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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Inspirationsgemeinden - Instant
auf dem Buchstaben der Bibel bestand, so mußte das allgemein prot. Verlangen nach "Reinheit der Lehre" und die Auffassung der Bibel als eines göttlichen Lehrcodex freiere Regungen bald in den Hintergrund drängen. Seit dem 17. Jahrh. bildete sich so die Lehre von der absoluten Untrüglichkeit des Bibelbuchstabens vollständig aus. Der Heilige Geist oder die dritte Person der Trinität ist hiernach in Wirklichkeit der einzige Verfasser des Bibelbuches, die menschlichen Schriftsteller sind nur seine "Schreiber" (amanuenses) oder gar nur seine "Hände und Federn". Der Heilige Geist hat diesen nicht etwa bloß die Gedanken eingegeben, sondern er hat ihnen auch die Worte diktiert, daher nicht bloß alles Dogmatische, sondern auch alles Historische, Chronologische, Geographische, Naturgeschichtliche in der Schrift absolut irrtumsfrei und für den Glauben schlechthin verbindlich ist. Selbst das Vorhandensein sprachlicher Ungenauigkeiten und das Eindringen falscher Lesarten wurde geleugnet. Als die fortschreitende Forschung in den Bibelhandschriften zahllose Varianten, die philol. Betrachtung auch allerlei Verschiedenheiten des Stils, namentlich im Neuen Testament, Spuren einer schon gesunkenen Sprache entdeckte, hatten die Orthodoxen schwere Mühe, sich mit diesen Thatsachen zurechtzufinden.
Schon die Socinianer und Arminianer hatten die I. auf die Bewahrung der biblischen Schriftsteller vor jedem Irrtum beschränkt; Georg Calixtus (s. d.) wollte die positive I. nur auf Mitteilung der zur Erlösung notwendigen Wahrheiten beziehen und hielt im übrigen ebenfalls die negative Bewahrung vor Irrtum für ausreichend. Seit dem 18. Jahrh. mehrten sich die Angriffe auf die Inspirationslehre. Außer den einander vielfach widersprechenden geschichtlichen Berichten, ihrem teilweise sagenhaften, teilweise tendenziösen Charakter zeigte sich auch noch im Neuen Testament eine Mehrheit von zum Teil einander ausschließenden Lehrweisen und eine durchgängige Abhängigkeit der religiösen Vorstellungsform von der Weltanschauung und den Bildungsvoraussetzungen des Altertums. Hierzu kam endlich die litterarhistor. Kritik, die in weit umfassenderm Grade denn je die Voraussetzung einer durchgängigen Echtheit der biblischen Bücher widerlegte und die geschichtliche Entstehung der letztern rein menschlich zu erklären wußte. Die moderne Orthodoxie hat die meisten dieser wissenschaftlichen Ergebnisse geleugnet und jede Anwendung der histor. Kritik auf das "göttliche Wort" als einen Frevel am Heiligtum von sich gewiesen. Dennoch mußte auch sie die altorthodoxe Inspirationslehre als unhaltbar bezeichnen, rühmt sich aber dafür einer geistigern Auffassung, die jedoch nichts ist als eine Erneuerung der von den Vätern der Orthodoxie als häretisch abgewiesenen Ansicht des Calixtus. Die neuere Theologie hat den Begriff der I. auf den der religiösen Klassicität zurückgeführt und die bleibende Bedeutung der Schrift in ihrem specifisch religiösen Gehalte gesehen. Im Anschluß an Äußerungen Luthers, die den Wert der biblischen Bücher von dem Maße abhängig machen, in dem sie "Christum treiben", erblickt man daher in den neutestamentlichen Schriften die klassischen Urkunden über die vollkommene, im Alten Testamente nur vorbereitete Offenbarung in Christo. Insofern diese Offenbarung aber zwei Stücke, Gesetz und Evangelium enthält, wird der religiöse Inhalt der Schrift als "Gottes Wort", d. h. als Gesetz und Evangelium bezeichnet, die in ihrer untrennbaren Zusammengehörigkeit die Ordnung der vollkommenen Erlösungsreligion darstellen. - Vgl. Geß, Die I. der Helden der Bibel und der Schriften der Bibel (Basel 1892).
Inspirationsgemeinden, s. Inspirierte.
Inspirieren (lat.), einem etwas einhauchen, einstoßen, eingeben. (S. Inspiration.)
Inspirierte oder Inspirationsgemeinden, Name kirchlicher Sekten. Als bald nach 1700 die Kamisarden (s. d.) in den Cevennen unterworfen wurden, kamen einige ihrer Anführer und Propheten 1706 nach London und wandten sich 1711 nach den Niederlanden und 1713 nach Deutschland, wo sie bleibenden Einfluß in der Wetterau erlangten. Ihre Anhänger, die eigene Gemeinschaften bildeten, hießen I., weil sie sich fortgehender Eingebungen (Inspirationen) des Heiligen Geistes rühmten. In der Lehre stimmten sie mit der evang. Kirche im wesentlichen überein, verwarfen nur deren äußere Ordnungen, vor allem Predigtamt und Sakramente. Als Häupter der I. traten hervor: Eberhard Ludwig Gruber (1605-1728) in Himbach, früher Repetent in Tübingen und Pfarrer bei Göppingen, Johann Friedrich Nock (1678-1749), gräflich isenburgischer Hofsattler in Himbach, und Ernst Christoph Hochmann von Hochenau (1670-1721) in Schwarzenau bei Berleburg. Am 4. Juli 1716 gaben die I. sich zu Büdingen ihre Verfassung, nämlich "die 24 Regeln der wahren Gottseligkeit und des heiligen Wandels", und gründeten hierauf in den Rhein landen und in benachbarten Ländern mehrere Gemeinden. Später siedelten viele seit 1725 nach Germantown in Pennsylvanien über, andere schlössen sich den Herrnhutern an, und die I. schienen verschwunden zu sein, als 1816 der Straßburger Schneider Michael Krausert die Bewegung neu belebte, woraus zahlreiche Gemeinden im Elsaß, in der Pfalz und in der Wetterau wieder hervortraten. Wegen staatlicher Bedrückung wanderten 1841 die meisten I. nach Amerika aus, wo sie in Ebenezer bei Buffalo eine blühende, in teilweiser Gütergemeinschaft lebende Kolonie begründeten. Aus ihr ging die kommunistische Sekte der Amaniter hervor, die 1855 die Kolonie Amana in Iowa gründeten. Auch in Canada haben sie Niederlassungen. - Vgl. M. Göbel, Geschichte der wahren Inspirationsgemeinden (in der "Zeitschrift für histor. Theologie", 1854 und 1857).
In spiritualĭbus (lat.), in geistlichen Angelegenheiten.
Inspizieren (lat.), besichtigen, beaufsichtigen; Inspizierung, Besichtigung, s. Inspektion.
I. N. S. T., Abkürzung für in nomine Sanctae Trinitatis (lat.), d. h. im Namen der Heiligen Dreieinigkeit.
Instabīl (lat.), unbeständig, nicht dauerhaft; Instabilität, Unbeständigkeit.
Installation (neulat., von stallum, der bestimmte Platz eines Domherrn im Chor der Kirche), in der kath. Kirche die Einweisung in ein geistliches Amt und seine Temporalien (s. d.). Sie geschieht meistens durch die Erzpriester (s. d.), in manchen Ländern, z. B. Bayern, unter Mitwirkung der staatlichen Behörde. Dann heißt I. überhaupt Einweisung in ein Amt, Bestallung, ferner Einrichtung eines Geschäfts, Anlage eines Betriebes u. dgl.
Installieren (neulat.), bestallen, einweisen; einrichten, anlegen. (S. Installation.)
Inftánt (lat.), Bittsteller, Ansucher.