ist, abgesehen von dem Schlachtenbilde und dem Repräsentationsbilde, so neu wie die reflektierende Geschichtschreibung überhaupt. Jedoch hat er überall die aufmerksamste Pflege, namentlich durch die öffentlichen Gewalten gefunden, sodaß räumlich die H. in der modernen Kunst fast den ersten Rang einnimmt. Aber auch dieser Richtung beginnen sich die Künstler zu entfremden, sodaß sich nur durch die Subvention der Staaten, Kirchen und Städte, welche meist der im Bilde dargestellten Gegenstände wegen zur Anregung der Vaterlandsliebe oder Religiosität, nicht aus rein künstlerischen Absichten bewilligt wird, die H. noch erhält. An großen Aufgaben hat es der H. in keinem Lande gefehlt. Doch scheint die Produktion nachzulassen. Dasselbe gilt vom Historischen Genre (s. d.).

Die jüngere deutsche H. fand einen Höhepunkt in Piloty und seiner Schule, bei der zum Teil, wie bei Makart, das rein Koloristische die geschichtliche Wahrheit sogar überwog. Große Cyklen histor. Inhalts bot die Ausmalung des Nationalmuseums in München, der Albrechtsburg in Meißen, der Museen und der Ruhmeshalle in Berlin, des Pantheon und des Hôtel de Ville zu Paris, des Parlamentshauses in London, des Arsenals und der Oper in Wien, des Staatenpalastes in Washington und vieler anderer Bauten. – Vgl. Muther, Geschichte der Malerei im 19. Jahrh. (Münch. 1893).

Historik (grch.), die Wissenschaft oder Kunst der Geschichtschreibung (s. Geschichte); Historiker, Geschichtsforscher, Geschichtschreiber.