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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kammerarrest - Kammerkantate

gezogenen Vorderlader, bei denen das Geschoß auf den Kammerrand aufgesetzt wurde. Bei Shrapnels (s. Geschoß, Bd. 7, S. 907 a) heißt K. der zur Aufnahme der Sprengladung, bei einer Mine der zur Aufnahme der Minenladung bestimmte Raum. – In Belagerungsbatterien wie auf Kriegsschiffen wird der Hohlraum zur gesicherten Unterbringung des Pulverbedarfs Pulverkammer genannt.

In der Jägersprache ist K. der bei einem eingerichteten Jagen mit Jagdtüchern umstellte Raum, aus dem das Wild auf den Lauf getrieben wird, und der erweiterte Raum am Ende einer Röhre im Dachs-, Fuchs- oder Kaninchenbau.

Über K. am Sattel s. Englischer Sattel; über K. im Wasserbau s. Schleuse; über K. beim Hochofen s. Eisenerzeugung (Bd. 5, S. 925).

Kammerarrest, bei der Marine soviel wie Stubenarrest (s. d.).

Kammerboten, s. Camerae nuntii.

Kammerbüchse, s. Kammer.

Kammerduett, s. Duett.

Kämmerei, die Finanzverwaltung der Stadtgemeinde (s. Gemeindehaushalt). Die K. ist in der Gemeinde, was der Fiskus im Staate ist. Das Mitglied des Magistrats, dem die oberste Leitung des Finanzwesens der Stadt obliegt, gleichsam der städtische Finanzminister, heißt in vielen Gegenden, insbesondere in den östl. Provinzen Preußens, Kämmerer, in kleinern preuß. Städten Stadtkassierer. Von dem Kämmereivermögen, d. h. dem freien, werbenden Kapital der Stadt, ist zu unterscheiden das Verwaltungsvermögen, d. h. das Inventar der städtischen Verwaltungen, z. B. Schulen, Armenanstalten, Feuerlöscheinrichtungen, das Rathaus selbst u. dgl.

Kämmerer oder Kammerherr, Titel derjenigen Edelleute, welche der Landesherr durch Übersendung eines goldenen Schlüssels (s. auch Schlüsseldame) als symbolischen Zeichens des Zutrittes zu den fürstl. Kammern (Prunkgemächern) auszeichnet. In Österreich und Bayern ist der Kämmerer-, in den meisten deutschen Staaten der Kammerherrentitel üblich. In Preußen wird in den Ernennungspatenten der Kämmerertitel verliehen, thatsächlich aber der Kammerherrentitel ausschließlich angewendet. Die K. stehen unter der Leitung des Oberstkämmerers (in Preußen das erste der Obersthofämter). Sie verrichten den Dienst teils unmittelbar um fürstl. Personen, teils werden sie im Ceremonialdienste unter Leitung des Oberceremonienmeisters verwendet. Bei dienstlichen Verrichtungen tragen sie eine aus goldgesticktem Gewande, Kniehosen, seidenen Strümpfen und Escarpins, Federhut und Degen bestehende Hofuniform. Das Würdezeichen, der goldene Schlüssel, wird auf der Kehrseite in der Höhe der Taillennaht getragen. – An denjenigen Höfen, an denen wie am königlich preußischen die Ernennung zum K. (womit der Rang des Obersten verknüpft ist) an ein bestimmtes Lebensalter (hier 36 Jahre) gebunden ist, werden jüngere Kavaliere gelegentlich zu Kammerjunkern (Rang der Hauptleute) ernannt. Den Schlüssel besitzen diese nicht. (S. auch Kammer und Kämmerei.)

Kämmererīt, Mineral, s. Chlorit.

Kammer für Handelssachen, s. Handelssachen, Kammer für.

Kammergebirge, s. Dachstein.

Kammergericht, früher das Appellationsgericht für den Stadtbezirk Berlin und den Regierungsbezirk Potsdam zu Berlin; seit 1. Okt. 1879 (durch königl. Erlaß vom 1. Sept. 1879) ist K. die Bezeichnung des Oberlandesgerichts (s. d.) für die Provinz Brandenburg zu Berlin. Auf Grund des §. 9 des Einführungsgesetzes zum Deutschen Gerichtsverfassungsgesetz ist demselben durch §. 50 des preuß. Ausführungsgesetzes vom 24. April 1878 ausschließlich die Verhandlung und Entscheidung a. über die nicht zur Zuständigkeit des Reichsgerichts gehörenden Revisionen gegen Urteile der Strafkammern in erster Instanz, b. über die Revisionen gegen Urteile der Strafkammern in der Berufungsinstanz und über alle Beschwerden gegen Entscheidungen der Strafkammern, sofern eine nach Landesrecht strafbare Handlung den Gegenstand der Untersuchung bildet, übertragen. Nach §. 51 des Ausführungsgesetzes ist das K. ferner ausschließlich zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über das durch §. 40 desselben Gesetzes eingeführte Rechtsmittel der weitern Beschwerde in denjenigen Angelegenheiten, welche durch das gedachte Gesetz den Amtsgerichten (s. d.) zugewiesen sind. Durch diese Bestimmungen wird für Preußen in den nicht zur Zuständigkeit des Reichsgerichts gehörigen landesrechtlichen Strafsachen, sowie in Vormundschafts- und Grundbuchsachen eine einheitliche höchstrichterliche Rechtsprechung ermöglicht. Bei dem K. ist ferner der große Disciplinarsenat gebildet, welcher an Stelle des vormaligen Obertribunals in zweiter und letzter Instanz über die Dienstvergehen der Richter und die unfreiwillige Versetzung derselben auf eine andere Stelle oder in den Ruhestand entscheidet. Er wird aus dem Präsidenten, den im Behinderungsfall der älteste Senatspräsident vertritt, den fünf ältesten Senatspräsidenten und neun Mitgliedern gebildet. Vor dem bei dem K. gebildeten Geheimen Justizrat (s. d.) haben die Mitglieder der preuß. Königsfamilie und des fürstl. Hauses Hohenzollern ihren persönlichen Gerichtsstand. Obgleich das K. an Gerichtseingesessenen (3657698) hinter den Oberlandesgerichten Breslau und Köln zurücksteht, ist es wegen seiner vorgedachten besondern, auf die ganze preuß. Monarchie ausgedehnten Zuständigkeit am stärksten besetzt, nämlich mit 1 Präsidenten, 11 Senatspräsidenten und 59 Räten; außerdem fungieren beim K. 1 Oberstaatsanwalt und 3 Staatsanwälte. Ihr Rang und Gehalt ist der gleiche wie bei den übrigen preuß. Oberlandesgerichten. – Vgl. Holtze, Geschichte des K. in Brandenburg-Preußen (Tl. 1 u. 2, Berl. 1890‒91).

Kammergeschütze, s. Kammer.

Kammergüter, s. Domänen und Kammer.

Kammerherr, s. Kämmerer.

Kammerjäger, Jäger im persönlichen Dienste eines Fürsten, Leibjäger; jetzt besonders Bezeichnung für denjenigen, der das Fangen und Vertreiben von Ratten, Mäusen, Wanzen und anderm Ungeziefer als Geschäft betreibt.

Kammerjunker, s. Kämmerer.

Kammerkanal, 1840‒43 erbaut, 5,5, mit den Seen 24,1 km lang, verbindet, in 59 m Meereshöhe von der Südspitze des Zierker Sees ausgehend, Neustrelitz mit den obern Havelseen, zunächst mit dem auf 58 m Meereshöhe liegenden Woblitzsee. Es können nur 120 Tons-Schiffe mit 0,90 m Tiefgang auf dem K. verkehren. 1891 passierten die Voßwinkeler Schleuse 359 Schiffe mit 4829 t berg- und 2992 t thalwärts, außerdem 1035 t Floßholz.

Kammerkantate, s. Kantate.

^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.]