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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hittorff - Hitzig (Ferd.)
tungen in ihren Lösungen bewegen (wandern). Da-
durch wurde der Nachweis ermöglicht, daß von
allen chem. Verbindungen nur die Salze elektroly-
tisch leiten und hierbei genau so spalten, wie es
beim gewöhnlichen Austausche H. Davy zuerst er-
kannte. Dieses Verhalten der Salze bei der Elek-
trolyse ihrer Lösungen steht aber im Widerspruch
mit der Grundvorstellung, welche die Wissenschaft
sich über das Wesen der chem. Verbindung seit dem
Ende des vorigen Jahrhunderts gebildet hatte, und
macht die Aufstellung einer neuen Theorie nötig,
deren Aufbau die heutige Forschung lebhaft be-
schäftigt. Mit Plücker stellte H. zuerst die mehrfachen
Spektra der Elemente fest und gab in den "?di1o-
30pdicHi ^ranLactions" 1864 Abbildungen der-
selben. Bereits 1869, also 10 Jahre vor Crookes,
beschrieb er vollständiger und richtiger die schönen
Erscheinungen, welche die verdünnten Gase an den
Elektroden in den Geihlerfchcn Röhren bei der Lei-
tung der Elektricität zeigen, deren Erklärung noch
immer nicht gelungen ist. Außerdem beschäftigte
sich H. befonders noch mit den allotropifchen Zu-
ständen des Selens und des Phosphors und ent-
deckte von letzterm eine schwarze, metallglänzende
krystallisierte Modifikation.
Hittorff, Jacques Ignace, franz. Architekt, geb.
20. Aua. 1792 zu Köln, ging 1810 nach Paris, wo
die Architekten Percier und Velanger feine Lehrer
waren. 1814 wurde er zum königl. Vauinspektor,
nach Belangers Tode an dessen Stelle zum Hof-
architekten ernannt. Zunächst mit Theaterbauten
beschäftigt (Ambigu-Comique, Favart), begann er
nach der Iulirevolution, die ihn einige Zeit von den
Staatsbauten entfernte, feine Hauptwerke, die Kirche
St. Vincent de Paul, eine geräumige Basilika im
altchristl. Stil, und die Verschönerung des Concorde-
platzes und der Elyseischen Felder, wo er das Fuß-
gestell des Obelisken, fünf Springbrunnen, den
Sommercirkus und das Diorama errichtete. Vom
zweiten Kaiferreich wurde er namentlich zur Gestal-
tung des großartigen Straßennetzes von Paris be-
rufen. Er verfertigte die Risse zur Anlage der Ave-
nue de l'Imperatrice und der Zugänge des großen
Triumphbogens, die Pläne zum Bois de Voulogne.
Eins seiner letzten, aber großartigsten Werke war
der Pariser Nordbahnhof (1861-65). H. wurde
1853 von der Akademie der bildenden Künste als
Mitalied aufgenommen. Er starb 25. März 1867
zu Paris. Er veröffentlichte: "^rciiitsoturs an-
ti<iu6 äs 1a 8ieii6" (3 Bde., Par. 1826-30) und
"^rekitOcturs moäerne ä6 1a 8icil6" (ebd. 1826-
35; mit 76 Tafeln), zu welchen Werken er 1822-24
in Italien die Materialien gesammelt hatte. Ferner
gab er heraus "^rdiitsetuls ^ol^Hrome clis? 168
Ai-608" (Par. 1851; mit Atlas), worin er die Ergeb-
nisse feiner Untersuchungen über die Vemalung der
Gebäude bei den Alten niederlegte.
Hitu, Teil der molukk. Insel Amboina (s. d.).
Hitzacker, Stadt im Kreis Dannenberg des preuh.
Reg.-Bez. Lüneburg, 6 km im NW. von Dannen-
berg, links an der Mündung der Ieetze in die Elbe,
an der Linie Wittenberge-Lüueburg der Preuß.
Staatsbahnen, Sitz eines Hauptsteueramtes, hat
(1890) 1080 meist evang. E., Post, Telegraph, ein
altes Schloß, eine Dampfbranntweinbrennerei mit
Hefefabrik, Schiffahrt, Fischerei, Kornhandel. Die
Eisenquellen (Viktoria- und Louisenquelle) sind erst
in neuerer Zeit bekannt geworden. Herzog August
der Jüngere von Vraunschweig-Lüneburg, welcher
1604-34 zu H. residierte, gründete hier eine Biblio-
thek, die 1645 nach Wolfenbüttel verlegt wurde.
Hitzausschlag, f. Hautkrankheiten (der Haus-
tiere, Bd. 8, S. 906 d).
Hitzbank, f. Hitzläufer.
Hitzbläschen oder Hitzblätterchen, volks-
tümliche Benennung des bläschenförmigen Ekzems
ls- Ekzem).
Hitze, über das der Empfindung erträgliche
Maß hinausgehende Wärme. Im Physik. Sinne
werden sehr hohe Tempcraturgrade als Hitzegrade
bezeichnet, die man durch Pyrometer (s. d.)" mißt. -
H. heißt auch beim Einschlagen der Pfähle mit dem
Rammbären die Zeit von einer Ruhepause zur an-
dern und die in dieser Zeit geschehene Anzahl von
Schlägen (Zügen oder Hüben); so sagt man z. B.:
eine H. von 25 Schlägen thun.
Hitze, Franz, Politiker, geb. 17. März 1851 zu
Hanemicke im Kreis Olpe (Westfalen), studierte in
Wnrzburg kath. Theologie und beschäftigte sich zu-
gleich privatim mit den Socialwissenschaften, wurde
1878 zum Priester geweiht und war dann zwei
Jahre Kaplan am Campo Santo der Deutschen in
Rom. 1880 wurde er Generalsekretär des "Arbei-
terwohls)), eines Verbandes kath. Industrieller und
Arbeiterfreunde in München-Gladbach, und Redac-
teur der Monatsschrift "Arbeiterwohl". 1893 erhielt
er eine neu errichtete außerordentliche Professur der
Pastoraltheologie ("für christl. Gesellschaftswissen-
schaft") an der Akademie zu Münster. Dem preuß.
Abgeordnetenhause gehört H. seit 1882 für München-
Gladbach an. Im Reichstage, in dem er feit 1885
den Wahlkreis Geilenkirchen-Erkelenz vertritt, war
er bei focialen Fragen in hervorragender Weise
thätig. Insbesondere trat er für den Arbeiterfchutz
ein, wurde 1889 zu den Verhandlungen des preuß.
Staatsrates darüber als Sachverständiger zuge-
zogen und war 1890-91 Berichterstatter der Reichs-
tagskommission über die Gewerbeordnungsnovelle,
Von H.s socialpolit. Schriften sind zu erwähnen:
"Die sociale Frage und die Bestrebungen zu ihrer
Lösung" (Paderb. 1877), "Kapital und Arbeit und
die Reorganisation der Gesellschaft" (16 Vorträge,
ebd. 1881), "Die Quintessenz der socialen Frage"
(ebd. 1881), "Schutz dem Handwerk!" (ebd. 1883),
"Pflichten und Aufgaben der Arbeitgeber in der
Arbeiterfrage" (Köln 1889), "Schutz dem Arbeiter!"
(ebd. 1890), "Normalarbeitsordnung nebst Erläute-
rungen" (edd. 1892).
Hitzemesser, f. Pyrometer.
Hitzig, Ferd., prot. Theolog, geb. 23. Juni 1807
zu Hauingen in Baden, studierte in Heidelberg,
Halle und Göttingen, habilitierte sich 1829 zu Heidel-
berg, folgte 1833 einem Rufe als ord. Professor an
die Universität Zürich, kehrte 1861 nach Heidelberg
zurück und starb hier 22. Jan. 1875. H. ist durch
die Kühnheit seiner Kritik und Kombinationen sowie
als scharfsinniger Ereget für die alttestamentliche
Wissenschaft von hervorragender Bedeutung. Er
veröffentlichte: "Begriff der Kritik, am Alten Testa-
ment praktisch erörtert" (Heidelb. 1831), "Des Pro-
pheten Ionas Orakel über Moab" (ebd. 1831), "Der
Prophet Iesaia, übersetzt und ausgelegt" (ebd. 1833),
"Die Psalmen" (2 Bde., ebd. 1835-36; neue Be-
arbeitung, 2 Bde., Lpz.1863-65), "Die zwölf Klei-
nen Propheten" (Lpz. 1838; 4. Aufl., hg. von Steiner,
1881), "Der Prophet Ieremia" (ebd. 1841; 2. Aufl.
1866)> "Der Prediger Salomos" (ebd. 1847; 2. Aufl.,
von Nowack, 1883), "Der Prophet Ezechiel" (ebd.