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Hymenaios – Hymnologie
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Hymenaea'
(H. courbaril L.), dessen Harz am häufigsten in den europ. Handel kommt. Von ihm wird auch
das schön braunrote, sehr harte Holz in den Handel gebracht und als Courbarilholz,
Bois de Courbaril, zur Herstellung feiner Möbel verwendet.
Hymenäus (grch. Hymenaios oder
Hymen), bei den Griechen der Hochzeitsgesang, den die Begleiter der Braut sangen,
wenn diese aus dem väterlichen Hause in das des Bräutigams geführt wurde. (Vgl. Hymen und
Epithalamium.)
Hymenĭum, diejenige Schicht an den Fruchtkörpern der Pilze, auf der die Sporen
gebildet werden. Sowohl bei den Ascomyceten (s. d.) als auch bei den
Basidiomyceten (s. d.) wird der Ausdruck H. gebraucht, bei den erstern für die Schichten, in denen sich die
Schläuche (asci) oder die Conidienlager bilden, bei den letztern für diejenigen Schichten, in
denen die Basidien stehen.
Hymenomyceten, Hautpilze, diejenigen Pilze aus der Gruppe
der Basidiomyceten (s. d.), bei denen das Hymenium (s. d.) an der Außenseite der
Fruchtkörper liegt und aus kurzen keulenförmigen Basidien besteht, die an ihrem Scheitel je vier Sporen auf pfriemenförmigen
kurzen Ästchen, den Sterigmen, bilden. Die Fruchtkörper selbst bestehen aus einem
dichten, nicht gallertigen Hyphengeflecht und sind ihrer Form nach außerordentlich verschiedenartig gestaltet, auch die Lage des
Hymeniums ist bei den einzelnen Unterabteilungen eine sehr mannigfaltige. Zu den H. gehören die meisten derjenigen Pilze,
welche man im gewöhnlichen Leben als Schwämme bezeichnet und die durch ihren hutförmigen, verschieden gefärbten
Fruchtkörper charakterisiert sind, wie der Champignon, der Eierschwamm, der Fliegenschwamm, Steinpilz, Stachelschwamm
u. s. w. Nach der Ausbildung des Hymeniums unterscheidet man mehrere Unterabteilungen:
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1) Agaricini (s. Tafel:
Pilze. I. Eßbare Pilze, Fig. 1–7;
II. Giftige Pilze, Fig. 1–6;
lV, Fig. 4); bei diesen besteht das Hymenium
aus strahlenförmigen, blatt- oder leistenartigen Lamellen, die der Unterseite des Fruchtkörpers angewachsen sind.
-
2) Polyporei
(s. Taf. I, Fig. 8–10;
II, Fig. 7 u. 8;
IV, Fig. 5); hier bildet das Hymenium eine von
zahlreichen cylindrischen oder prismatischen Kanälen durchzogene Masse, die ebenfalls auf der nach unten gekehrten Seite des
Fruchtkörpers aufsitzt.
-
3) Hydnei (s. Taf.
I, Fig. 11 u. 12); das Hymenium
bildet hier stachel- oder zahnartige Vorsprünge auf der Unterseite oder besteht aus Röhren oder Falten, die jedoch nicht
miteinander verwachsen sind.
-
4) Clavariei (s. Taf.
I, Fig. 13); das Hymenium überzieht
den Fruchtkörper auf seiner ganzen Oberfläche und bildet eine gleichförmige glatte Haut, der Fruchtkörper ist meist verästelt
oder keulenförmig, nicht hutförmig.
Hymenophyllaceen, Hautfarne, Familie aus der Gruppe der
Farne (s. d.) mit gegen 300 zumeist tropischen Arten. Es sind sehr zarte
moosähnliche Farnkräuter mit eigentümlichen, über den Rand des Blattes hinausragenden Fruchthäufchen
(sori; s. Tafel:
Gefäßkryptogamen, Fig. 2a),
die von einem gewöhnlich becherförmigen Schleier umgeben sind. Die Sporangien haben einen vollständigen, schief oder
horizontal vorlaufenden Ring (s. Farne) und springen der Länge nach auf. Die
Blätter bestehen meist nur aus einer einzigen Schicht parenchymatischer Zellen und besitzen keine ↔
Spaltöffnungen. In Deutschland findet sich nur eine einzige Art aus der Gattung
Hymenophyllum, nämlich
Hymenophyllum tunbridgense Sm. (s. Tafel:
Gefäßkryptogamen, Fig. 2); sie
wächst an feuchten Felsen und Baumstämmen und kommt nur im Uttewalder Grunde in der Sächsischen Schweiz vor.
Hyméttos, ein schon im Altertum durch seine Bienenkräuter und den trefflichen
blaugrauen Marmor berühmter Bergrücken in Attika, jetzt Trelovuni, liegt südöstlich von
Athen, nimmt seine Richtung von S. nach N. und erreicht eine Höhe von 1027m. Der hier gewonnene, überaus
wohlschmeckende Honig hat bis jetzt seinen Ruhm behauptet.
Hymne oder Hymnus nannten die Griechen einen Gesang, der
zu Ehren von Göttern oder Heroen bei Opfern und Festen mit Musikbegleitung und Tänzen gesungen wurde und nach den
Gottheiten Namen und Charakter, z. B. Dithyrambus,
Päan, erhielt; dann auch jedes feierlich schwunghafte Loblied. Die frühesten H. sind noch
fast ganz episch, wie die des Homer; sie erzählen Göttermythen. Die spätern, wie die des Pindar und Kallimachus, sind mehr
lyrischer Art, noch jüngere nähern sich der Reflexion, ja der Didaktik. Die
Psalmen (s. d.) der Hebräer sind auch H., nur dem
morgenländ. Charakter zufolge noch erhabener als die H. der Griechen und gleich den altindischen
(s. Rigweda) stets religiös. Die christlichen H.,
ganz lyrisch und meist mit figurierter Musik gesungen, da die gleichförmig fortschreitende, oft gedehnte Melodie des
Chorals (s. d.) den feurigen Flug der H. hemmt, sprechen das Gefühl des Menschen
aus, der sich zu dem Unsichtbaren erhebt. Die ersten H. der griech. Kirche soll der Bischof Hierotheus, der lat. Kirche Hilarius von
Poitiers verfaßt haben; spätere Hymnendichter waren der heil. Ambrosius (s. d.), Prudentius, Fortunatus und
fdie Päpste Gelasius und Gregor d. Gr. Der liturgische Gebrauch wurde durch das (vierte) Konzil zu Toledo 633 bestätigt.
(S. Kirchenlied.) Bekannt sind besonders der Ambrosianische Lobgesang
(«Te Deum laudamus»), der Marianische und der der Engel
(s. Doxologie). (Vgl. Kayser, Beiträge zur Geschichte und Erklärung der alten Kirchenhymnen, 2 Bde.,
Paderb. 1880.) – Das evangelische Kirchenlied gab mit der lat. Sprache auch den
Hymnencharakter auf, obgleich Luther und P. Gerhardt einzelne alte H. in Choräle umdichteten. Fast nur Klopstock nähert sich in
seinen religiösen Liedern wieder dem Schwünge der H. Neuere Dichter wenden die Form
weniger auf eigentlich religiöse Gegenstände (wie noch Novalis) als auf eine philos.-didaktische Ausströmung tiefer Fragen und
Gefühle an, so Goethe in Gedichten wie «Prometheus», «Schwager Kronos» u. ähnl., in England Shelley, in Frankreich Musset.
H. dieser Art schuf namentlich Hölderlin; auch Herders H. und Platens Oden haben zum Teil einen verwandten Charakter
(s. Ode), während Knebel, Voß, Fr. Stolberg, der junge Schiller einen dramatischem Ton anschlugen.
Hymnik (grch.), Hymnendichtung, Hymnenpoesie; hymnisch,
der H. eigen, darauf bezüglich.
Hymnoden, bei den alten Griechen die Sänger der Hymnen (s. Hymne).
Hymnograph (grch.), Hymnendichter.
Hymnolǒgie (grch.), die Wissenschaft von den Kirchenliedern und ihren Dichtern.