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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Internationales Strafrecht - Interpretation
nationalen Privat- und Strafrechts (Stuttg. 1892);
Meili, Geschichte und System des internationalen
Privatrechts (Lpz. 1892); Iettel, Handbuch des inter-
nationalen Privat- und Strafrechts (Wien 1893)
und die Zeitschrift für internationales Privat- und
Strafrecht, hg. von Böhm (Erlangen 1890 fg.).
Seit 1873 besteht ein Institut des I. R. mit
dem Sitz am Orte des Wohnsitzes seines General-
sekretärs (zur Zeit Professor Lehr in Lausanne), aus
höchstens 50 ordentlichen Mitgliedern, welche das
Institut aus den um das Völkerrecht vorzüglich
verdienten Männern aller Nationen erwählt. Die
Zahl der außerordentlichen Mitglieder (a88oci68)
ist unbeschränkt, es giebt auch Ehrenmitglieder.
Das Institut hält periodische Tagungen, die letzten
1891 in Hamburg und 1892 in Genf. Auf diesen
beiden Tagungen wurde befchlossen, den Regierun-
gen die Begründung einer internationalen Union
(mit dem Sitz in der Schweiz) zur Veröffentlichung
des authentischen Textes der Staatsverträge nebst
einer franz. Übersetzung nahezulegen. Der Schweizer
Bundesrat hat Einladungen an die Regierungen
der übrigen Staaten 1892 erlassen; doch ist ihnen
keine Folge gegeben worden. Das Institut giebt
ein Jahrbuch heraus (Berlin, Gent, Paris seit 1877,
bisher 12 Bände). Eine Nevus äs äroit int6l-
national erscheint in Brüssel (bisher 24 Bände).
Internationales Strafrecht. Unter I. S.
versteht man 1) die Rechtssätze, durch welche das
Geltungsgebiet des heimischen Strafrechts den aus-
ländischen Strafrechten gegenüber bestimmt wird.
Hierher gehören die Fragen nach der Anwendung der
Territorial- und anderer Principien (f. Ausland);
2) die Nechtssätze, durch welche die Gewährung der
internationalen Rechtshilfe (Unterstützung der Un-
tersuchung durch Vernehmung von Zeugen u. s. w.,
insbesondere Auslieferung, s. d.) auf strafrechtlichem
Gebiete bestimmt wird; 3) die durch internationale
Vereinbarungen geschaffenen Rechtssätze zum Zwecke
des Schutzes gewisser Rechtsgüter gegen interna-
tionale Angriffe (z. B. gegen Ausschreitungen der
anarchistischen Bewegung). Zur Zeit fehlt es an
einer einheitlichen Regelung diefer Rechtssätze; die
Schwierigkeit derselben ist freilich unverkennbar.
Die Principien über die räumlichen Grenzen des
Geltungsgebietes der Strafgesetze sind in den ver-
schiedenen Gesetzgebungen ganz verschieden; die Aus-
lieferungsverträge sind noch immer recht buntscheckig,
an einem Auslieferungsgesetz fehlt es wenigstens
für Deutschland gänzlich. Zu internationalen Ver-
einbarungen gegen internationale Angriffe ist es
bisher nicht gekommen. - Vgl. von Liszt, Gutachten
zum 16. Deutschen Iuristentag und die Verhand-
lungen desselben über das I. S., ferner die Litteratur
zu dem Artikel Internationales Recht.
Internationales Telegraplienbureau, In-
ternationale Telegraphenkonferenzen, s. Te-
legraphenverkehr.
Internationales übereinkommen über
den Gisenbahnfrachtverkehr, f. Eisenbahnrecht
II, 3 (Bd. 5, S. 880a).
Internieren (neulat.), einschließen oder wenig-
stens an einen bestimmten Ort verweisen unter
Verbot, sich von dort zu entfernen. Es kommt dies
z. B. bei polit. Flüchtlingen vor, die man in das
Innere des Landes verweist, um sie zu hindern, von
den Grenzdistrikten aus weitere polit. Umtriebe zu
unternehmen. Die neuere preußische bez. deutsche
Gesetzgebung benutzte die Internierung als Ver-
waltungsmahregel gegen renitente Kleriker und
socialdemokratische Umsturzbestrebungen, doch sind
die einschlägigen Gesetze jetzt außer Kraft getreten.
(S. auch Ausweisung.)
Internodmm (lat.), in der Botanik die Teile
der Stammorgane, die zwischen je zwei aufeinander
folgenden Blättern liegen.
Internum (lat., "das Innere"), eine innere An-
gelegenheit, die lediglich die betreffende Person,
Körperschaft u. s. w. berührt, daher Außenstehende
nicht angeht.
Internuntius (lat.), ein päpstl. Gesandter
zweiten Ranges in Staaten, bei denen wegen Ge-
ringfügigkeit der Geschäfte kein Nuntius nötig war.
Auch hieß I. früher der österr. Gesandte in Kon-
stantinopel, da Österreich mit der Pforte früher nur
Waffenstillstand schloß und daher nur einen einst-
weiligen Vertreter dort unterhielt; später ging der
Name auch auf den wirklichen Gesandten daselbst
über, ist aber gegenwärtig ebenfalls außer Gebrauch.
Interpellation (lat.), Unterbrechung, Einrede;
privatrechtlich die Mahnung des Gläubigers
an den Schuldner, welche, wenn sie bei oder nach
Fälligkeit erfolgt, den Schuldner in Verzug (s. d.)
setzt; im parlamentarischen Sinne eine an die
Regierung gerichtete Anfrage um Auskunftsertei-
lung über eine bestimmte Angelegenheit der innern
oder äußern Politik. Die Geschäftsordnung des
Deutschen Reichstags bestimmt, daß I. an den
Bundesrat von 30 Mitgliedern des Reichstags
unterzeichnet sein müssen. An die Beantwortung
der I. oder deren Ablehnung darf sich eine sofortige
Besprechung des Gegenstandes der I. schließen,
wenn mindestens 50 Mitglieder darauf antragen.
Eine rechtliche Pflicht der Regierung, I. zu beant-
worten, besteht nicht. ft. i. beim Trinken.
Intsr pooüla. (lat.), "zwischen den Bechern",
Interpolation, s. Interpolieren.
Interpolieren (lat., d. h. zustutzen, entstellen),
den ursprünglichen Text einer Schrift durch Ein-
fchaltung einzelner Wörter, Sätze oder Abschnitte
abändern, daher man solche Stellen und Schriften
interpolierte, die .Handlung felbst Inter-
polation und den Verfertiger folcher Verfälschun-
genInterpolatornennt. Inder Mathematik
heißt I. aus einer Reihe von gegebenen Werten
einer veränderlichen Größe die dazwischen liegen-
den Werte dieser Größe möglichst genau berechnen.
Besonders wichtig ist die Lösung dieser Aufgabe,
wenn das Gesetz, wonach die Größe sich ändert,
unbekannt ist. Auch bei der Rechnung mit Loga-
rithmen spielt das I. eine Rolle; man begnügt sich
hierbei, Zwischenwerte durch proportionale Teilung
des Intervalls zu berechnen.
Interpret (lat.), Ausleger, Dolmetsch.
Interpretation (lat., d. h. Auslegung) heißt
sowohl die wissenschaftliche Entwicklung der Gesetze
des Verstehens als auch die Auslegekunst, d. h.
die praktische Anwendung und Ausübung dieser
Gesetze. Letztere kommen überall, wo sprachliche
Mitteilung (Darstellung) stattfindet, zur Anwen-
dung. Man unterscheidet die grammatische und
die sachliche I. Da aber, was die erstere betrifft,
der Wortsinn zu verfchiedenen Zeiten ein verschie-
dener ist oder sein kann, so muß, um dies zu ent-
scheiden, die historische I. hinzutreten; da ferner,
was das Mitgeteilte (Sachliche) betrifft, jeder Autor
seine individuelle, subjektive Art der Auffassung
hat, so muß der Interpret auch diesem Umstand