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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Irving

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Irving (John Henry Brodribb) - Irving (Washington)

die religiöse Erregung gewisser Kreise andererseits, in denen wunderbare Gebetsheilungen, Geisterstimmen des «Zungenredens» und Verkündigungen des Endgerichts hervortraten, bestärkten den zum Enthusiasmus geneigten I. in der Ansicht, daß der Anbruch der letzten Zeit bevorstehe, wo der Morgenstern Christus über den gefallenen Erzengel Liberalismus triumphieren werde. Sein Gebet um Erneuerung der apostolischen Geistesgaben führte in seiner Gemeinde schwärmerische Erscheinungen herbei, die ihm, der sie als Gotteszeichen pflegte, die Ausweisung aus seiner Kapelle zuzogen. Wegen seiner Lehre vom sündlichen Fleisch des sündlosen Jesus wurde er 1833 auch von der schott. Nationalkirche ausgeschlossen und sammelte nun (1833) seine Anhänger in gesonderter Gemeinschaft. Er starb 7. Dez. 1834 zu Glasgow. Seine sämtlichen Predigten und Schriften sind in apokalyptischem Ton gehalten. – Vgl. die Biographie von Hohl (St. Gallen 1839; 2. Ausg. 1851), Wilks (Lond. 1854; neue Aufl. 1860), Oliphant (3. Aufl., ebd. 1865) und Andrews (Neuyork 1873).

Irving (spr. örw-), John Henry Brodribb, engl. Schauspieler, geb. 6. Febr. 1838 zu Keinton in Somersetshire, betrat mit 18 Jahren in Sunderland die Bühne, spielte dann bei verschiedenen Gesellschaften und wurde 1866 für das St. James-Theater in London engagiert. 1870 spielte I. im Vaudevilletheater in London; seit 1871 entwickelte er im dortigen Lyceumtheater auch eine hervorragende Begabung für das höhere Drama. In die vorderste Reihe der engl. Schauspieler und Theaterdirektoren trat I. seit 1874 durch seine Aufführungen Shakespearescher Dramen. Er gab (mit F. A. Marshall) eine Bühnenausgabe Shakespeares (mit Einleitungen und Anmerkungen von Specialgelehrten, 11 Bde., Glasgow und Edinb. 1887 fg.) heraus. 1883/84 unternahm er mit seiner Truppe eine Kunstreise durch die Vereinigten Staaten von Amerika, seitdem öfters Gastspielreisen mit der Charakter- und Heldinnendarstellerin Ellen Terry. I.s Erlebnisse in Amerika beschrieb sein Sekretär Joseph Hatton in«Henry Irving’s impressions of America» (2 Bde., 1884). – Vgl. Archer, Henry I., actor and manager (Lond. 1883).

Irving (spr. örw-), Washington, amerik. Schriftsteller, geb. 3. April 1783 zu Neuyork, studierte daselbst seit 1800 die Rechtswissenschaft im Columbia College und unternahm 1804 eine zweijährige Reise durch Europa. Er machte sich zuerst (1802) bekannt durch die «Letters of Jonathan Oldstyle» in dem von seinem Bruder zu Neuyork herausgegebenen «Morning Chronicle», die später gesammelt wurden (deutsch von Spiker, Berl. 1824), und durch die Herausgabe der humoristischen Zeitschrift «Salmagundi» (1807‒8). Hierauf schrieb er seine launige «History of New York by Diedrich Knickerbocker» (Neuyork 1809). Er gab jetzt den Gedanken auf, Sachwalter zu werden, und trat mit seinen Brüdern in Handelsverbindung. Als diese durch den Krieg mit England 1812 unterbrochen wurde, diente er als Adjutant des Neuyorker Gouverneurs Tompkins. Nach dem Frieden trat er in sein kaufmännisches Geschäft zurück. Auf einer Geschäftsreise nach England 1815 sammelte er Stoff zu Schilderungen des gesellschaftlichen Lebens der Engländer, die er, als seine kaufmännische Laufbahn mit dem Verlust seines Vermögens geendigt hatte, in einzelnen fein ausgeführten und von tiefen Empfindungen sowohl als trefflichem Humor erfüllten Skizzen niederlegte, von denen der erste Teil im Juni 1819 zu Neuyork und Philadelphia erschien und die gesammelt als «The sketch-book of Geoffrey Crayon, Gent.» (Lond. 1820; unzählige Ausgaben; illustriert von Caldecott; mit trefflichen Erläuterungen versehen von Pfundheller, Berl. 1880, mehrfach ins Deutsche übertragen) einen glänzenden Erfolg davontrugen. Darauf veröffentlichte er: «Bracebridge-Hall, or the humorists» (2 Bde., Lond. 1822; deutsch von Spiker, Berl. 1826). Im Sommer 1822 besuchte I. die Rheingegenden, lebte dann einige Zeit in Paris und 1824 wieder in England, wo er seine «Tales of a traveller» (2 Bde., Lond. 1824; deutsch von Spiker, Berl. 1825) erscheinen ließ. Nachdem er unmittelbar darauf Südfrankreich bereist hatte, ging er 1826 nach Spanien, wo er während eines vierjährigen Aufenthalts die auf die Geschichte der Entdeckung Amerikas sich beziehenden Schriften und Manuskripte im Escorial durchforschte. Die erste Frucht dieser Studien war seine «History of the life and voyages of Christopher Columbus» (4 Bde., 1828‒30), die er in den «Voyages and discoveries of the companions of Columbus» (Lond. 1831) ergänzte. Span. Chroniken und die Handschriften des Antonio Agapida gaben ihm dann den Stoff zur «Chronicle of the conquest of Granada» (2 Bde., Lond. 1829).

Nach seiner Rückkehr aus Spanien wurde er Sekretär bei der amerik. Gesandtschaft in London, wo er sein Buch «The Alhambra or the new sketch-book» (2 Bde., Lond. 1832) schrieb. Im Mai 1832 kehrte er nach Amerika zurück, bereiste die westl. Staaten des Mississippi und lebte dann in seinem Landhause Sunnyside am Hudson bei Neuyork, bis er 1841 die Gesandtenstelle am Madrider Hofe erhielt. Inzwischen erschienen von ihm «Miscellanies» (3 Bde., Lond. 1835‒36), enthaltend: «A tour on the Prairies» und «Abbotsford and Newstead-Abbey», «Astoria» (ebd. 1836) und «Adventures of Captain Bonneville» (3 Bde., ebd. 1837). Außerdem veröffentlichte er 1839 und 1840 im «Knickerbocker’s Magazine» eine Reihe von Artikeln in der Manier des «Sketch-book», die (1855) als «Wolfert’s Roost, and other papers» gesammelt wurden. In Madrid, wo er von 1842 bis 1846 lebte, setzte er seine histor. Untersuchungen fort, deren Resultate er in seiner «History of Mahomet and his successors» (2 Bde., Lond. 1850; deutsch, Lpz. 1850) niederlegte. Einen noch größern Leserkreis fand «Oliver Goldsmith, a biography» (Lond. 1849; deutsch, Berl. 1858). Den Abschluß seiner langjährigen litterar. Thätigkeit bildete «The life of George Washington» (6 Bde., Neuyork 1855‒59; deutsch, 5 Bde., Lpz. 1856‒59). I. starb 28. Nov. 1859 auf seinem Landsitze Sunnyside.

Eine Auswahl aus seinen Schriften, illustriert von H. Ritter und W. Camphausen, erschien englisch und deutsch 1856 zu Leipzig. Die beste Gesamtausgabe seiner Werke ist die in 27 Bänden (Neuyork 1884‒86). Vgl. Pierre Irving, Life and letters of Washington I. (4 Bde., Lond. 1862‒63). Derselbe veröffentlichte auch I.s «Spanish papers and other miscellanies» (3 Bde., Neuyork 1866). Eine treffliche Biographie ist Launs Washington I. Ein Lebens- und Charakterbild (2 Bde., Berl. 1870). Vgl. außerdem William Cullen Bryants Discourse on the life, character and genius of W. I. (Neuyork