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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Huene; Hundswutimpfung; Hundszahn; Hundszähne; Hundszecke; Hundszunge; Hundwyl; Hünen; Hünengräber

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Hundswutimpfung - Hünengräber

hin wurden auch in Mailand, Neapel, Palermo, Budapest, Habana und Rio de Janeiro Impfinstitute errichtet. In der Moskauer Impfanstalt starben von den ersten 115 daselbst geimpften Perfonen 2, im Odessaer Impfinstitut von den ersten 103 Geimpften 7; übrigens war nur in 36 Fällen festzustellen, daß die Hunde, welche die Kranken gebissen hatten, sicher toll waren.

Ein endgültiges Urteil über den Wert und die Wirksamkeit der Pasteurschen Schutzimpfungen läßt sich gegenwärtig noch nicht abgeben; es sind hierzu erst noch weitere Erfahrungen abzuwarten. Die Mißerfolge, welche Pasteur bei einem nicht unerheblichen Teil seiner Impflinge erlitt, haben vielfache ungünstige Urteile über seine Methode hervorgerufen. Einer der Haupteinwände seiner Gegner besteht darin, daß aus seiner statist. Zusammenstellung durchaus nicht mit Sicherheit zu ersehen ist, ein wie großer Prozentsatz seiner Geimpften thatsächlich von wirklich tollen Hunden gebissen worden ist; nach der offiziellen Statistik des Ministeriums für Agrikultur wurden in Frankreich vom Okt. 1885 bis Ende Sept. 1886 nur 351 Personen von wutkranken Hunden gebissen, also erheblich weniger, als man nach den Pasteurschen Zusammenstellungen annehmen sollte. Sodann ist weiter zu erwägen, daß durchaus nicht alle von tollen Hunden Gebissenen auch wirklich an der Tollwut erkranken (von 100 durchschnittlich nur 20), und daß bei einem großen Teil der von Pasteur Geimpften bald nach dem Bisse Ausätzungen der Wunde vorgenommen worden waren, was deshalb von Belang ist, weil erfahrungsgemäß eine frühzeitige energische Ätzung der Bißwunden bei etwa drei Viertel der Gebissenen den Ausbruch der Wutkrankheit verhütet. Infolge dieser und ähnlicher Erwägungen haben auch die deutschen Regierungen die Errichtung Pasteurscher Impfinstitute vorläufig abgelehnt und das bisher in Deutschland geübte prophylaktische Verfahren gegen die Wutkrankheit (Hundesteuer, Maulkorbzwang, Hundesperre, Tötung der verdächtigen Hunde) für ausreichend erachtet.

Litteratur. Hertwig, Die Krankheiten der Hunde und deren Heilung (2. Aufl., Verl. 1880); Johnen, Die Wutkrankheit (Düren 1874); Zürn, Die Wutkrankheit der Hunde und ihre Gefahr (Lpz. 1876); Rueff, Die H., ihr Wesen, ihre Erkennung und Ursachen (Stuttg. 1876); Pasteur, Méthode pour prévenir la rage après morsure (in den "Comptes rendus des séances de l'Académie des sciences", Bd. 101; im "Bulletin de l'Académie de médecine", 1885, Nr. 43; 1886, Nr. 44; in der "Gazette des hopitaux", 1886); Cornil und Babès, Les Bactéries (3. Aufl., 2 Bde., Par. 1890); Fol, La rage canine, sa cause et prévention (in den "Archives des sciences physiques et naturelles", Genf 1886); von Frisch, Die Behandlung der Wutkrankheit (Wien 1887); Bauer, Die Inkubationsdauer der Wutkrankheit beim Menschen (Münch. 1887).

Hundswutimpfung, s. Hundswut.

Hundszahn, Pflanzengattung, s. Cynodon.

Hundszähne (Dentes canini), soviel wie Eck- oder Spitzzähne (s. Zahn).

Hundszecke, s. Holzbock.

Hundszunge (Pleuronectes cynoglossus L.), eine bis 50 cm lang werdende Art der Schollen (s. d.), die sich in der Nähe der Küsten des nördl. Atlantischen Oceans findet. Die Hauptfärbung ist schmutzigbraun, die Flossen schwarzgefleckt.

Hundszunge, Pflanzengattung, s. Cynoglossum.

Hundwyl, Hundwil, Pfarrdorf im Bezirk Hinterland des schweiz. Kantons Appenzell-Außerrhoden, 4 km südöstlich von Herisau, in 793 m Höhe, auf einer Bergterrasse am nördl. Fuße der Hundwylerhöhle (1298 m), über dem rechten Ufer der Urnäsch, hat (1888) 1638 E., darunter 206 Katholiken; neue Schulhäuser, Wasserleitung; Baumwollindustrie (Stickerei und Weberei), Alpenwirtschaft und Jahrmärkte. In H. versammelt sich abwechselnd mit Trogen die Landsgemeinde von Außerrhoden.

Huene, Karl, Freiherr von Hoiningen-, Politiker, geb. 24. Okt. 1837 in Köln, studierte 1856-59 in Berlin die Rechte und trat dann in das preuß. Heer ein. Er nahm an den Feldzügen 1864, 1866 und 1870/71 teil und ließ sich 1873 als Major verabschieden, um die Verwaltung seines Gutes Groß-Mahlendorf in Oberschlesien zu übernehmen. Seit 1877 gehört er mit kurzer Unterbrechung dem preuß. Abgeordnetenhause an und 1884-93 war er auch Mitglied des Reichstags. Er schloß sich dem Centrum an, in dem er bald eine hervorragende Stellung einnahm und mit andern meist adligen Fraktionsgenossen eine gemäßigtere, der Regierung mehr entgegenkommende Richtung vertrat. Er ist ein gewandter, sachkundiger Redner und tritt zugleich für die agrarischen Interessen sehr lebhaft ein. Besonders bekannt wurde er durch das von ihm im preuß. Landtage beantragte Gesetz (die sog. Lex H.) vom 14. Mai 1885, nach welchem der auf Preußen entfallende Anteil aus dem Ertrage der Getreide- und Viehzölle, abzüglich eines Betrags von 15 Mill. M., den Kommunalverbänden für ihre eigenen Zwecke überwiesen wurde. Durch die neue preuß. Steuergesetzgebung 1893 wurde diese Überweisung wieder abgeschafft. Bei der Beratung der Militärvorlage im Reichstage 1893 bemühte sich H., entgegen der Haltung der Mehrzahl seiner von Lieber geführten Fraktionsgenossen, eine Verständigung mit der Regierung zu stande zu bringen; doch vermochte er für seinen von der Regierung angenommenen Kompromißantrag bei der entscheidenden Abstimmung von seinen Parteifreunden nur elf zu sich herüberzuziehen. Er trat infolgedessen aus dem Vorstand der Centrumsfraktion aus, und wurde bei der Neuwahl zum Reichstag am 15. Juni zwar in einer Anzahl von Wahlkreisen aufgestellt, aber nicht gewählt. H. genießt das besondere Vertrauen des Kaisers, der ihn 1890 in den preuß. Staatsrat berief. Er ist außerdem Mitglied des Kreistages und des Kreisausschusses des Kreises Falkenberg sowie des schles. Provinziallandtages. H. schrieb "Beiträge zur Geschichte des Garde-Grenadierregiments Königin Elisabeth".

Hünen, eigentlich die Hunnen (s. d.). Seit dem 13. Jahrh. wurde der Ausdruck H. gleichbedeutend mit Riesen, und man schrieb ihnen die großen Steingrabstätten zu, die noch heutigentags in Norddeutschland Hünengräber (s. d.) genannt werden, obwohl diese von viel ältern Völkern herrühren und bereits viele Jahrhunderte standen, als die Hunnen in Europa eindrangen.

Hünengräber, die allgemeine Bezeichnung für alle großen Grabanlagen aus vorgeschichtlicher Zeit (s. Hünen). Man unterscheidet verschiedene Arten: 1) die großen, aus rohen unbearbeiteten Steinen aufgetürmten Steinmonumente mit Decksteinen (s. Dolmen); 2) Gräber, die nur eine Umfassung von mächtigen Steinblöcken zeigen (eigentliche H.);