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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hufnagel - Hüftgelenkentzündung
produziert gegen 6 Mill. Stück H. täglich. - Vgl.
Moeller, Husteschlag und H. (Berl. 1888).
Hufnagel, Maler, s. Hoefnagel.
Hüfner, Hufner, s. Hufe.
Hufsäugetiere, f. Huftiere.
Hufschlag, in der Reitbahn der Weg, den die
Pferde unmittelbar neben den Banden (s. d.) und
mit leichter Abrundung durch die Ecken gehen. Das
Pferd geht auf cinemH., wenn der Weg der Vorhand
und der Weg der Hinterhand zusammenfallen; es
geht auf zwei H., wenn die Wege der Vorhand und
der Hinterhand nicht zusammenfallen, sondern
einander parallel sind.
Hufschmied, ein Schmied, dessen fast ausschließ-
liche Thätigkeit der Hufbeschlag (s. d.) bildet. Die
H. der deutschen Kavallerie und Artillerie sind
Gemeine, welche auf den militär. Hufbeschlaglehr-
anstalten (f. Lehrschmieden) zu Fahnenschmieden
(s. d.) vorgebildet werden.
Hüftbein, Hüftbeinkamm, s.Vecken; vgl.Hüfte.
Hüfte ((^oxa) nennt man die Gesamtheit der-
jenigen Teile, welche das Hüftgelenk zusammen-
setzen und zunächst umgeben. Man bezeichnet daber
mit diesem Namen äusserlich den Teil aus beiden
Seiten des Körpers, welcher sich von dem obern
Rande des Hüftknochens (08 innoininatum oder
an0U)'mum) bis dahin erstreckt, wo sich der Ober-
schenkel vom Rumpfe abscheidet. In der Anatomie
heißt dieser Teil die Hüftgcgend sroZio eoxH"
oder int'i'HiliHca). Das Hüftgelenk (artiouliitio
00X3.6), ein etwas beschränktes freies Gelenk, wird
gebildet von dem haldkugelförmigen obern Ende
(Kops) des Oberfchentelbeins und der Gelenkböble
für dasselbe (Pfanne), welche an dem untern Ende
des Beckens (s. d.) da sitzt, wo die drei Stücke des
Veckenknochens (das Darmbein, Sitzbein und Scham-
bein) zusammentreffen. Durch Bänder und durch
den äußern Luftdruck wird der Schenkelkopf in der
Gelenthöhle festgehalten und durch die vom Becken
zum Oderschenkel gehenden Muskeln bedeckt. Das
Hüftgelenk ist ein vollkommenes Kugelgelenk und
gestattet die allseitigen Bewegungen des Ober-
Ichenkels. (S.Gehen.) An der Hinterseite der H. ver-
läuft beiderseits derstarkeHüftnero(n6i-vu3i3c^ill-
äicuL, s. Bein), welcher aus dem Hüftgeflecht kommt
und sich an der hintern Fläche des Oberschenkels
und durch die Kniekehle hindurch zum Unterschenkel
und Fuß erstreckt. Er ist nicht selten der Sitz einer
sehr schmerzhaften Neuralgie. (S. Hüftweh.)
Hüftgegend und Hüftgelenk, s. Hüfte.
Hüftgelenkentzündung ((^oxitiL, ^ox^ia,
^oxin-tinocacs), ein meist langwieriges und schmerz-
baftes Leiden, welches in jedem Lebensalter, vor-
wiegend aber bei jüngern Individuen, namentlich
bei fchwächlichen und skrofulösen Kindern im Alter
von 3 bis 10 Jahren vorkommt. Im letztern
Falle handelt es sich gewöhnlich um Tuberkulose
der Knochen und der Gelentkapsel und es kommt
häufig zur eiterigen Zerstörung oder Verödung des
Hüstgelenks und damit zu einer bleibenden Ver-
kürzung des erkrankten Beins und zu dauerndem
ausgesprochenem Hinken (s. d.). In andern Fällen
entsteht die H. im Verlauf akuter Infektionskrank-
heiten (Masern, Scharlach, Pocken, Typhus u. s. w.)
oder sekundär im Anschluß an Entzündungen der
Umgebung des Gelenks, besonders auch nach akuter
Entzündung des Knochenmarks, ferner nach Knochen-
brüchen der Pfanne, des Schenkelkopfes, des
Schenkelhalses, nach Verletzungen des Gelenks,
z. B. durch Stich, Schuß u. s. w. Eine besondere
Form der H. im spätern Lebensalter ist die (^oxitis
detormanL, das Naium cox3.6 senilo (s. Gelenk-
entzündung 4).
Die ersten Symptome der H. z. B. bei skrofu-
lösen oder tuberkulösen Kindern bestehen gewöhn-
lich darin, daß das kranke Kind das eine Bein auf-
fallend fchont, bei längerm Gehen etwas nach-
schleppt und leicht hinkt; bald stellen sich dann auch
mehr oder minder lebhafte Schmerzen im Hüftge-
lenk ein, die von diefem aus über die innere Schen-
kelstäche nach dem Knie ausstrahlen und bei Druck
auf das Hüftgelenk oder auf den großen Nollhügel
verschlimmert werden. Schließlich wird das Gehen
und Stcben sehr erschwert oder ganz unmöglich;
der kleine Kranke stützt sich nun fast nur noch auf
das gefunde Bein, zieht die kranke Hüfte in die
Höhe, beugt das Knie und berührt den Fußboden
nur noch mit den Zehen (fcheinbare Verkürzung der
erkrankten Extremität). In einem fpätern Stadium
der Krankheit kommt es nicht fetten zu einer Ver-
längerung des kranken Beins, indem durch eine
reichlichere Flüssigkeitsansammlung in dem ent-
zündeten Hüftgelenk die Gelenkflächen voneinander
abgedrängt werden und der Schenkeltopf nicht
mehr genügenden Raum in seiner Pfanne findet.
Wurde die Krankheit von Anbeginn an forgfältig
behandelt, so kann noch in diesem Stadium dauernde
und völlige Genesung eintreten; bei ungünstigem
Verlauf dagegen tritt gewöhnlich eine ausgedehnte
Eiterung und Fistclbildung ein, der Schenkelkopf und
die übrigen knöchernen Gelenkteile werden durch die
eingetretene Verfchwärung mehr oder minder zer-
stört, die kranke Extremität wird in Wirklichkeit,
nicht bloß fcheinbar, verkürzt, und der kleine Kranke
trägt im günstigsten Falle, wenn er nicht infolge des
Fiebers und der Erfchöpfung zu Grunde geht, nack
jahrelangem schwerem Siechtum ein verkrüppeltes
Bein davon. Nur bei Beachtung der frühesten
Kranlheitssymptome und sofort eingeleiteter um-
sichtiger und konsequenter Behandlung ist solchen
Übeln Ausgängen vorzubeugen.
Die Behandlung hat sofort von Beginn der
Krankheit an für abfolute Ruhe und Unbeweglich-
keit des entzündeten Hüftgelenks (durch monate-
langes Liegen in einem Gips- oder andern festen
Verband oder durch fog. Extensionsverbände, bei
welchen die kranken Gelenkenden durch anhaltenden
Zug und Gegenzug vor nachteiligem Druck bewahrt
bleiben) zu forgen und die Kräfte des Kranken
durch eine leichtverdauliche nahrhafte Diät, guten
alten Wein, Eifen- und Chinapräparate möglichst
zu erhalten. Bei eingetretener Eiterung ist es eine
Hauptaufgabe der Behandlung, dem Eiter durch
rechtzeitige Incisionen freien Abfluß nach außen
zu verschaffen; mitunter gelingt es nur durch die
operative Entfernung (Resektion) des vereiternden
Schenkeltopfs das Leben des Kranken zu erhalten.
Auch nach abgelaufener Entzündung bedarf der
Kranke, um Rückfällen vorzubeugen, noch lange
Zeit hindurch der größten Schonung; das Gehen
ist im Anfang nur sehr vorsichtig und nur mit dem
Gebrauch von Krücken oder geeigneten orthopädi-
schen Apparaten, wie des sog. Taylorschen
Apparats, zu gestatten. Bei zurückgebliebener
Verkürzung des trankenBeins macht sich eine Unter-
stützung des kranken Fußes durch eine erhöhte Soble
am Stiefel erforderlich.