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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kamerun

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Kamerun'

Erträgnisse liefern die Ölpalme und die Kautschukliane. Von den Eingebornen werden angebaut mit reichlich lohnender Ernte: Kokospalmen, besonders am untern Wuri; ferner überall Bananen, Yams, Bataten, Maniok, Erdnüsse, Sesam, Mais und in einzelnen Gegenden auch Zuckerrohr, Tabak und Colocasien. Zum Plantagenbau eignen sich der nordwestl. Teil von K., vorzüglich die Abhänge des Kamerungebirges wegen der tiefgründigen Humusschicht, der stets fließenden Gewässer und der über das ganze Jahr verteilten Regenmenge. Die Erprobung der anbaufähigsten Pflanzengattungen wird durch Versuche in dem 1888 gegründeten Botanischen Garten von Victoria unterstützt. Am besten gedeihen bis jetzt die Kakaoplantagen in Kriegsschiffhafen, Bimbia und Bibundi, auch von den Kaffeepflanzungen läßt sich vielleicht eine blühende Zukunft erwarten, weniger von dem Tabakbau (in Bibundi) und den Reisfeldern. Dagegen ist die Baumwollkultur, wenigstens in den Küstengegenden, ganz ausgeschlossen. – Das Land ist ziemlich arm an größern Tieren; Krokodile und Flußpferde giebt es zwar in Menge, Affen und Leoparden im Gebirge, auch begegnet man zahlreichen Elefantenherden im Lande der Batom und am obern Mbia; aber ergiebige Jagdbeute sucht man vergebens in den Ebenen nahe der Küste und in den Urwäldern, nur im Grasland des obern Sanaga findet man wildreiche Gegenden, wo sich Massen von Büffeln und Antilopen herumtreiben. Als Haustiere werden Hühner, Ziegen, Schweine und im Bakwiriland auch Rindvieh gehalten.

Bevölkerung. Die Dualla (etwa 20000) bilden den Hauptbestandteil der Küstenbevölkerung und gehören zum Stamme der Bantu. (S. Tafel: Afrikanische Völkertypen, Fig. 3.) Sie sind starkknochig und wohlgebaut, von rötlicher Färbung, mit sehr häßlichen Gesichtszügen. Zur gewöhnlichen Bekleidung nehmen sie ein Lendentuch, in besondern Fällen irgend ein Stück europ. Ursprungs; sie schmücken sich besonders gern mit Elfenbeinarmbändern. Zu ihren hervorragenden Eigenschaften zählen Aufgeblasenheit, Jähzorn, diebische Neigung und Faulheit. In der Masse sind sie Heiden, nur wenige haben sich zum Christentum bekehrt. Wie bei andern Negerstämmen existiert auch bei ihnen die gegenseitige geheimnisvolle Verständigung, sei es durch Trommelzeichen auf weithin schallenden Trommeln oder durch Klopfen auf die aufgeblasenen Backen. Sie halten viel auf geräumige Wohnungen; ihre mit Palmrinden zierlich gebauten und mit Palmblattziegeln gedeckten Hütten sind im allgemeinen 30 m lang und 2½ m breit und werden im Innern mit manchem europ. Komfort ausgestattet. Bequemer, pfiffiger Handelsbetrieb bildet die Lieblingsbeschäftigung; auch an körperlichen Übungen, wie Ringkämpfen, Wettfahrten u.s.w. finden sie große Freude, aber gar keine an der Feldarbeit. Übrigens verstehen sie sich auf Holzschnitzerei und Töpferei und auf den Bau prachtvoller, bis zu 25 m langer Boote. Zwei «Könige», Bell und Akwa, beherrschen das Volk. Ihrem frühern Bestreben, den Verkehr mit dem Hinterland abzusperren und den Handel zu monopolisieren, wurde in den letzten Jahren von den europ. Faktoreien mit Erfolg entgegengewirkt. Außerdem sind zu erwähnen: die kriegerischen, Viehzucht treibenden Bakwiri (etwa 25000) am östl. und südöstl. Teil des Kamerungebirges; die Bomboko (etwa 20000) auf den Westabhängen; das ↔ Handelsvolk der Bakunda zwischen dem Gebirge, dem Meme und Elefantensee; die friedfertigen Stämme der Batom und Mabum im Waldland des obern Mungo und der Banjang nördlich des Mbia; die kriegs- und raublustigen Bali in der Steppengegend südwestlich von Adamaua; die aufrührerischen Abo und Wuri an den Zuflüssen des Kamerunstroms gleichen Namens; die Lungahe am Dibamba; die Malimba am untern Sanaga: die wilden Bakoko (Mwelle) am untern Sanaga und Njong. Fern im Innern, zwischen Sanaga und Mbam und südlich davon findet gegenwärtig ein Kampf verschiedener Rassen statt. Von Norden her, von Tikar und Tibati, drängen die mohammed. Fulbe auf die Wute; diese stürzen sich mit überwältigender Wucht auf die Bakoto und treiben sie nach Süden und Südwesten gegen die Wohnsitze der Jaúnde und benachbarten Stämme zwischen Sanaga und Njong, welche von Süden her durch die Mpangwe (Fan) bedroht werden.

Hauptwohnplätze. Europäer waren 1893 215 (darunter 145 Deutsche) ansässig. Sitz des Gouvernements ist auf der Joßplatte, am linken Ufer der Mündung des Wuri in den Kamerunfluß, unmittelbar südlich von Bell Town; zugleich Hafenplatz mit neuerrichteter Quaimauer. Regierungsstationen sind Victoria, Mundame am Mungo, Barombi am Elefantensee, Batom, Idia am Sanaga, Jaúnde zwischen Sanaga und Njong, Lolodorf (Mlole) zwischen Jaúnde und der Küste, Campo an der Südgrenze. Die wichtigsten Faktoreien: am Fuße des Kamerungebirges Bimbia, Kriegsschiffhafen (mit Plantage), Victoria (mit Plantage), Dibundscha (mit Plantage), Bibundi (mit Plantage); zwischen Rio del Rey und Mungo: Ndian, Mboa; am Mungo: Mundame; längs der Mündung des Wuri in den Handelsplätzen der Dualla; im südl. Teil: Kleinbatanga und Idia am Sanaga, Plantation, Kribi (mit Plantage), Großbatanga und Campo an der Küste. Missionen: in den Dualladörfern am Kamerunfluß, in Lobethal und Marienberg, in Victoria, Idia, Kribi und Großbatanga.

Verwaltung. K. steht unter einem kaiserl. Gouverneur, dem die Bezirksämter von Victoria und Kribi unterstellt sind und dem ein Beirat von drei Mitgliedern dortiger Handelshäuser zur Seite steht. Zu Mitwirkung bei der Rechtssprechung werden angesehene Häuptlinge in die Gerichtssitzungen zu K., Victoria und Kribi herangezogen. Zur Aufrechthaltung der Ordnung und zur Ausführung kleinerer Expeditionen dient eine Polizeitruppe in der Stärke von ungefähr 100 Mann. Volksschulen für die Eingeborenen unter zwei deutschen Lehrern existieren in Bell- und Didodorf am Kamerunfluß. Die Einnahmen aus Zöllen und Gebühren betrugen 1892/93: 512000 M.; da sie fortwährend steigen, konnte das Budget für 1894/95 auf 610000 M. angesetzt werden.

Der Handel befaßt sich hauptsächlich mit Palmöl (1892 für 2360000 M.) und Kautschuk (für 1025000 M.), ferner mit Elfenbein und Kakao. Eingeführt werden: Baumwollwaren (1892 für 926000 M.), Spirituosen (für 550000 M.), Eisenwaren u.s.w. Der gesamte Warenumsatz betrug 1892: 8730000 M., der Schiffsverkehr (ausschließlich der Kriegsschiffe) 64 Schiffe mit 127000 t. Zwei Dampferlinien (C. Woermann und die British and African Steam Navigation Company von Liverpool) und seit Febr. 1893 ein Telegraphenkabel zwischen K. und Bonny (im engl. Olflüsse-Protektorat)

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 71.

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