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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Illustrationen
neuem auf und blieben während des ganzen Mittel-
alters in Gebrauch, natürlich nur als besondere
Prachtstücke, z. B. der llortug äöliejai-uin der Äb-
tissin Herrad von Landsberg (12. Jahrh.). Nach
Erfindung des Holzschnittes (Ende des 14. Jahrh.)
wurden I. gewöhnlicher, teils als Einblattdrucke
iTafeldrucke), teils als Blockbücher (s. d.). Ein kurzer
Text wurde meist xylographisch oder noch hand-
schriftlich beigefügt. Die ältesten gedruckten Bücher
mit I. sind von Albrecht Psister in Bamberg (1461
-62) mit den Tvpen der 36zeiligen Bibel gedruckt:
1) Boners "Edelstein" (2. Ausg.), 2) "Die vier
Historien", 3) "Lidlia paupsi-um"; deutsch (2. Ausg.)
und lateinisch, 4) "Klage gegen den Tod". Die I.
jener Zeit waren roh, die Verwendung der Holz-
schnitte läßt auf eine große Naivetät sowohl der
Drucker als des Lesepublikums schließen. In der
von Peter Schöffer 1492 gedruckten "Sachsen-
Chronik" findet man z. B. alle größeren Städte und
viele Porträte; diese I. bestehen aber nur aus
einigen Städtebildern, ein paar Ritter-, Damen-
und Bischofsbildern, die willkürlich verwendet
werden; dasselbe Städtebild stellt Rom und Salz-
wedel, ein anderes Halberstadt und Münster vor
u. s. w., der dazu gedruckte Name ist das einzig
Unterscheidende; ebenso verhält es sich mit den Por-
träten. Eine rühmliche Ausnahme bildet "Breyden-
bachs Reise in das gelobte Land", dessen vom Maler
Rewich hergestellten Ansichten und Figuren treue
Originale sind (1486).
Außer den Genannten zeichneten sich im 15. Jahrh,
durch häufige Anwendung von Holzschnitten folgende
Buchdrucker aus: Günther Zainer, Johann Bämler
und Hans Schönsperger in Augsburg, Johann
Zainer in Ulm, Anton Koberger in Nürnberg (der
hier eine Fylographenschule ins Leben rief, an
deren Spitze Michael Wohlgemuth, der Lehrer
Dürers, und Wilhelm Pleydenwurf standen), Ludwig
Hohenwang und Leonhard Hol in Ulm, Vartholo-
mäus Ghotan in Lübeck, Martin Schott und Joh.
Grüninger in Strahburg, Antoine Wrard und
Simon Vostre in Paris. Neben dem Holzschnitt
kam auch der Metallschnitt und Kupferstich in Ge-
brauch; zuweilen finden beide Arten sich im näm-
lichen Druck. Sweynheym stach die Tafeln zum
"Ptolemäus", die nach feinem Tode von Arnold
Bucking vollendet wurden (1478); auch in Niccolö
di Lorenzos "Nonts äaiiw äi vio" (Flor. 1477)
wurden Kupferstiche als I. verwendet. Besonders
Venediger Künstler zeichneten sich durch schöne I. im
Renaissancestil aus; berühmt ist Franc. Columnachs
Hypnerotomachia mit Figur (1499 bei Ald. Manu-
tius). Im folgenden Jahrhundert entwickelte sich
die Illustration zu herrlicher Blüte. In Deutschland
lieferten die berühmtesten Maler: Dürer, Cranach,
Holbein I. oder doch Zeichnungen zu Holzschnitten
für Bücher; außer ihnen thaten sich hervor: der
Nürnberger Formschneider Hieronymus, Iost Am-
man, Hans Schäufelin und Iost Dienecker, der
den "Theuerdank" illustrierte (1517 u. 1519), Hans
Burgkmair in Nürnberg, Daniel Hopser in Augs-
burg, Bernhard Iobin in Straßburg, Jakob Lucius,
Nikolaus Nerlich, Martin Schöve, Virgil Solis.
Ein in Straßburg gemachter Versuch, Holzschnitte
in Farbe zu drucken, mißglückte, die Pressen und
Formen waren dazu noch nicht geeignet. In Frank-
reich zeichnete sich Geofroy Tory als Illustrator aus,
Italien dagegen zeigte in diefem Jahrhundert einen
Rückschritt in der Illustration, der im folgenden
Brockhaus' Konversations-Lexikon. 14. Aufl. IX.
Jahrhundert auch in Deutschland eintrat. Man zog
es vor, den Büchern Kupferstiche beizugeben, der
Holzschnitt wurde roh und handwerksmäßig geübt
und nur zu Kalendern und Volksbüchern verwendet.
Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrh, wurde er
durch Thomas Bewick (s. d.) wieder zur Kunstleistung
erhoben und England fortan seine Pflegestätte. In
Deutschland waren es zu Anfang des 19. Jahrh,
die beiden Unger (Vater und Sohn), nach ihnen
Fr. W. Gubitz und Fr. W. Unzelmann, die den
Holzfchnitt meisterhaft ausführten; ihnen folgte
E. Kretzfchmar als Bahnbrecher und der im xylo-
graphischen Farbendruck unerreichte Heinrich Knöfter
in Wien. Jetzt hat sich die illustrierte Litteratur
über alle Länder verbreitet und zahlreiche Buch-
und Steindruckereien liefern außer einfach fchwarz-
gedruckten I. auch solche in Farbendruck und zwar
in einer früher ungeahnten Vollendung. Ins-
befondere hat neuerdings der Buchdruck unter Be-
nutzung der durch Photographie oder Umdruck her-
gestellten und hochgeätzten Platten in der Ausfüh-
rung vorzüglicher Farbenillustrationen große Fort-
schritte gemacht, wenn auch sarbig gedruckte Text-
illustrationen in illustrierten Zeitschriften oft un-
fchöne und falfch berechnete Wirkung zeigen.
Je nach dem Zwecke kann man mehrere Klassen
der illustrierten Litteratur unterscheiden. Die I. in
mathem., naturhistor., Physik., geolog., technischen
und verwandten Werken, deren Holzschnitte die
Tafeln in Kupferstich oder Lithographie fast ganz
verdrängten, fowie die Porträte, Wappen, Auto-
graphen, die Pläne u. s. w. in historischen, die Ab-
bildungen von Gegenständen der Kunst und des
Kunstfleißes in kunst- und kulturgeschichtlichen Wer-
ken verfolgen vorwiegend Lehrzwecke. Anders ver-
hält es sich mit den Schriften, denen das Bild mehr
zur Zierde als zur Erläuterung dient, den eigent-
lich fog. illustrierten Werken. Abgesehen von
den Kinder- und Iugendschriften gehören hierher
diejenigen Erzeugnisse, bei denen die von Künstler-
hand gezeichneten Bilder die Hauptsache, der Text
mehr oder minder Nebensache ist, dann aber auch
die illustrierten Ausgaben hervorragender Littera-
turwerke. Die I. sind in diesen Fällen künstlerische
Leistungen, die den Genuß der poet. Schöpfungen
erhöhen follen. In Frankreich haben geschickte Zeich-
ner, wie die Brüder Devsria und Johannot, Ga-
varni, Grandville, Meissonier, Raffet, Bertal, Dors,
Horace Vernet u. a., eine große Fülle geistreicher
Erfindungen in illustrierten Büchern und Zeitschrif-
ten niedergelegt. In Deutschland lieferten hervor-
ragende Maler auch Zeichnungen zu I. in Holz-
fchnitt, besonders für bedeutende Dichtwerke, wie
Ludwig Richter, Adolf Menzel, Schnorr von Carols-
feld, Hofemann, Eugen Neureuther, W. von Kaul-
bach, Führich, Schrödter, Jordan, Hübner, Bende-
mann, Andrea, in neuester Zeit Vautier, Thumann,
Bürger, Diez, Scheuren, Grot Johann, W. Fried-
rich u. a. Während bei I. rein künstlerischer Art
neben dem Holzfchnitt auch der Kupfer- und Stahl-
stich sowie die Lithographie ihr Recht behaupten,
herrscht der Holzschnitt unbedingt auf dem Gebiete
der journalistischen Illustration; ja diese ist erst
mit und durch den technischen Fortschritt der Xylo-
graphie möglich geworden; neuerdings wird die-
selbe in geeigneten Fällen häufig durch Zinko-
graphie (Hochätzung), insbesondere durch das Ver-
fahren der Autotypie erfetzt. Die ersten illustrier-
ten Zeitschriften wurden in England begründet,
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