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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hymenaios – Hymnologie

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Hymenaea'

(H. courbaril L.), dessen Harz am häufigsten in den europ. Handel kommt. Von ihm wird auch das schön braunrote, sehr harte Holz in den Handel gebracht und als Courbarilholz, Bois de Courbaril, zur Herstellung feiner Möbel verwendet.

Hymenaios, s. Hymen und Hymenäus.

Hymenäus (grch. Hymenaios oder Hymen), bei den Griechen der Hochzeitsgesang, den die Begleiter der Braut sangen, wenn diese aus dem väterlichen Hause in das des Bräutigams geführt wurde. (Vgl. Hymen und Epithalamium.)

Hymenĭum, diejenige Schicht an den Fruchtkörpern der Pilze, auf der die Sporen gebildet werden. Sowohl bei den Ascomyceten (s. d.) als auch bei den Basidiomyceten (s. d.) wird der Ausdruck H. gebraucht, bei den erstern für die Schichten, in denen sich die Schläuche (asci) oder die Conidienlager bilden, bei den letztern für diejenigen Schichten, in denen die Basidien stehen.

Hymenomyceten, Hautpilze, diejenigen Pilze aus der Gruppe der Basidiomyceten (s. d.), bei denen das Hymenium (s. d.) an der Außenseite der Fruchtkörper liegt und aus kurzen keulenförmigen Basidien besteht, die an ihrem Scheitel je vier Sporen auf pfriemenförmigen kurzen Ästchen, den Sterigmen, bilden. Die Fruchtkörper selbst bestehen aus einem dichten, nicht gallertigen Hyphengeflecht und sind ihrer Form nach außerordentlich verschiedenartig gestaltet, auch die Lage des Hymeniums ist bei den einzelnen Unterabteilungen eine sehr mannigfaltige. Zu den H. gehören die meisten derjenigen Pilze, welche man im gewöhnlichen Leben als Schwämme bezeichnet und die durch ihren hutförmigen, verschieden gefärbten Fruchtkörper charakterisiert sind, wie der Champignon, der Eierschwamm, der Fliegenschwamm, Steinpilz, Stachelschwamm u. s. w. Nach der Ausbildung des Hymeniums unterscheidet man mehrere Unterabteilungen:

  • 1) Agaricini (s. Tafel: Pilze. I. Eßbare Pilze, Fig. 1–7; II. Giftige Pilze, Fig. 1–6; lV, Fig. 4); bei diesen besteht das Hymenium aus strahlenförmigen, blatt- oder leistenartigen Lamellen, die der Unterseite des Fruchtkörpers angewachsen sind.
  • 2) Polyporei (s. Taf. I, Fig. 8–10; II, Fig. 7 u. 8; IV, Fig. 5); hier bildet das Hymenium eine von zahlreichen cylindrischen oder prismatischen Kanälen durchzogene Masse, die ebenfalls auf der nach unten gekehrten Seite des Fruchtkörpers aufsitzt.
  • 3) Hydnei (s. Taf. I, Fig. 11 u. 12); das Hymenium bildet hier stachel- oder zahnartige Vorsprünge auf der Unterseite oder besteht aus Röhren oder Falten, die jedoch nicht miteinander verwachsen sind.
  • 4) Clavariei (s. Taf. I, Fig. 13); das Hymenium überzieht den Fruchtkörper auf seiner ganzen Oberfläche und bildet eine gleichförmige glatte Haut, der Fruchtkörper ist meist verästelt oder keulenförmig, nicht hutförmig.

Hymenophyllaceen, Hautfarne, Familie aus der Gruppe der Farne (s. d.) mit gegen 300 zumeist tropischen Arten. Es sind sehr zarte moosähnliche Farnkräuter mit eigentümlichen, über den Rand des Blattes hinausragenden Fruchthäufchen (sori; s. Tafel: Gefäßkryptogamen, Fig. 2a), die von einem gewöhnlich becherförmigen Schleier umgeben sind. Die Sporangien haben einen vollständigen, schief oder horizontal vorlaufenden Ring (s. Farne) und springen der Länge nach auf. Die Blätter bestehen meist nur aus einer einzigen Schicht parenchymatischer Zellen und besitzen keine ↔ Spaltöffnungen. In Deutschland findet sich nur eine einzige Art aus der Gattung Hymenophyllum, nämlich Hymenophyllum tunbridgense Sm. (s. Tafel: Gefäßkryptogamen, Fig. 2); sie wächst an feuchten Felsen und Baumstämmen und kommt nur im Uttewalder Grunde in der Sächsischen Schweiz vor.

Hymenophýllum, s. Hymenophyllaceen.

Hymenopteren (Hymenoptĕra), s. Hautflügler.

Hyméttos, ein schon im Altertum durch seine Bienenkräuter und den trefflichen blaugrauen Marmor berühmter Bergrücken in Attika, jetzt Trelovuni, liegt südöstlich von Athen, nimmt seine Richtung von S. nach N. und erreicht eine Höhe von 1027m. Der hier gewonnene, überaus wohlschmeckende Honig hat bis jetzt seinen Ruhm behauptet.

Hymne oder Hymnus nannten die Griechen einen Gesang, der zu Ehren von Göttern oder Heroen bei Opfern und Festen mit Musikbegleitung und Tänzen gesungen wurde und nach den Gottheiten Namen und Charakter, z. B. Dithyrambus, Päan, erhielt; dann auch jedes feierlich schwunghafte Loblied. Die frühesten H. sind noch fast ganz episch, wie die des Homer; sie erzählen Göttermythen. Die spätern, wie die des Pindar und Kallimachus, sind mehr lyrischer Art, noch jüngere nähern sich der Reflexion, ja der Didaktik. Die Psalmen (s. d.) der Hebräer sind auch H., nur dem morgenländ. Charakter zufolge noch erhabener als die H. der Griechen und gleich den altindischen (s. Rigweda) stets religiös. Die christlichen H., ganz lyrisch und meist mit figurierter Musik gesungen, da die gleichförmig fortschreitende, oft gedehnte Melodie des Chorals (s. d.) den feurigen Flug der H. hemmt, sprechen das Gefühl des Menschen aus, der sich zu dem Unsichtbaren erhebt. Die ersten H. der griech. Kirche soll der Bischof Hierotheus, der lat. Kirche Hilarius von Poitiers verfaßt haben; spätere Hymnendichter waren der heil. Ambrosius (s. d.), Prudentius, Fortunatus und fdie Päpste Gelasius und Gregor d. Gr. Der liturgische Gebrauch wurde durch das (vierte) Konzil zu Toledo 633 bestätigt. (S. Kirchenlied.) Bekannt sind besonders der Ambrosianische Lobgesang («Te Deum laudamus»), der Marianische und der der Engel (s. Doxologie). (Vgl. Kayser, Beiträge zur Geschichte und Erklärung der alten Kirchenhymnen, 2 Bde., Paderb. 1880.) – Das evangelische Kirchenlied gab mit der lat. Sprache auch den Hymnencharakter auf, obgleich Luther und P. Gerhardt einzelne alte H. in Choräle umdichteten. Fast nur Klopstock nähert sich in seinen religiösen Liedern wieder dem Schwünge der H. Neuere Dichter wenden die Form weniger auf eigentlich religiöse Gegenstände (wie noch Novalis) als auf eine philos.-didaktische Ausströmung tiefer Fragen und Gefühle an, so Goethe in Gedichten wie «Prometheus», «Schwager Kronos» u. ähnl., in England Shelley, in Frankreich Musset. H. dieser Art schuf namentlich Hölderlin; auch Herders H. und Platens Oden haben zum Teil einen verwandten Charakter (s. Ode), während Knebel, Voß, Fr. Stolberg, der junge Schiller einen dramatischem Ton anschlugen.

Hymnik (grch.), Hymnendichtung, Hymnenpoesie; hymnisch, der H. eigen, darauf bezüglich.

Hymnoden, bei den alten Griechen die Sänger der Hymnen (s. Hymne).

Hymnograph (grch.), Hymnendichter.

Hymnolǒgie (grch.), die Wissenschaft von den Kirchenliedern und ihren Dichtern.