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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Inuus - Invalidenkassen
InnnL, s. Makak.
Inv., Abkürzung von Invenit (s. d.).
Invagination (neulat), Einschiebung in eine
Scheide; in der Medizin soviel wie Intussuscep-
tion (s. d.).
Invalenz (lat.), Kraftlosigkeit, Unvermögen.
Invalescieren (lat.), erstarken, an Kraft zu-
nehmen.
Invalide (vom lat. invaiidus, kraftlos, schwach),
im allgemeinen jeder zur Ausübung feines Berufes
untauglich Gewordene, im engern Sinne und früher
ausschließlich jeder zum Militärdienst unbrauchbar
Gewordene.
Für den engern Begriff "Invalid" ist gegen-
wärtig nicht die Dienstunbrauchbarkeit an sich, son-
dern die Versorgungsberechtigung entscheidend. I.
heißt daher heute nur derjenige Dienstunbrauchbare,
welcher ein Anrecht auf staatliche Versorgung besitzt.
Im Deutschen Reiche sind die Invalidenansprüche
durch das Militär-Pensionsgesetz vom 27. Juni 1871
(mit Abänderungen durch die Gesetze vom 4. April
1874, 21. April 1886 und 22. Mai 1893) geregelt.
Danach kann ein Recht auf Invalidenversorgung
entweder durch längere Dienstzeit oder durch eine
Dienstbeschädigung ohne Rücksicht auf die Dauer
der Dienstzeit erworben werden. Im letztern Falle
bedarf es des Nachweises, daß das die Dienst-
unbrauchbarkeit bedingende Leiden durch Ausübung
des praktifchen Militärdienstes entstanden oder ver-
schlimmert ist. Bei Versorgungsansprüchen lediglich
auf Grund längerer Dienstzeit wird nur der Nach-
weis der Unfähigkeit zur Fortfetzung des Dienstes,
nicht aber des Zusammenhangs derselben mit den
Eigentümlichkeiten des Militärdienstes gefordert.
Zu unterscheiden ist Zalb invalide (s. d.) und
Ganzinvalide (s. d.). Näheres s. Invalidenver-
sorgung.
Im weitern Sinne werden als I. alle Personen
bezeichnet, welche infolge von Alter, körperlichen
Gebrechen oder Unfällen dienst-oder erwerbsunfähig
geworden sind und deshalb einer gänzlichen oder
teilweisen Versorgung bedürfen. Bei dauernd An-
gestellten, insbesondere bei Beamten, nennt man
diese in Geld gewährte Entschädigung Ruhegehalt
oder Pension(s.d.). - Im gewerblichen Leben
war früher die Fürsorge sür invalid gewordene Ar-
beiter ausschließlich der privaten oder genossenschaft-
lichen Initiative überlassen. Ein Kassenzwang (s. d.)
wurde zuerst durch die neuern Berggesetze geübt
(s. Knappschaftskassen). Mit der Einführung des
Versicherungszwangs durch die Unfallversicherungs-
gesetze seit 1884, und besonders durch das Invalidi-
täts- und Altersversicherungsgesetz vom 22. Juni
1889 ist die Fürsorge für die "I. der Arbeit" obli-
gatorisch geworden. (S. Erwerbsunfähigkeit, In-
validenkassen, Invaliditäts- und Altersversiche-
rung, Unfallversicherung.) - Val. die Darstellung
der sehr verwickelten Materie be: Laband, Staats-
recht, II, 729 fg., sowie die Kommentare zum Pen-
sionsgesetz von Seydlitz (Berl. 1874), Neumann
<2. Aufl., ebd. 1878), Vogel (Bonn 1876).
Invalidendank, Verein in Berlin zum Nach-
weis von lohnender Beschäftigung für Militärinva-
liden, zum Teil auch zur Unterstützung derselben,
ihrer Witwen und Waisen, wurde 1872 auf An-
regung und unter Leitung des Herzogs von Natibor
gegründet. Vorsitzender ist seit 1893 Fürst zu Stol-
berg-Wernigerode. Außer durch Mitgliedcrbciträge
(mindestens 10 M. jährlich), Schenkungen, Veran-
staltung vonKonzerten u.a. werden die Mittel beson-
ders aufgebracht durch den Betrieb einer Annoncen-
expedition und durch den Verkauf von Billets für
alle Berliner Theater. Filialen bestehen in Araun-
schweig, bis 1876 auch in Dresden. Letztere machte
sich in dem genannten Jahre unter dem Namen I.
für Sachsen selbständig (Vorsitzender: Professor
Dr. A. Venser in Dresden), hat Filialen in Leipzig
und Chemnitz sowie Vertretungen in verschiedenen
Städten Sachsens und Thüringens. Der Betrieb
umfaßt: Annoncenexpedition, Adreßbureau, Buch-
handel, Leihbibliothek (in Chemnitz), Theaterbillet-
verkauf (in Dresden), Esfcktenkontrollbureau, Kol-
lektion der Königl. Sächsischen Landeslotterie und
Pensionskasse (für die eigenen Angestellten). Mit-
gliederbeitrag mindestens 3 M. jährlich. Der größte
Teil des Reingewinns des I. wird in Berlin an das
preußische Kriegsministerium zur Verteilung abge-
liefert; in Dresden findet die Verteilung des Rein-
gewinns durch den Verein selbst statt.
Invalidenfonds, s. Reichsinvalidenfonds.
Invalidenhäufer, Pstegeanstalten für ganz-
invalide Militärpersonen, die besonderer Wartung
und Pflege bedürfen. Seit dem 1. April 1888 be-
stehen in preuß. Militärverwaltung nur noch die
I. zu Berlin, Stolp und Carls Hafen, außerdem die
mecklenb. Invalidenabteilung zu Schwerin. Die
Aufnabme von Mannschaften gründet sich auf §. 78
des Militärpensionsgesetzes vom 27. Juni 1871.
(S. Invalidcnversorgung.) - Das erste Invaliden-
haus errichtete Ludwig XIV. 1641, das später von
Napoleon!, besonders reich dotiert wurde. Die Stelle
als Gouverneur der I. war in Frankreich lange Zeit
ein hoher Ehrenposten, ist aber 1883 aufgehoben
worden. In England begründete Karl II. zu Chelsea
ein Invalidenbaus für die Landtruppen und Wil-
helm lll. in Gveenwich ein Seehofpital. In Deutsch-
land stiftete Friedrich II. zuerst ein Invalidenhaus
lin Berlin), das 1748 vollendet wurde und die Über-
schrift "l.a"8o, 8eä invicto miiiti" trägt. In Öster-
reich wurde 175! zu Prag, 1783 zu Wien ein In-
validen bans erricktet; das Zu Pest schon 1727.
Invalidcnkasson, genossenschaftliche Vereini-
gungen meist von Ardeitern, welche gegen bestimmte
periodische Beiträge ihren Mitgliedern eine Unter-
stützung für den Fall dauernder Arbeitsunfähig-
keit nlsichern. Die I. bildeten früher die fast aus'
jchließliche, meist aus der Initiative der Beteilig-
ten hervorgegangene Verwirklichung der Invalidi-
tätsversicherung; erst durch das Reichsgesetz vom
22. Juni 188!) ist die Invaliditäts- und Alters-
versicherung (s. d.) mit obligatorischem Charakter
für das Deutsche Reich geregelt worden. Die I.,
abgesehen von den durch das genannte Reichsgesetz
hervorgerufenen Versicherungsanstalten, welche eme
territoriale Abgrenzung erhalten haben, stehen fast
immer in engem Zusammenhang mit andern, größ-
tenteils Verufsgemeinschaften, fei es mit Betrieben
(Fabriken u.s.w.) und Vetriebsgruppen, wobei dann
regelmäßig die Arbeitgeber durch Zuschüsse und Ver-
tretung in Vorstand und Generalversammlung be-
teiligt sind, sei es mit Verufsverbänden der Arbeiter
allein. Zu den erstern gehören, außer den Fabriks-
und den seltenen Innungsinvalidenkassen, die bei
weitem ältesten und in Deutschland bedeutendsten
Träger der Invaliditätsversicherung, die Knapp-
schaftskassen (s. d.), ferner die Eisenbahn-Pensions-
kasscn namentlich bei fiskalischen Betrieben; zu den
letztern vorzugsweise die Gewerkvereine (s. d.). In
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