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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Holderneß; Holedau; Holen; Holenstein; Holfter; Holguin; Holics; Holitz; Holk; Holkar; Holl

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Holderneß - Holl

furt, wo er bis zum Herbst 1798 blieb. Diese Zeit ward für H.s Entwicklungsgang von entscheidender Bedeutung. In der Frau Gontard lernte er eine weibliche Idealgestalt kennen, die ihn zu schwärmerischer Liebe begeisterte. Unter dem Namen Diotima hat er ihr in seinem Roman "Hyperion", der um diese Zeit seine letzte Gestalt erhielt, wie in einer Reihe tiefempfundener Dichtungen ein Denkmal gesetzt. Aber wenn auch diese Liebe auf seine dichterischen Produktionen anregend und reifend wirkte, so ward andererseits sein Gemütsleben durch diesen innern Konflikt schmerzlich erschüttert und zerrüttet. Nachdem er im Herbst 1798 sich nach Homburg zu seinem Freunde Sinclair begeben, dann in Stuttgart (1800) vergeblich sich eine Existenz als Privatgelehrter zu gründen versucht hatte, versuchte er es abermals mit Hofmeisterstellen in der Schweiz und in Bordeaux (Ende 1801). Als ein Geistiggestörter kehrte er in die Heimat zurück (Sommer 1802). Obwohl vorübergehend Besserung eintrat, die poet. Schaffenslust sich wieder regte, war er von jetzt an der Krankheit rettungslos verfallen. Ein Versuch, ihm in Homburg eine Sinekure als Bibliothekar zu verschaffen, schlug fehl, offener Wahnsinn brach aus. Man war genötigt, ihn nach Tübingen unter ärztliche Aufsicht zu bringen. Aus dem Spital als unheilbar entlassen, lebte er in Tübingen im Hause eines Tischlers, völlig umnachteten, aber immer noch zeitweilig regen Geistes, bis ihn 7. Juni 1843 der Tod erlöste. In Tübingen ward 1881 sein Denkmal (von Andersen) enthüllt, in Homburg ihm 1883 eins errichtet. Das Vollendetste leistete H. als Lyriker; seine gedankenreichen, aus tiefster Empfindung hervorgequollenen Oden und odenartigen (meist reimlosen) Gedichte, die den Einfluß Schillerscher Gedankendichtung mit dem edelsten Gehalte hellenischen Geistes verbinden, gehören formell zu dem Schönsten, inhaltlich zu dem Großartigsten, was je in deutscher Sprache geschrieben wurde. Größe der Anlage, Tiefe und Reichtum der Gedanken und hinreißender Schwung der Sprache sind auch seinem Roman "Hyperion, oder der Eremit in Griechenland" (2 Bde., Tüb. 1797-99) nachzurühmen; dagegen ist hier die Komposition weniger gelungen. Noch weniger glückte es ihm im Drama ("Empedokles"). Schon aus der Geistesdämmerung stammt und Spuren davon trägt seine Übersetzung der "Antigone" und des "Ödipus" von Sophokles (Frankf. 1804). Seine "Lyrischen Gedichte" erschienen gesammelt zuerst, von Uhland und G. Schwab herausgegeben, Stuttgart 1826 (4. Aufl. 1878); die "Sämtlichen Werke" nebst Briefen und Lebensbeschreibung gab Chr. Th. Schwab in 2 Bänden heraus (Stuttg. 1846); "Ausgewählte Werke" (Lyrisches und "Hyperion") derselbe (ebd. 1874), ausgewählte lyrische Dichtungen H.s Mendheim in Bd. 2 von "Lyriker und Epiker der klassischen Periode" in Kürschners "Deutscher Nationallitteratur". Den Versuch einer chronologisch-kritischen Ausgabe machte Köstlin: "Dichtungen von Fr. H." (Tüb. 1884). - Vgl. Jung, H. und seine Werke (Stuttg. 1848); Haym, Die romantische Schule (Berl. 1870), S. 289 fg.; Litzmann, Fr. H.s Leben. In Briefen von und an H. (ebd. 1890); endlich Wilbrandt, F. H., im 2. Bde. der "Führenden Geister" (Dresd. 1890).

Holderneß, Halbinsel an der Ostküste Englands, in der Grafschaft York, erstreckt sich zwischen Nordsee und Humber-Ästuar nach Südosten und endet im Spurn-Head. Sie ist teilweise Marschland, einer der fruchtbarsten Ackerbaubezirke des Landes. Auf den Weiden gedeiht eine eigentümliche Rasse von Rindern und Schafen.

Holedau, s. Holledau.

Holen, in der Seemannssprache das Ziehen an einem Tau; ähnlich wird anholen, aufholen, ausholen, einholen gebraucht. Niederholen der Flagge bedeutet das Herunterlassen und Einziehen derselben. Ein Schiff verholen heißt, es durch Trossen (s. d.), die außenbords an Land oder an andern Schiffen oder an Bojen (s. d.) befestigt sind, durch Einholen oder Einhieven (s. d.) vorwärts bewegen.

Holenstein, s. Löwenberg.

Holfter, Futterale an beiden Seiten des Vorderzwiesels (s. Zwiesel) des Bocksattels (s. d.), zur Aufnahme von Pistolen oder andern Gegenständen.

Holguin (spr. olgihn), Stadt auf Cuba im Innern des östl. Teils, südlich von der Hafenstadt Jibara gelegen, hat (1887) 32248 E.

Holics (spr. -litsch), Groß-Gemeinde und Hauptort des Stuhlbezirks (26608 E.) im ungar. Komitat Neutra, 5 km östlich von der March, an der Göding-Holicser Lokalbahn (7 km) und der Linie Preßburg-Theben-Skalitz der Ungar. Staatsbahnen, hat (1890) 5747 meist kath., slowak. und deutsche E., Post, Telegraph, eine Steingutfabrik, bedeutende Schafzucht und ist Eigentum der kaiserl. Familie, die hier ein schönes Lustschloß besitzt.

Holitz, Stadt in der österr. Bezirkshauptmannschaft Pardubitz in Böhmen, 15 km im NO. von Pardubitz, Sitz eines Bezirksgerichts (288,85 qkm, 24 Gemeinden, 39 Ortschaften, 20997 kath. czech. E.), hat (1890) als Gemeinde 5161 czech. E., Post, Telegraph, Schloßruinen; 6 Schuhwarenfabriken (600 Arbeiter), Weberei, Feldwirtschaft sowie bedeutenden Eier-, Schweine- und Schinkenhandel. 1758 bestand Friedrich d. Gr. in der Umgebung von H. ein Gefecht gegen Laudon.

Holk, Heinr., Graf von, kaiserl. Feldmarschall, wahrscheinlich 1599 auf Alsen geboren, trat früh in dän. Dienste, drang im niedersächs. Kriege 1626 als Regimentscommandeur bis Schlesien vor, wurde aber im Juli 1627 von den Kaiserlichen bei Bernstein gefangen genommen; 1628 losgekauft, ging er wieder nach Kopenhagen, war an der Verteidigung Stralsunds beteiligt und trat 1630 als Oberst in kaiserl. Dienste. 1631 nahm er an der Zerstörung Magdeburgs teil. H. kämpfte mit Auszeichnung in Sachsen und Böhmen und wurde 1632 zum Generalwachtmeister ernannt, errichtete ein Kürassierregiment, die berühmten "Holkschen Reiter", und brachte Eger und Elbogen in seine Hände. Im August erhielt er, als Günstling Wallensteins, den Befehl zu einem Verheerungszuge gegen Sachsen und wurde zum Feldmarschalllieutenant befördert. Bei Lützen führte H. den linken Flügel und folgte dem Hauptheere nach Böhmen und Schlesien. Am 31. Dez. 1632 wurde er Feldmarschall und 1633 in den Grafenstand erhoben. Er mußte nochmals in Sachsen einbrechen, nahm Leipzig zum drittenmal ein, erkrankte und starb in Troschenreuth bei Adorf 9. Sept. 1633 an der Pest. H. war ein Meister im sog. kleinen Kriege, aber einer der wildesten Generale seiner Zeit. Auf Wunsch König Christians IV. von Dänemark wurde seine Leiche 1634 nach Kopenhagen gebracht. Von seinen Nachkommen blühen noch drei Linien in Dänemark.

Holkar, Titel der ostind. Mahratten-Fürsten von Indaur (s. d.).

Holl, Frank, engl. Maler, Sohn des Kupferstechers William H. (gest. 1871), geb. 4. Juli 1845 zu