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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Istrianer Staatsbahn - Istrien (Markgrafschaft)

Istrianer Staatsbahn, s. Österreichisch-Ungarische Eisenbahnen.

Istrien, früher auch Histerreich genannt, Markgrafschaft und Kronland der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, zu deren cisleithanischen Teile gehörig, bildet mit Görz und Gradisca und der Stadt Triest nebst Gebiet das sog. Österreichisch-Illyrische Küstenland. I. grenzt im N. an Triest, Görz und Krain, im O. an Fiume, Kroatien und den Meerbusen von Quarnero, im S. und W. an das Adriatische Meer und hat nebst den Quarnerischen Inseln einen Flächenraum von 4955,17 qkm. (S. Karte: Bosnien u. s. w. beim Artikel Bosnien, sowie Kärnten, Krain, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg beim Artikel Kärnten.)

Bevölkerung. I. hatte 1880: 292006, 1890: 317610 (165175 männl., 152435 weibl.) E., d. i. 64 E. auf 1 qkm, darunter 8630 Militärpersonen; 56108 Häuser, 62128 Wohnparteien in 51 Gemeinden und 592 Ortschaften. Das männliche Geschlecht überwiegt wie in den meisten südl. Ländern, 1890 kamen 923 Frauen auf 1000 Männer. Dem Religionsbekenntnis nach waren 316502 Römisch-Katholische (99,6 Proz.), 443 Griechisch-Orientalische, 100 Evangelische Augsburger, 274 Helvetischer Konfession und 229 Israeliten; der Nationalität (der Umgangssprache) nach 5904 Deutsche, 400 Czechen, 44418 Slowenen, 140713 Serbo-Kroaten und 118027 Italiener und Ladiner und 470 Rumänen.

Oberflächengestaltung. Das Land ist eine buchten- und hafenreiche Halbinsel, die in ihrem südl. Teile spitz zuläuft und mit Einschluß von Triest eine Küstenentwicklung von 430 km darbietet. Es hat einen durchaus steinigen Kalkboden, der indes in den meisten Gegenden für die Kultur gewonnen ist. Am untern Isonzo, südlich von Görz, beginnt im Karst (Carso) ein vielfach zerklüftetes, nacktes und dürres Kalksteinplateau unter dem Namen Tschitschen Boden, das in 5-600 m Höhe, 57 km lang und 15 km breit, mit Gipfeln bis zu 1100 m, gegen SO. nach Fiume hinzieht und steil gegen den Triester Meerbusen abfällt. Diese Karstbildung herrscht auch in der Halbinsel I. vor, welche im NO. am Golf von Quarnero eine hohe Bergkette bildet, dort im Monte-Maggiore 1396 m aufsteigt und an der Meeresseite steile Felsküsten hat. Die namhaftesten Flüßchen sind der Quieto an der Westküste und die Arsa an der Ostküste. Die Halbinsel hat nur einen Landsee bei Cepich; auf der Insel Cherso befindet sich der Vranasee. I. hat eine reiche Küstengliederung. Außer dem großen Golfe von Triest schneiden die Buchten von Muggia, Capodistria, Pirano, der Porto Quieto, der Canale di Leme, die Bucht von Pola im W., die Buchten von Medolino, Arsa, Rabaz, Fianona und Volosca, im O. tief und oft fjordartig ins Land hinein. Die Südspitze von I. bildet die Punta di Promontore, die Westspitze die Punta di Salvore. Während im W. nur kleine Inseln (die Brionischen) der Halbinsel vorgelagert sind, befinden sich im O. im Quarnero die großen Inseln Veglia, Cherso, Lussin und die kleinern Unie, Sansego u. s. w.

Klima, Land- und Forstwirtschaft. Das Klima ist italienisch warm (Pola hat 15° C. mittlere Jahrestemperatur), überaus trocken, namentlich im Sommer, wo es nur wenig, im Juli und August in der Regel gar nicht regnet (jährliche Regenmenge etwa 300 mm). Die Küsten sind den heftigsten Winden ausgesetzt, namentlich dem Sirocco aus Südsüdost und der gefürchteten Bora aus Nordost. I. hat 11,2 Proz. Äcker, 7,21 Wiesen, 3,26 Gärten, 9,5 Weingärten, 32,09 Hutweiden und 33,21 Waldungen. Das Land ist reich an Öl, Feigen, Südfrüchten, besonders aber an Wein, dessen beste Sorten in den Gegenden von Capodistria, Muggia, Isola, Parenzo und Dignano gebaut werden und von dem die roten Sorten Refosco und Terrano auch auswärts bekannt sind; ferner an Zucker- und Wassermelonen und an Salz. Die beiden Salinen in Capodistria und Pirano erzeugten 1891: 32376 t Seesalz im Werte von 2173898 Fl. Die Waldungen liefern jetzt nur noch wenig, aber vortreffliches Schiffsbauholz und zur Ausfuhr viel Galläpfel, Knoppern, Eichenrinde, Holzkohlen sowie die Rinde der Korkeiche (bei Gallesano und im Kaiserwalde bei Pola).

Gewerbe, Handel. Die wichtigsten Nahrungszweige der Bewohner sind Schiffsbau, Schiffahrt, Fischfang, Seesalzgewinnung, Wein- und Ölbau sowie Viehzucht. Fabriken sind nur wenige vorhanden, dagegen ein großes Kohlenbergwerk, welches (1891) mit 1169 Arbeitern 82682 t Braunkohle lieferte, sowie Alaungruben; ferner wird bei Pola Quarzsand für die Glasperlenfabrik in Murano gegraben. Man zählt an der Küste und auf den Inseln 80 Häfen und 30 Reeden. Pola, als der Centralkriegshafen der Monarchie, ist der wichtigste Seeplatz des Landes. Lussin-Piccolo, eine der Quarnerischen Inseln, ist bedeutend als Sitz der wichtigsten Reede der österr. Handelsmarine sowie der meisten Werften für größere Seeschiffe. In sämtlichen Häfen kamen (1890) 29219 Schiffe mit 2177727 t an und liefen 29526 Schiffe mit 2177280 t aus.

Verfassung und Verwaltung. Obschon I. in administrativer Beziehung zu dem Küstenlande gehört, so besitzt es dennoch, als eigenes Kronland, seinen besondern Landtag, der in Parenzo zusammentritt und (nach der Landesordnung vom 26. Febr. 1861) aus 33 Mitgliedern zusammengesetzt ist, aus den 3 Bischöfen von Triest-Capodistria, Parenzo-Pola und Veglia, 5 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 11 Abgeordneten der Städte und Märkte, 12 Abgeordneten der übrigen Gemeinden und 2 Abgeordneten der Handelskammer zu Rovigno. In das Abgeordnetenhaus des österr. Reichsrates entsendet I. 4 Abgeordnete.

Das Land zerfällt außer der Stadt mit eigenem Statut Rovigno in 6 Bezirkshauptmannschaften und eine Expositur der Bezirkshauptmannschaft Lussin auf der Insel Veglia.

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Bezirkshauptmannschaften qkm Häuser Wohnparteien Einwohner E. pro qkm

Stadt Rovigno 61,31 1232 2658 9662 158

Capodistria 824,57 13464 14132 74755 91

Lussin 939,61 10187 9937 39989 43

Mitterburg (Pisino) 859,42 7374 7374 41699 49

Parenzo 792,77 8606 9178 49087 62

Pola 717,82 7665 10729 58959 82

Bolosca 759,67 7580 8120 43459 57

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Die Gerichtsbezirke Mitterburg (Pisino), Castelnuovo und Teile der Bezirke Bolosca, Albona und Pinguente (d. i. das sog. österreichische I.) gehörten 1815-66 zum Deutschen Bunde.

Das Wappen der Markgrafschaft I. ist eine schreitende goldene Ziege mit roten Hörnern und roten Hufen in blauem Felde. (S. Tafel: Wappen der Österreichisch-Ungarischen Kronländer, Fig. 12 beim Artikel Osterreichisch-Ungarische Monarchie.) Landesfarben sind Gold-Rot-Blau.